Sterbliche Hüllen: Thriller (German Edition)
sie außer Gefahr und konnte sich bewegen, vielleicht sogar das Wasser verlassen. Ganz vorsichtig bewegte sie sich vom Brückenpfeiler weg und suchte mit den Augen das Ufer ab. Kein Licht, alles war ruhig.
Irgendetwas, vielleicht die Angst, sagte ihr, sie solle ihren ursprünglichen Plan lieber nicht aufgeben. Also schwamm sie zu ihrem Pfeiler zurück, gerade noch rechtzeitig, bevor Lichter zwischen den Bäumen aufblitzten. Ihre Jäger waren noch da.
Jetzt dachte sie an das Schachspiel mit Jonas, zwang sich, die nächsten Züge und Gegenzüge zu planen. Als die Sonne endlich aufging und durch die Bäume schien, hatte sie einen Angriff auf den schwarzen König geplant und eine unterirdische Abenteuerausstellung für das Museum entworfen. Um wirklich gute Arbeit für das Museum zu leisten, schien sie eine Nacht im Schwanenteich zu brauchen – natürlich mit Mördern am Ufer, die nach ihr suchten.
Als der Straßenlärm einsetzte und sie die ersten Gärtner sah, schwamm sie ans Ufer und kletterte an Land. Sie erschreckte einen Gärtner, einen jungen Spanier, der auf dem Weg zum Geräteschuppen war. Sie musste wie eine Sumpfkreatur aussehen.
»Lady, was machen Sie da im See? Haben Sie sich verletzt?«
»Wie heißen Sie?« Diane konnte nur heiser flüstern.
»Hector Torres, Madam.«
»Hector Torres, es freut mich, Sie kennen zu lernen. Ich habe Sie eingestellt. Ich bin Dr. Diane Fallon, die Leiterin dieses Museums. Ich weiß, es klingt verrückt, aber können Sie mir hier raushelfen?«
»Hector? Was ist los?« Luiz Polaski, der Obergärtner, kam mit einem Golf-Caddy den Weg herunter.
»Diese Dame behauptet, sie sei die Leiterin des Museums. Sie kam aus dem Teich.«
»Dr. Fallon, was ist passiert? Mein Gott, setzen Sie sich.«
Diane ließ sich bereitwillig zum Golf-Caddy führen.
»Man hat mich überfallen.« Mehr Einzelheiten wollte sie nicht erzählen. Sie musste erst eine Nacht darüber schlafen.
»Schon wieder?«
»Ja, schon wieder. Würden Sie mich bitte ins Museum bringen?«
»Selbstverständlich.«
»Dr. Fallon, vielen Dank für den Job«, rief Hector Torres ihnen nach, als sie losfuhren.
»Wie macht er sich?«
»Da er Sie gefunden hat, macht er sich gut. Er sagt, seine Mutter sei Gefängniswärterin?«
»Ja. Sie sagte mir, dass ihr Sohn einen Job suche.«
»Ich weiß, es sind einige spannende Geschichten im Umlauf«, sagte er, als sie am Hintereingang des Museums ankamen. »Soll ich Sie reinbringen?«
»Gern, wenn es Ihnen nichts ausmacht. Ich war die ganze Nacht im Wasser.«
»Die ganze Nacht?«
»Ich weiß, das hört sich sehr unwahrscheinlich an. Bei nächster Gelegenheit werde ich Ihnen alles erzählen.«
Sie gingen gemeinsam den Flur entlang am Restaurant vorbei zur Säugetierausstellung und nahmen die Abkürzung durch den Pleistozänsaal in die Vorhalle. Dort trafen sie auf Andie, Korey und Mike Seger, die gerade durch die großen Doppeltüren hereinkamen.
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D r. Fallon. Oh mein Gott, was ist passiert?« Andie eilte herbei und umfasste ihre Taille genau in dem Moment, in dem ihre Knie den Dienst versagten.
Diane konnte sich vorstellen, wie sie aussah, ganz zu schweigen davon, wie sie riechen musste. Sie fühlte sich wie eine dreckige, nasse Katze, sie stand barfuß auf dem Marmorfußboden, und überall an ihr tropfte Wasser herunter. Die anfängliche Erleichterung, ihrem nassen Versteck entkommen zu sein, ließ nach. Unfähig, sich länger auf den Beinen zu halten, ließ sie sich in Andies Arme sinken. Mehrere Mitarbeiter versammelten sich um sie und halfen Andie, sie zu halten. Manche tuschelten und stellten Fragen. Diane fühlte sich erdrückt – und bekam Angst.
Donald bahnte sich einen Weg durch die Menge der Mitarbeiter, seine Gesichtszüge waren angespannt, und sein Gesicht war bleich. »Diane? Was ist passiert?«
»Sie müssen sofort ins Krankenhaus«, sagte Korey. »Ich bringe Sie hin.«
»Nein, Sie müssen sich um unseren Gast aus New York kümmern. Andie, Sie übernehmen in meiner Abwesenheit die Verantwortung – und ich brauche ein anderes Handy.«
»Ich bringe Sie ins Krankenhaus«, sagte Mike.
»Ich kann selbst fahren.«
»Nein. Das können Sie nicht«, erklang es einstimmig aus aller Munde.
»Sie haben Recht. Mein Auto steht noch auf dem Krankenhausparkplatz«, sagte sie.
Mike hob sie hoch. »Mein Auto steht vor der Tür.«
Diane konnte sich nicht erinnern, jemals von einem Mann getragen worden zu sein. Nicht einmal als Kind hatte ihr Vater sie
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