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Sterbensangst (German Edition)

Sterbensangst (German Edition)

Titel: Sterbensangst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mark
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ausgewichen.«
    »Wie hat sie reagiert?«
    »Wie zu erwarten war. Sie hat sich auf die Zunge gebissen und geschwiegen, denn sie muss ihre Karten richtig ausspielen. Es könnte alles noch gut für sie ausgehen. Sie ist die leitende Ermittlungsbeamtin bei der erfolgreichen Jagd nach einem Killer. Wenn sie jetzt Stunk macht, stehen ihre Chancen schlecht.«
    McAvoy merkt, dass er die geballten Fäuste in die Knie gräbt. Zwingt sich, damit aufzuhören.
    »Russ Chandler ist nicht der Täter«, stößt er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Ich denke über ihn nach, seit ich hier sitze. Über nichts anderes. Er war es nicht.«
    Spink wendet sich ihm zu. Starrt ihm gut zwanzig Sekunden lang in die Augen, als wollte er auf den Grund seiner Seele blicken. Die Intensität seines Blicks versengt McAvoy. Dann wendet er sich ab, als wäre er zu einer Entscheidung gelangt.
    »So etwas kommt vor.«
    McAvoy verzieht das Gesicht. »Was?«
    »Manchmal erwischt es den Falschen, mein Junge. Das wissen Sie so gut wie ich. Sie bringen sich noch um, wenn Sie so weitermachen.«
    »Es ist nichts verkehrt daran, sich zu engagieren«, spuckt er zornig aus.
    »Nein, mein Junge. Überhaupt nicht. Aber es hat seinen Preis. Sie sehen doch selbst, wie viele Cops einen halbwegs anständigen Job machen und dann ohne noch einen Gedanken daran zu verschwenden nach Hause gehen. Sie müssen miterlebt haben, wie sie fragwürdige Geständnisse erzwingen und für anfechtbare Verurteilungen sorgen. Sie müssen sich gefragt haben, warum Sie nicht genauso sein können.«
    »Ich denke einfach, dass es wichtig ist«, beginnt McAvoy und verstummt, weil die Worte einen Kloß in seiner Kehle bilden.
    »Das ist es, Aector. Es ist nötig, dass Verbrecher eingesperrt werden, denn dann fühlt sich die Öffentlichkeit sicher und beschützt in dem Wissen, dass wir Jungs in Blau unserer Aufgabe gewachsen sind. Darum ist es wichtig. Und für die Presse ist es wichtig, weil die Zeitungen sich dann besser verkaufen. Und den hohen Tieren ist es wichtig, weil ihre Verbrechensstatistiken dann so richtig prima aussehen. Und den Politikern ist es wichtig, weil ihre Wähler nicht in einer Gesellschaft leben wollen, wo ein junges Mädchen während der Abendmesse in Stücke gehackt wird. Und ganz unten in der Kette ist es auch dem einzelnen Cop wichtig, weil er nicht von seinem Vorgesetzten eine aufs Dach kriegen will und die meisten von ihnen Polizisten wurden, weil sie die Welt ein bisschen besser machen wollten. Aber dann gibt es auch Leute wie Sie, mein Sohn. Leute, die auf irgendeiner kosmischen Ebene etwas bewirken wollen. Leute, die nach Gerechtigkeit dürsten, als wäre sie ein grundlegender Baustein des Universums. So etwas wie ein natürlich vorkommendes Mineral, das man schürfen und verteilen kann.«
    Spink macht eine Pause. Winkt müde ab.
    »So ist das aber nicht, McAvoy. Es wäre schön, ja. Herrgott, wäre das schön, wenn die ganze Welt Ihre Art der Empörung fühlen würde. Wenn die Leute nicht essen oder schlafen oder überhaupt funktionieren könnten, bis die Waagschalen der Gerechtigkeit ausgeglichen sind und das Böse durch irgendeinen Akt des Guten, der Anständigkeit, ausgetrieben oder vernichtet wurde, wie immer Sie es ausdrücken wollen. Aber so sind die Menschen nicht. Sie lesen etwas über irgendeine Schreckenstat und sagen, das ist ja furchtbar, die Welt geht vor die Hunde, und dann schütteln sie den Kopf, schalten den Fernseher ein und gucken irgendeine belanglose Vorabendserie. Oder sie gehen in den Garten und spielen Fußball mit den Kindern. Oder sie trinken ein paar Bier im Pub. Ich weiß, das macht Sie krank, mein Sohn. Ich weiß, dass Sie sich innerlich leer und ausgehöhlt fühlen, weil die Leute so abgestumpft und herzlos sein können, während sie doch Empathie mit den Opfern empfinden müssten. Aber wenn Sie Ihr Leben lang darauf warten, dass die Welt sich ändert, werden Sie als verbitterter Mann sterben.«
    Spink verstummt. Verdreht die Augen. Schüttelt leise den Kopf. Wendet sich ab.
    McAvoy verharrt in Schweigen. Er zupft an dem Härchen unter seiner Unterlippe. Zupft so lang daran, bis es ausreißt. Zorn brodelt in ihm hoch. Entrüstung darüber, dass er so leicht durchschaubar ist und von einem Mann analysiert und beurteilt wird, den er kaum kennt und der die Frechheit besitzt, ihn ›mein Sohn‹ zu nennen.
    McAvoy öffnet den Mund und schließt ihn wieder. Er fährt sich mit der Hand übers Gesicht.
    »Colin Ray hat

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