Stella Cadente - Niemals darf es sein
Rot eingerichtet. Sowohl der Überwurf des Bettes, als auch die Vorhänge am Fenster und die Bezüge der kleinen Sofagarnitur waren von demselben Material wie auch der ausgelegte Boden. Die Wände, ebenfalls verkleidet, hatten die Farbe der untergehenden Sonne. An der Decke endete der Stoff und wurde dort von mehreren sanft gebogenen Säulen abgelöst. Die Zimmerdecke selbst leuchtete in einem Warmen gelb auf Lili herab und verlieh ihr ein Gefühl der Geborgenheit.
Vor dem Bett stand eine kleine Truhe aus dunklem Holz und mit feinen Verzierungen. Auch der Schrei btisch und der Stuhl, sowie die Kommode, waren aus dem edelsten Holz gearbeitet. Die zarten Schnitzereien an den Oberflächen machten die Stücke zu echten Kunstwerken. Lili spürte eine tiefe Ehrfurcht vor den Möbeln, was es ihr schwer machen würde, sie zu benutzen. Es steckte so viel Arbeit und Geschichte in diesen Stücken, doch sie war bloß ein armes Mädchen aus London, das ihren eigenen Bruder begehrte.
Dennoch ließ sie sich schließlich e rschöpft auf das Bett sinken. Sie konnte noch immer nicht fassen, worauf sie sich da eingelassen hatte. Die Nacht im selben Haus wie Matteo zu verbringen, nach dem sie sich trotz der Aussichtslosigkeit leidenschaftlich sehnte, würde die reinste Qual werden. Niemals zuvor in ihrem Leben hatte sie ein solches Begehren empfunden. Und die Tür zu Matteos Bett war nur wenige Meter von ihrem Schlafzimmer entfernt …
E ine weitere Nacht, in der Matteo nur sehr schwer Schlaf fand. Die Gedanken an Lili, nur wenige Schritte von ihm entfernt, ließen ihn nicht los. Er wusste, dass sie sich zu ihm hingezogen fühlte. Das konnte sie so sehr leugnen, wie sie wollte, er spürte es einfach.
Es war nur die halbe Wahrheit, als er sagte, er würde sie durchschauen. Tatsächlich blieb sie ihm ein Rä tsel. Er glaubte ihr nicht ihre Erklärung, dass sie lediglich nach sich selbst, und nicht nach einer Affäre suche. Das eine schloss das andere nicht aus, fand Matteo.
Konnte man nicht gerade in einer Affäre herau sfinden, wer man eigentlich war? Auf der anderen Seite war nicht jeder aus dem gleichen Holz wie er geschnitzt. Für ihn waren seine Affären bislang beinahe so unbemerkt vorbeizog wie Häuser an einem fahrenden Zug. Wie konnte er das von einer feinfühligen und sensiblen Frau wie Lili erwarten? Sein eigenes Unverständnis über ihre Ablehnung trotz der offensichtlichen Anziehung gab ihm kein Recht dazu.
Das alles änderte jedoch nichts daran, dass er nicht ve rstand, was in ihr vorging. Vielleicht suchte sie in Wahrheit eine ernste Beziehung und fürchtete, er könne daran nicht interessiert sein. Aber hätte sie damit recht?
Matteo wusste es nicht.
Seine letzte feste Beziehung haftete noch fühlbar in seinem Gedächtnis, und es waren keine guten Erinnerungen.
Doch war eine Frau wie Lili es nicht wert, es d arauf ankommen zu lassen? Sofern das überhaupt das Problem war.
Vielleicht gab es einen ganz anderen Grund, we shalb Lili die offensichtliche Anziehung zwischen ihnen ablehnte. Matteo wurde den Eindruck nicht los, dass es etwas mit seinem Vater zu tun hatte. Er hatte das Gefühl, dass der Name seines Vaters eine Rolle in Lilis Leben spielte, schon bevor sie sich begegnet waren. In welchem Zusammenhang, konnte er sich jedoch einfach nicht erklären.
Matteo bereute seine Entscheidung nicht, Lili in sein Haus geholt zu haben. Es würde die Situation nicht ausnutzen, um sie verführen, auch wenn die Vers uchung groß war.
Aber er hatte sie einfach nicht in dieses schreckl iche Hotel zurückkehren lassen wollen und können. Seine Meinung darüber hatte er klar und deutlich dargelegt. Auch jetzt noch war er der Ansicht, dass dem Hotelbesitzer die Lizenz entzogen werden sollte.
Matteo glaubte zu wissen, warum Lili sich nicht selbst gleich am ersten Tag eine andere Bleibe g esucht hatte. Er hatte lange genug in London gelebt, um die einzelnen Stadtteile zu kennen. Tower Hamlet war ein Bezirk in London, in dem vorwiegend Arbeiterfamilien wohnten. Außerdem erwähnte sie, dass sie ihr Studium unterbrochen hatte. Matteo vermutete, dass es ihre finanzielle Lage nicht einfach machte, diese Reise zu bezahlen. Auch das warf erneut die Frage auf, weshalb sie überhaupt nach Florenz gekommen war. Was gab es hier, was es in London nicht gab, um sich selbst zu finden?
Was es auch sein möchte, Matteos drängender Wunsch, Lili zu helfen, hatte gesiegt. Zudem wollte er sie in se iner Nähe wissen, denn er fürchtete, sie
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