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Sterbelaeuten

Sterbelaeuten

Titel: Sterbelaeuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Endemann
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wissen wir nicht. Nachweisen kann man es ihm wahrscheinlich nicht“, sagte Paul. „Ja, und dann hat er die Reinigungsfirma aufgebaut, die eigentlich nur dazu diente, Bürogebäude auszuspionieren. Er hat mit einer Verbrechergruppe zusammengearbeitet, die dann in die Büros eingebrochen ist. Das Diebesgut hat Schurig in einem Bus nach Polen transportiert, mit dem er seine Mitarbeiterinnen kostenlos zwischen Krakau und Frankfurt hin und her beförderte.“
    „Aber ehrlich“, sagte Elisabeth, „das ist doch Kleinkram. Davon kann man doch nicht das große Geld machen.“
    „Das sah Schurig auch so. Der Besuch bei Torat in Amorbach hatte ihn auf eine weitere Geschäftsidee gebracht.“ Paul stand auf und hinkte aus dem Wohnzimmer.
    Die anderen sahen ihm nach. Sie hörten ihn in der Küche reden.
    „Paul, was machst du?“ Elisabeth stand auf und ging ihm hinterher. Paul stand an der Arbeitsfläche und fischte Reste der Gans aus dem Bräter. In einer Hand hielt er einen Knödel.
    „Ja, sag doch was!“ Elisabeth holte einen Teller und Besteck aus dem Schrank. Paul schaufelte sich Gans und Erbsen darauf. Sein Vater und er hatten Würstchen und Kartoffelsalat gegessen. So eine Gans hatte ihnen keiner gebraten, seit seine Mutter gestorben war. Elisabeth nahm ihm den Teller ab und brachte ihn ins Wohnzimmer. Paul nahm wieder auf seinen Stühlen Platz und fing an zu essen.
    „Die Geschäftsidee, Paul!“, erinnerte Thomas. „Spann uns nicht so auf die Folter!“
    „Alte Leute“, kam es undeutlich aus Pauls Mund. „Das ganze weite Feld des Betrügens und Übervorteilens alter Leute tat sich vor Schurigs Augen auf, als er Torat in seiner Kirchengemeinde beobachtete. Aber weil er die Kleinkriminalität satt hatte, verfeinerte er seine Idee. Er hat sich gedacht, dass man nur einen Datensatz mit Namen, Telefonnummern und Geburtsdaten von alten Leuten braucht, um den Enkeltrick zu perfektionieren. Und er hat sich ganz richtig gedacht, dass man diese Daten in einer Kirchengemeinde findet.“
    Also hatte er recht gehabt. Henry fühlte sich mies. Ausgerechnet seine Gemeinde, in der die Menschen sich sicher fühlten und ihm vertrauten, war zum Gefahrenherd geworden.
    „Deshalb hat er Ilona zu NetKIM ausgefragt.“ Wenigstens hatte er richtig mit seinem Argwohn gegen den angeblichen Clausen, IT-Spezialist und Schutzheiligen des Gemeindebriefs, gelegen.
    „Das ist wirklich richtig mies.“ Auch Thomas sah ganz elend aus. Er hatte sich gründlich in diesem Mann getäuscht.
    „Von Ilona wusste er, dass jede Kirchengemeinde nur auf die Daten ihrer eigenen Mitglieder zugreifen kann. Das hat er dann auch gemacht, als er damals bei euch eingebrochen ist“, sagte Paul.
    „Also doch!“ Elisabeth schluckte bei der Vorstellung, dass Schurig in ihrem Haus gewesen war.
    „Ja, Henry, ich muss Abbitte leisten“, sagte Paul. „Hab mich damals geirrt.“
    Henry nickte großzügig.
    „Aber er dachte ja in größeren Dimensionen, dieser Schurig“, fuhr Paul fort. „Deshalb ist er im Dekanat eingebrochen und hat die Festplatten gestohlen.“
    „Das war aber ein Schuss in den Ofen, weil die überhaupt keine Daten von Gemeindegliedern haben“, sagte Henry.
    „Genau“, bestätigte Paul. „Und deshalb musste Schurig noch mal einbrechen, und zwar im Rentamt.“
    Damit hatte Schurig schon jede Menge Aufmerksamkeit auf sich gezogen. „Kirchenverwaltung Opfer ominöser Einbrecher“ hatte die Evangelische Sonntagszeitung getitelt und auch die Regionalzeitung hatte über den „Festplattendieb“ berichtet. Dass niemand darauf gekommen war, warum es jemand auf die Daten aus NetKIM abgesehen hatte, war eigentlich erstaunlich, dachte Henry.
    „Nicht auszudenken, welchen Schaden diese Enkel-Mafia anrichten könnte, wenn sie Namen, Alter, Wohnort, Familienbeziehungen der Opfer haben. Sie könnten sich mit den Namen der Angehörigen melden.“ Thomas war fassungslos.
    „Sie könnten viel gezielter agieren“, stimmte Paul zu. „Aber sie bräuchten mittelfristig Daten aus anderen Regionen oder Dekanaten. Es ist zu gefährlich, mehrere Betrügereien in der gleichen Gegend zu machen. Deshalb bleiben sie immer mobil. Wenn sie irgendwo erfolgreich waren, ziehen sie weiter, um nicht gefasst zu werden.“
    „Sag mal, dann geht der Einbruchsversuch bei Struck vielleicht auch auf sein Konto“, überlegte Henry. „Die Patientenkartei wäre doch auch ein gefundenes Fressen für die Enkeltrick-Betrüger.“ Pauls Gans-Essen hatte ihn wohl zu

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