Stella Blomkvist
gesehen
hätten, wenn ich bei ihnen auftauche und kassieren will. Aber letzten Endes
krieg ich die Kohle doch. Oft mit Gewalt wie Clint Eastwood. Aber ich brauch
nicht mal eine Magnum dazu. Die Gesetze sind meine Waffe.
Die Goldjungs haben kein Interesse
daran, Saemi sofort zu verhören. Vielleicht am Donnerstag, hatte der Vizepolizeipräsident
gemeint.
»Was ist mit diesem Benzinjungen?«,
frage ich.
»Was meinst du?«
»Damit hat Saemi doch eventuell ein
Alibi.«
Der Vize schaut Raggi forschend an.
»Er hat was davon gesagt, dass er im
Westen an irgendeinem Bauernhof getankt hat«, sagt Raggi. »So gegen Abend.
Hört sich alles ziemlich unglaubwürdig an.«
»Ich kann das natürlich selber
checken, wenn ihr keine Zeit dazu habt.«
Das Gesicht vom Vize verdüstert sich
noch mehr. »Du lässt die Finger von dem Fall!«,
sagt er scharf. »Wir brauchen keine Freizeit-Detektive, meine Gute!«
Meine Gute?!
Ich überlege gerade, ob ich mich
über diesen Chauvinisten-Schnüffler hermachen soll, als Raggi mich am Arm
packt und auf den Gang zieht.
»Du wirst dich später noch mal dafür
bedanken«, meint er bloß.
Natürlich geht mich das nichts an,
was die machen. Ich habe genug zu tun, um Kohle auf mein eigenes Konto zu
scheffeln. Treibe alle möglichen Schulden ein; Wechsel, Pfandbriefe, Schecks
und Kreditkartenrechnungen.
Man soll nicht meinen, ich betreibe
Geldwäsche. Bei mir geht alles mit rechten Dingen zu. Nur Kauf und Verkauf.
Manche kaufen Häuser, Autos, Diamanten. Allen möglichen Scheiß. Ich kaufe
Schulden.
Alles in allem klappt das Eintreiben
gut. Man darf eben einfach nicht nachgeben. Weder der großen Klappe noch dem
Gejammer.
Unglaublich, was manche trotzdem
versuchen. Als ob ich sie dazu genötigt hätte, ihren Namen zu schreiben! Ich
überhöre schon lange ihr Genöle. Für mich ist das nur wie Mäusefiepsen am
Vogelfelsen.
Das Leben der Schuldner geht mich
nichts an. Diese Angeberschweine sind des Öfteren ganz schön erstaunt. Glauben,
dass sie mit mir umgehen können wie mit jeder anderen Ehefrau. Aber sie lernen
schnell.
Die, die sofort bezahlen, kommen am
besten weg. Wenn sie unverschämt werden, ist Schluss mit lustig. Ich muss nicht warten. Sie besitzen
immer irgendwelche Immobilien. Checke das immer, bevor ich kaufe. Irgendwas,
das Geld bringt. Manche sind sogar Kultursnobs. Besitzen Malereien oder alte
Schwarten. Pinseleien von irgendwelchen toten Heinis decken oft einen Wechsel
oder sogar zwei.
Bei mir geht’s aber auch immer
schnell zur Sache: Krönchen auf den Tisch oder ich ziehe vor Gericht! Pfändung.
Zwangsvollstreckung. Wenn sie sich dann immer noch anstellen, wird
zwangsversteigert. So ist das Leben.
Mein Büro ist im Erdgeschoss. Ein
unpersönliches Arbeitszimmer direkt unter dem Schlafzimmer. Ein großer Schreibtisch,
ein paar Stühle, Aktenschrank an der Wand, Telefon auf dem Tisch, Computer und
Drucker. Keine Fotos von Papa oder Mama. Nichts, was an etwas anderes als an
die Arbeit erinnert. So will ich das haben.
Im Flur, neben der Eingangstür, ist
ein Schild mit meinem Namen: Stella Blómkvist, Rechtsanwältin, zugelassen für
das Oberste Gericht. Und ein anderes Schild, was genauso aussieht, hängt
draußen am Haus.
Zuerst war ich nur mit Straftätern
beschäftigt. Mit der Verteidigung von allen möglichen Kleinganoven. Besoffene
Typen, die banale Beträge stahlen, sobald sie aus dem Knast raus waren. Gedopte
Freaks, die lange Finger machten, um sich den nächsten Schuss zu finanzieren.
Hab wahrscheinlich gedacht, ich würde gegen die Klauen des Unrechts kämpfen.
Wenn nicht sogar die Welt retten.
Dann kam ich darauf, dass die Welt
sich gar nicht retten lassen will. Da habe ich angefangen, an mich selber
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