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Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman

Titel: Sterben auf Italienisch - Ein Aurelio-Zen-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Dibdin
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sich zu erholen, doch er hatte den Reiseführer und einen Camcorder dabei, so dass er diese curiosité in die zweistündige Videovorführung mit begleitendem Kommentar aufnehmen konnte, mit der die Roussets ihre Freunde während der Wintermonate verwöhnten. Deshalb ging er auf die beiden einzigen Gebäudereste von einiger Größe zu und nahm dabei Panoramaansichten des Ganzen auf. Zwanzig Minuten hier oben sollten reichen, dachte er. Dann wären sie um halb zwölf wieder unterwegs und kurz nach Mittag in Cosenza. Gerade rechtzeitig, um einen Parkplatz zu finden, in einem netten Café einen Aperitif zu trinken und dann in das Restaurant zu gehen, das der Michelin wegen seiner für die Region typischen Küche empfahl.
    Irgendwo im Verborgenen hatte Fifi laut angefangen zu kläffen. Wenn seine Frau mitgekommen wäre, wäre sie hysterisch geworden, doch Claude betrachtete den Pudel als Hund und nicht als Ersatzenkelkind. Hunde verhielten sich eben wie Hunde, und Fifi hatte vermutlich einen Hasen oder ein anderes kleines Tier aufgeschreckt, das praktisch ungestört in dieser Wildnis lebte. Sollte sie doch ihren Spaß haben. Die Sonne stand jetzt erheblich höher und war noch heißer geworden. Er ging zu der Kirche hinüber und streckte den Kopf durch die unverschlossene Tür. »Karg, aber von harmonischen Proportionen«, meinte der Reiseführer, was sehr wohlwollend formuliert war. Claude filmte fünfundvierzig Sekunden, die er später auf die Hälfte zusammenschneiden würde, dann machte er einen langsamen Schwenk über die ehemalige Piazza. Leider bellte sich Fifi immer noch die Seele aus dem Leib und ruinierte damit das eindrucksvolle »trostlose Schweigen«, das er auf der Tonspur hatte rüberbringen wollen. Plötzlich stand das kleine Biest vor ihm, jaulte herum und lief immer wieder auf die Mitte des Platzes zu, wie um ihn zu animieren, ihm zu folgen.
    Claude ignorierte die Hündin. Der letzte Punkt auf seiner Checkliste war das Stück Mauer gegenüber. Laut Reiseführer war es einmal Teil eines befestigten Palastes gewesen, der den Calopezzatis gehört hatte, einer illustren ortsansässigen Familie, und während des Krieges abgebrannt war. Die Überreste sahen eigentlich nach nichts aus, doch da der Michelin sie erwähnte, mussten sie im Film festgehalten werden. Er machte sich an die Arbeit, schwenkte langsam die Kamera, bis er das verzierte Portal im Mittelpunkt hatte, das eindrucksvollste Überbleibsel des ursprünglichen Gebäudes. Erst als Claude mit der Kamera tiefer ging und die Treppenstufen heranzoomte, bemerkte er das deformierte Gebilde, das dort lag; gleichzeitig wurde ihm bewusst, dass die dunklen Flecken auf den Marmorplatten keine Schatten des verkümmerten Feigenbaums waren, der im offenen Eingang stand.

15
    Aurelio Zens Anreise zum Tatort war in mancher Hinsicht weniger beschwerlich gewesen, in anderer jedoch trotzdem unangenehmer als die von Claude Rousset. Er wurde mit dem Hubschrauber in weniger als zehn Minuten vom Zentrum Cosenzas zum zentralen Platz in Altomonte geflogen. Allerdings hatte man ihn aus einem grässlichen Mittagessen herausgerufen, und als er am Tatort ankam, fühlte er sich sowohl seelisch als auch körperlich ziemlich elend.
    Claude Rousset hatte, wenige Minuten nachdem er die Leiche entdeckt hatte, die Notrufnummer gewählt. Leider hatte ein kleines Kommunikationsproblem das Ganze dann über eine Stunde verzögert. Monsieur und Madame Rousset hatten eine klare Arbeitsteilung bezüglich der bruchstückhaften Kenntnisse von Fremdsprachen, die notwendig waren, um das Beste aus ihren touristischen Expeditionen zu machen. Er war für Deutsch und Englisch zuständig, sie für Italienisch und Spanisch, und in der Notrufzentrale der Polizei war niemand, der Französisch sprach.
    Da Madame Roussets Telefon ausgeschaltet war, kam die Sache erst ins Rollen, nachdem ihr Mann den noch schwierigeren und ermüdenderen Abstieg zum Wohnmobil bewältigt hatte. Zwanzig Minuten später hatte ein Streifenwagen die Stelle erreicht, wo die Roussets geparkt hatten. Es vergingen weitere zwanzig Minuten, bis die Polizeibeamten auf das Plateau hinaufgestiegen waren, die Lage eingeschätzt und über Funk Bescheid gegeben hatten. Eine erste Inaugenscheinnahme legte den Schluss nahe, dass man es mit einem brutalen, vorsätzlichen und sehr ungewöhnlichen Mord zu tun hatte. Der neue Polizeichef hatte deutlich zu verstehen gegeben, dass man ihn sofort rufen sollte, wenn etwas Außergewöhnliches

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