Stella Blomkvist
zu
denken.
Niemand wird an Kleinkriminellen
reich. Deshalb begann ich, Schulden zu kaufen. Zuerst nur ein paar. Dann mehr.
Und noch mehr.
»Reich wird man nur, wenn man seine
Hände in anderer Leute Taschen hat.«
Sagt Mama.
9
Ich habe zuerst gedacht, dass er ein Schuldner
wäre. Der Typ, der mich am Mittwochabend angerufen hat. Er wollte seinen Namen
nicht nennen. An der Stimme habe ich gemerkt, dass er etwas älter war. Würdig.
Er wollte
mir einen Gefallen tun.
Was?!
Wenn gesetzte Herren einem einen
Gefallen tun wollen, sollte man gut auf sein Portemonnaie aufpassen. Oder so
irgendwie.
»Komm ins
Büro«, sagte ich.
»Das wäre nicht – ähem – nicht so
sinnvoll in der momentanen Lage.«
Ȇber Zahlungsvereinbarungen spreche
ich nur in meinem Büro.«
»Du verstehst mich falsch, meine
Liebe. Ich schulde dir nichts. Ich möchte dir nur bestimmte Informationen
zukommen lassen. Dir helfen.«
»Ich brauche keine Hilfe.«
»Da hab ich aber was anderes
gehört.«
»Wie bitte?«
»Mir wurde gesagt, dass es für
deinen Mandanten im Moment ziemlich schlecht aussieht.«
»Welcher Mandant?«
»Entschuldige, wenn ich mich nicht
deutlich genug ausgedrückt habe, aber ich meine natürlich deinen Mandanten in
dieser – ähem – unschönen Sache in der Staatskanzlei.«
»Was weißt du darüber?«
»Sollen wir uns nicht jetzt gleich
treffen und die Sache besprechen?«
Was denn sonst?!
Er gab mir genaue Erläuterungen, die
ich befolgte. Deswegen sitze ich nun alleine in der Dunkelheit im kalten Auto
in der nordwestlichen Ecke eines Parkhauses und verbringe meinen Abend damit,
den Mond, die Schiffe im Hafen und den verdunkelten Tacho anzuglotzen.
Dieser dämliche Idiot lässt mich
hier in der Kälte warten!
Ich habe mittlerweile das Gefühl,
das das ein blöder Witz ist. Irgendein dummer Streich eines wütenden Schuldners
oder eines enttäuschten Lovers.
Auf einmal öffnet sich die
Beifahrertür, er setzt sich und schlägt die Tür zu.
Er trägt einen dicken Mantel. Hat
eine Fellmütze auf und einen langen Schal um den Hals.
Ich versuche, das fleischige Gesicht
im fahlen Mondschein besser zu erkennen. Die
Augenbrauen sind schwarz und buschig. Die Nase groß und adlerähnlich.
Er kommt direkt zur Sache: »Die
Leute machen sich Sorgen.«
»Wer macht sich heutzutage keine?«,
stelle ich locker die Rückfrage.
»Also, hör zu. Die Polizei
konzentriert sich auf den Geliebten des Mädchens. Auf diesen Saemi, deinen Mandanten.
Die, die den Fall bearbeiten, halten das für einen einfachen Fall: Eifersucht,
die zu dem Totschlag führte. Aber nicht alle sind dieser Meinung.«
»Warum nicht?«
»Du wirst es nicht glauben, aber die
Geschichte ist viel verworrener. Die Wurzeln dieses – ähem – dieses Vorfalles
liegen viel tiefer. Wir haben Interesse daran, dass alles bis ins Detail
untersucht wird. Du kannst davon ausgehen, dass solche Nachforschungen deinem
Mandanten zugute kämen.«
»Wir? Wer ist wir?«
»In dieser Phase des Falles kann ich
dir darüber nichts sagen, meine Liebe. Vielleicht später. Ich bin eigentlich
auch nur eine Art – ähem – eine Art Gesandter.«
Er lacht leise.
»Wer bist du?«
Er verstummt bei der Frage und
fummelt an seinem Schal herum.
»Wie heißt du?«
Keine Antwort.
»Wer hat dich geschickt?«
Er öffnet die zwei obersten Knöpfe
seines Mantels, steckt eine behandschuhte Hand in
die Innentasche, zieht ein weißes Kuvert hervor und gibt es mir.
»Meine Aufgabe ist es nur, dir
diesen Brief zu überbringen«, sagt er. »Darin sind einige Hinweise, die deinem
Mandanten nutzen könnten. Ich wurde mit diesem Brief geschickt, um dich zu
überzeugen, dass das ernst gemeint ist. Das ist kein Scherz, meine Liebe. Es
wird darauf vertraut, dass du Bewegung in die Sache
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