Sterbenswort: Thriller (German Edition)
getäuscht.«
»Ja«, mischte sich Heinrich ein. »Schließlich waren wir alle sehr aufgeregt.«
»Und dazu die Drogen«, ergänzte Amelie.
»Glaubt mir, er war tot. Und selbst wenn nicht: Den Aufprall auf den Zug hätte er nicht überlebt.«
»Und wenn er ihn doch überlebt hat?«
»Verdammt, Amelie, sie haben seine Leiche gefunden. Seine Eltern haben ihn identifiziert.«
»Glaubst du wirklich, dass ein Körper, der von einem fahrenden Zug mitgerissen wird, noch identifizierbar ist?«
»Vielleicht ist jemand anders in dieser Nacht ebenfalls von der Brücke gefallen. Oder ein Selbstmörder ist hinuntergesprungen.«
»Vielleicht! Wenn! Hätte! Wäre! Könnte! Merkt ihr denn nicht, welchen Unsinn ihr euch da einredet?«
Kathrin hörte sich lauter sprechen, als sie wollte. Dann sah sie, dass Amelie mit ihrem Fingerring spielte. Sie ertappte sich dabei, in ihrer Hosentasche das Gleiche zu tun. Mit einem Gefühl von Schuld zog sie die leere Hand heraus.
Erneut sah sie auf den Lebenslauf von Nina.
»Social Media«, meinte sie dann und wandte sich fragend an Heinrich. »Ist deine Frau in sozialen Netzwerken aktiv? Facebook? Stayfriends? Xing? Studi VZ ?«
Heinrich überlegte, schließlich nickte er.
»Sie ist ja auf Kontakte angewiesen, in ihrer Branche.« Unnötigerweise hörten sich seine Worte wie eine Rechtfertigung an.
»Da haben wir es«, sagte Kathrin. »Gib mal ihren Namen in eine Suchmaschine ein. Ich möchte darauf wetten, dass du innerhalb von zehn Minuten fast die gesamte Vita zusammen hast.«
Bei den letzten Worten wedelte sie triumphierend mit dem Blatt Papier.
»Na und?«, meinte Heinrich und verzog das Gesicht. »Dann kann Erik eben mit einer Suchmaschine umgehen.«
»Wir haben es also mit einer real existierenden Person zu tun, die einen Computer bedienen kann«, erklärte Kathrin. »Mit keinem Gespenst und mit keinem Zombie, der von den Toten wiedergekehrt ist. Können wir uns schon mal darauf einigen?«
Amelie nickte zögerlich.
»Was immer noch nicht heißt, dass es sich nicht um Erik handelt«, beharrte Heinrich.
»Dann müsste Erik tatsächlich noch am Leben sein.«
Amelie nahm ihren Ring ab, stellte ihn hochkant auf die Tischplatte und gab ihm mit Daumen und Zeigefinger einen Schubs. Der Ring drehte sich etliche Male um sich selbst, bis er zu eiern begann und sich mit einem stetig schwächer werdenden Wimmern niederlegte.
»Wir könnten Eriks Eltern nach dem Ring fragen«, meinte sie.
»Was meinst du?«
»Ob er mit verbrannt wurde. Oder ob sie ihn haben. Erhalten nicht die Angehörigen den Schmuck des Verstorbenen? Erik trug ihn an … seinem letzten Abend.«
»Auf der DVD konnte man ihn auch sehen, als ich mich mit ihm gestritten hatte.«
»Stimmt. Aber haben wir tatsächlich diesen letzten Abend gesehen?«
»Glaube schon. Er hatte uns ohne Einwilligung gefilmt – mal wieder.«
»Aber ihr habt öfters gestritten.«
Amelie mischte sich ein: »Es könnte wirklich besagter Abend gewesen sein. Schließlich bin ich selbst nicht auf dem Video zu sehen. Ich war doch Wodka holen. Und das LSD ist auch deutlich zu erkennen.«
Kathrin nickte.
»Also müssten Eriks Eltern den Ring nach seinem Tod erhalten haben.«
Kathrin wollte die Spekulationen ein für alle Mal beenden.
»Wisst ihr was? Ich rufe dort an.«
Ehe die Freunde widersprechen konnten, hatte sie ihr Mobiltelefon aus der Handtasche gezogen.
»Ich habe die Nummer bereits zu Hause herausgesucht. Bisher hat mir allerdings der Mut gefehlt …«
Und bevor sie dieser Mut wieder verlassen konnte, tippte sie hastig die Wahltaste.
»Stein«, sagte eine helle Stimme.
Kathrin schluckte.
»Hallo? Wer ist da?«
»Kathrin Voss.«
Keine Reaktion.
»Erinnern Sie sich an mich, Frau Stein?«
»Aber ja. Sie waren eine Freundin von Erik. Wie geht es Ihnen?«
Überrascht stellte sie fest, dass sich Eriks Mutter erfreut anhörte.
»Ähm, danke, gut. Und selbst?«
»Na ja, man wird nicht jünger. Langsam fangen bei Norbert und mir nun doch die Alterszipperlein an.«
Kathrin sah sich nicht in der Lage, um den heißen Brei herumzureden, und rückte sogleich mit ihrem Anliegen heraus.
»Könnte ich mal bei Ihnen vorbeischauen? Ich würde gerne mit Ihnen reden.«
Schweigen.
»Frau Stein? Sind Sie noch da?«
»Ja. Moment mal.«
Sie schien die Muschel mit der Hand abzudecken, denn Kathrin vernahm gedämpft ihre Stimme und die eines Mannes. Was gesprochen wurde, verstand sie nicht.
Carolin Stein meldete sich erneut.
»Das
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