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Stelzvogel und Salzleiche

Stelzvogel und Salzleiche

Titel: Stelzvogel und Salzleiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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eine Weile ihre engstirnigen Vorurteile an, erkundigte mich nach den Namen von Mitgliedern dieser Gemeinschaft und erfuhr, dass Sonja die WG eigentlich nur –
    vom Hörensagen ihres Bruders kannte. Mit anderen Worten, womöglich hatte sie nie existiert. Um sich interessant zu machen, tischten Brüder ihren Schwestern oftmals Lügen auf, und umgekehrt natürlich auch, völlig normal.
    War Peter Rugens Tod höchst ungewöhnlich, ja gar als makaber zu bezeichnen, so schien mir sein Leben unauffällig, was ich bisher erfahren hatte, fast belanglos. So weit die Ausbeute meiner Telefonrecherche, bis jetzt. Weiteres würde sich in den folgenden Tagen zeigen.
    Doch zunächst musste ich noch einen Besuch abstatten.
    11.
    Ich setzte mich in meinen Wagen, fuhr über die Achse in Richtung Süden und nahm dann die B 8 bis Froschenteich. Bei dem Restaurant gleichen Namens bog ich in einen schmalen Weg ein, der die Schienen der Straßenbahn zwischen Duisburg und Düsseldorf kreuzte, sich durch Gemüsefelder schlängelte und schließlich an einem hohen Maschendrahtzaun endete.
    Dahinter erstreckte sich ein riesiger Park mit alten Bäumen und das Schloss Heitorf.
    In der Sommerzeit besuchten Familienväter den Park, um ihren Sprösslingen, die wahrscheinlich viel lieber etwas anderes tun würden, die blühenden Rhododendrenbüsche zu zeigen.
    Als ich das letzte Mal hier vorbeigefahren war, war das kleine Wärterhäuschen, das sich neben dem Eingangstor befand und den Charme eines Grenzpostens ausstrahlte, mit zwei Männern besetzt gewesen und draußen hatte eine große Besuchergruppe gewartet.
    Jetzt waren das Wärterhäuschen sowie das Eingangstor geschlossen und weit und breit keine Leute zu sehen. Etwas abseits parkte ein militärgrüner Geländewagen, der einem Forstarbeiter oder aber auch Spaziergängern gehören mochte.
    Das Haus, in dem Irene Gorgas wohnte, stand nicht weit vom Parkeingang entfernt. Wahrscheinlich handelte es sich um ein ehemaliges Forsthaus. Halb verdeckt von Bäumen und Büschen erinnerte es an ein Knusperhäuschen aus dem Märchen. Kletterpflanzen krallten sich in den verwitterten Backstein und waren drauf und dran, das etwas windschiefe Gebäude zu erobern. Etwas unpassend wirkten der angebaute Bretterverschlag, wahrscheinlich eine Garage, und das Gehege aus Maschendraht mit einer Schar Enten, mehreren Hühnern und einem Baum in der Mitte.
    Ich hatte zwischen dem Buschwerk, das den Weg säumte, an einer Stelle angehalten, von der ich die Haustür beobachten konnte; jetzt wählte ich die Nummer, die unter dem Namen von Irene Gorgas im Telefonverzeichnis eingetragen war. Als der Hörer abgenommen wurde, hängte ich ein. Es war also jemand da.
    Die restlichen Meter zum Haus legte ich zu Fuß zurück, dann drückte ich auf das Klingelschild Gorgas. Einmal. Ein zweites Mal. Niemand öffnete. Ich malte ein paar Kringel auf eine dieser orangefarbenen Benachrichtigungskarten der Paketpost und schob sie unter der Haustür durch. Wer will schon wegen einer Büchersendung oder was auch immer zur nächsten Paketausgabe fahren?
    Es klappte. Ich hörte Schritte im Flur, eine Frau riss die Tür auf. Es war Irene Gorgas. Sie öffnete den Mund, um dem vermeintlichen Paketboten nachzurufen, dass sie doch zu Hause sei. Als sie ihren Irrtum erkannte, wollte sie die Tür zuschlagen, doch da hatte ich schon den Fuß dazwischen.
    »Was fällt Ihnen denn ein!«
    »Ich wollte mal ein paar Takte mit Ihnen reden.«
    Das war nötig. Denn Kelian hatte mich angerufen, weil er von der Stelztante wieder belästigt worden war. Es sah so aus, dass ich wohl eine Gangart zulegen musste.
    Ich rückte ganz dicht an sie heran. »Es scheint, dass Sie sich einen Dreck daraus machen, Anordnungen zu befolgen.«
    »Sie sind kein Polizist.«
    »Ich war mal einer und habe immer noch gute Verbindung zur Polizei. Darf ich reinkommen? Nein? Dann sage ich es Ihnen eben hier: Verschwinden Sie aus dem Leben von Gregor Kelian, verschwinden Sie aus seinem gesamten Umfeld und, das vor allem, lassen Sie seine Frau in Ruhe, sonst passiert was!«
    »Ja, was denn? Was denn?«, schrie sie. »Wollen Sie mich etwa verprügeln?« Ihre Stimme klang herausfordernd. Sie hatte sich gefasst.
    Ich schüttelte den Kopf. »Wissen Sie, was geschieht, wenn man in bestimmten Kreisen durchsickern lässt, dass in einem allein stehenden Haus am Rande eines großen dunklen Parks eine Menge Bargeld versteckt ist? Nun, ich will es Ihnen verraten: Eines Tages kommen Sie nach Hause und

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