Sten 7 - Vortex - Zone der Verraeter
Ernährungsgewohnheiten wurden in herausgehobenen Rubriken als Rezepttips abgedruckt, und es gab eigene Kolumnen, die seine Lebensführung als sicheren Weg zu einem gesunden und langen Leben auswalzten.
Der Lärm der PR-Kampagne hinsichtlich Iskra war so laut, daß man schon ein totaler Idiot und obendrein ein einsiedlerischer Idiot sein mußte, damit einem nicht auffiel, daß im Altai-Cluster für den Imperator sehr viel auf dem Spiel stand.
Mit dem Bombenattentat auf die Imperiale Kaserne von Rurik wurde schließlich mehr zerstört als das Gebäude sowie Leben und Gesundheit der vielen Opfer. Jetzt liefen seine eigenen Pläne Gefahr, sich im gleichen Rauch aufzulösen.
Er hatte zwar noch seinen großen Wachhund Mahoney in der Hinterhand, doch den konnte er jetzt noch nicht von der Leine lassen. Zunächst galt es, sehr viel politischen Boden zu bereiten.
Der Imperator brauchte dringend eine Sofortlösung.
Er reagierte unverzüglich. Die Lösung bestand in einer völligen Nachrichtensperre.
Ranett war eine Reporterin der alten Schule, eine von der Sorte, die alles, worüber sie berichtete, selbst erlebt haben mußte. Sie war zugleich eine legendäre Frontberichterstatterin, die den Krieg gegen die Tahn stets aus der ersten Reihe verfolgt hatte. Während der Regierungsjahre des mörderischen Privatkabinetts hatte sie tunlichst den Kopf eingezogen, dabei jedoch nicht darauf verzichtet, ihre Beobachtungen niederzuschreiben. Nach der Rückkehr des Imperators hatte sie diese Beobachtungen in eine aufregende Livie-Dokumentarserie umgewandelt, in der die unglaublichen Machenschaften des Privatkabinetts aufgedeckt wurden.
Die letzte Folge flimmerte gerade zu der Zeit über die Bildschirme, als Iskra die Macht in Altai-Cluster übertragen wurde. Die Sendung wurde von Milliarden Zuschauern verfolgt. Es wäre zynisch zu behaupten, daß allein darin der Grund zu suchen war, daß der Imperator darauf bestand, ihr in einer kleinen Zusatzsendung vor der letzten Ausstrahlung persönlich zu danken.
Ranett nahm dieses Lob von allerhöchster Stelle auf die für sie typische Art und Weise entgegen. Sobald die Vidkameras ausgestellt waren, wandte sie sich an den Imperator und fragte:
»Euer Majestät, was hat es eigentlich mit diesem Clown Iskra auf sich?«
Sofort verflüchtigte sich das Lächeln auf den Zügen des Imperators. Er tat so, als habe er ihre Frage nicht gehört und müsse sich jetzt wichtigeren Staatsangelegenheiten widmen.
Bevor Ranett die Frage wiederholen konnte, hatten die Leibwächter des Imperators ihren Boß. zur Tür des Studios hinausgeschoben.
Also beschloß Ranett, die Antwort auf ihre Frage selbst herauszufinden. Ihr Redakteur war nicht sehr angetan von dieser Idee.
»Mir kommen die Berichte über den Altai-Cluster und die Lobhudeleien über diesen Iskra schon zu den Ohren raus.
Warum noch mehr von diesem Kram, Ranett? Außerdem lassen sich mit guten Nachrichten keine guten Einschaltquoten erzielen.«
»Ich glaube nicht, daß es sich hierbei um gute Nachrichten handelt«, erwiderte Ranett. »Sonst hätte ich nicht darum gebeten.«
»Das ist doch ein Haufen Mist, Ranett. Alles, was sich in diesem Cluster ereignet, ist eine gute Nachricht. Die sind schon so lange tief unten, daß ihnen alles wie die Erleuchtung vorkommen muß. Nein, was wir für dich brauchen, ist ein netter kleiner Krieg, über den du berichten kannst. Mit jeder Menge Blut.«
»Ich glaube, wenn du mich in den Altai-Cluster schickst, finde ich dort mehr Blut, als dir lieb ist«, sagte Ranett.
»Wie kommst du darauf -
abgesehen von deinem
Reporterinstinkt?«
Ranett sah ihren Redakteur nur mit beredtem Schweigen an.
Dann zuckte sie die Achseln, was soviel hieß wie: Ich habe nichts außer meinem Instinkt, doch der ist mehr wert als Gold auf der Bank. Der Redakteur starrte zurück. Sein Schweigen war in dieser Routineschlacht des Willens nicht weniger beredt: Bist du sicher, bist du dir absolut sicher? Ranett zuckte erneut die Achseln.
Der Redakteur seufzte. »Du hast gewonnen. Zieh schon los.«
Ranett machte sich ohne viel Aufhebens auf die Reise. Sie nahm eine überzählige Kabine auf einem Frachter. Die einzigen, die von ihrer Reise wußten, waren ihr Redakteur, der Angestellte, der die Vorschüsse bearbeitete, und der Frachterkapitän, ein verläßlicher Trunkenbold.
Ranett gehörte zu den Personen, die sich instinktiv zur richtigen Zeit am richtigen Ort aufhielten. »Ich habe in dieser Hinsicht einfach Glück«, beruhigte
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