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Sten 6 - Morituri-Die Todgeweihten

Sten 6 - Morituri-Die Todgeweihten

Titel: Sten 6 - Morituri-Die Todgeweihten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bunch Cole
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angekündigter Rede hatte durchsickern lassen. Es hieß, daß bei diesem Ereignis grundlegende und unerwartete
    Entwicklungen verkündet werden sollten.
    Überwältigt von dem betäubendsten aller Gerüche, vergaßen die Nachrichtenteams sämtliche
    Loyalitäten: es roch nach politischem Meuchelmord.
    Kenna stellte sich in Positur. Der von den Stimmungsmachern entfachte Jubel war
    ohrenbetäubend. Solon Kenna verneigte sich in aller Bescheidenheit, hob andeutungsweise eine Hand und bat breit grinsend um Aufmerksamkeit: "Hört schon auf... Danke...
    Die Freundlichkeit, die ihr mir entgegenbringt, habe ich eigentlich
    nicht verdient. Danke schön."
    Genau in dem Moment, in dem das Publikum wirklich dachte, es sollte sich ruhig verhalten, drückten die Claqueure noch einmal auf die Tube.
    Der Jubel und der Beifall schwollen sogar noch an.
    Raschid spielte dieses Spielchen fast eine halbe Stunde lang, dann beruhigte sich die Menge auf eine Handbewegung von ihm allmählich.
    Kenna lachte und dankte allen für einen so spontanen und wohltuenden Empfang. Dann
    verwandelte sich sein Gesicht in eine ernste Maske der Weisheit. Er sprach seine lange Karriere im Dienste der Öffentlichkeit an, brachte noch einmal alle langen und schweren Kämpfe in Erinnerung, die er zum Wohle seiner Zuhörer durchgefochten hatte.
    Dann gab Kenna zu, daß er im Lauf seiner Kampagne von Zweifeln gepackt worden sei. Er erläuterte, daß er sich bereits in fortgeschrittenem Alter befände und sich nicht mehr sicher sei, ob er wirklich der Richtige sei, das Banner des Tyrenne zu übernehmen.
    Die Menge verstummte. Der eine oder andere begriff, worauf Kenna hinauswollte. Einige Rufe
    "Nein... nein!" wurden laut. Raschids Magie bestand darin, daß sie tatsächlich spontan klangen, nicht wie die Arbeit der Stimmungsmacher. Schließlich kam Solon Kenna zum Ende. Er legte eine kleine dramaturgische Pause ein. Dann fuhr er fort:
    "Ich habe den Ansichten meiner Gegenspieler höchst aufmerksam gelauscht. Und ich bin zu dem Schluß gekommen, daß es nur eine Stimme gibt, die voller Wahrhaftigkeit für uns alle spricht. Deshalb verkünde ich hiermit... daß ich freiwillig aus dem Rennen ausscheide... und -"
    Die Menge wollte gerade in einen wütenden Tumult ausbrechen, doch Kenna brachte sie mit seiner augusteischen Präsenz wieder zur Ruhe.
    "Und ich gebe diesem glaubwürdigsten aller Wesen auf Dusable meine vollste Unterstützung..."
    Bei diesem Stichwort erschien zum Erstaunen des ganzen Planeten der Strohmann auf der Bühne.
    Solon Walsh eilte auf seinen Kollegen zu, Tränen liefen ihm über die Wangen. Raschid hatte Avri zu dem Reizmittel im Taschentuch geraten.
    "Ich stelle euch hiermit... euren neuen Tyrenne vor... eine Persönlichkeit für ein neues Zeitalter ...
    Solon Walsh!"
    Die Leute drehten fast durch. Schlägereien brachen aus. Livie-Teams rannten einander beim Versuch, bessere Aufnahmen zu bekommen oder zu ihren Presseemporen zu sprinten, über den Haufen.
    Doch inmitten dieses Tumults präsentierte sich auf der Bühne das Bild der Bilder. Sobald die Nachrichtenleute das registriert hatten, machten sie sich wieder an die Arbeit, filmten dieses herrliche Bild, schlugen der Konkurrenz auf die Köpfe oder stellten sich auf ihre Nachbarn, nur um es noch besser einzufangen.
    Es gab ein großartiges Wahlkampfplakat voller Spontanität ab. Solon Kenna und Solon Walsh, vor Freude weinend, die Arme in liebevoller Einigkeit umeinandergeschlungen.
    Raschid fand, daß die Vorstellung recht gut über die Bühne gegangen war. Er hatte solche Dinge zwar schon besser arrangiert, aber alles in allem mußte er zugeben ... Plötzlich rutschten ihm seine Gedanken unbeabsichtigt weg. Wann hatte er solche Dinge schon besser arrangiert? Womit? Doch dann holte ihn das aufbrausende Geschrei der Menge zurück, und er verbannte diese Gedanken einstweilen.
    Jetzt kam der schwierigere Teil. Es galt nach wie vor, dem Favoriten die Wahl zu stehlen.
    Als der große Tag der Wahl heraufzog, tobte Tyrenne Yelad vor Wut. Seine Augen waren blutunterlaufene, tiefe Höhlen; die ganze Nacht hatte er den Judas Solon Walsh verflucht. Zu guter Letzt hatten ihn seine Helfer so weit beruhigt, daß er einen Gegenangriff befehlen konnte.
    Yelad ließ sich auf seinen Schreibtischsessel fallen und brütete über den illegalen Möglichkeiten, die ihm noch blieben. Schon bald kehrte sein Selbstvertrauen zurück. Er war fest davon überzeugt, daß sein politisches Arsenal selbst den

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