Sterbliche Hüllen: Thriller (German Edition)
Beobachtern in die Nase.
»Ich muss eingeschlafen sein. Es war, ähm, ein langer Tag.« Sie schaute die kleine Gruppe verwirrt an.
Einige Sekunden lang sagte niemand ein Wort. Dann verlagerte sich die allgemeine Aufmerksamkeit von Signy auf Mark, der inmitten dieser unangenehmen Überraschung seltsam ruhig dastand. Diane brach das Schweigen. »Sind Sie in Ordnung? Waren Sie die ganze Nacht hier?«
»Signy?« Mark hatte seine Stimme wieder gefunden. Er ging zu ihr und fasste sie am Arm. »Schatz, geht es dir schlecht?«
»Ich bin nur ein bisschen müde. Was meint sie mit ›die ganze Nacht‹?« Sie rieb sich die Augen.
»Wir haben bereits Mittwoch«, sagte Diane. »Die Party war gestern Abend.«
Signy schien zu erschrecken. »Oh nein.«
»Es muss ihre Erkältungsmedizin sein«, murmelte Mark der schweigenden Gruppe zu, die ihn umringte. »Die Sitzung dauert nicht sehr lange, dann bringe ich dich heim. Wir können dein Auto später holen.«
»Sollen wir Sie in die Erste-Hilfe-Station bringen?«, fragte Diane. »Dort können Sie sich etwas hinlegen.«
»Nein … Mir geht’s gut, wirklich.«
In diesem Moment kam der Chefkonservator vorbei. Diane hielt ihn auf. »Korey, würden Sie bitte Mrs. Grayson ins Mitarbeiterzimmer begleiten?«
»Selbstverständlich, Dr. Fallon. Ich habe meine Vorschläge für die Konservierungskurse dabei.« Er schwenkte den Ordner, den er in der Hand hielt. »Ich gebe sie Andie.«
»Prima. Ich bin schon gespannt darauf.«
»Kommen Sie mit, Mrs. Grayson. Ich muss sowieso in diese Richtung gehen.«
Einige Vorstandsmitglieder kommentierten flüsternd das Bild, das sich ihnen bot, als Signy in ihrem hellroten Kleid neben dem weit größeren Korey, der Kakihosen und ein Museums-T-Shirt trug und dessen Rastalocken ihm bis über die Schultern reichten, den Gang hinunterging. Als die beiden in Richtung Aufzug um die Ecke bogen, hörte Diane Korey sagen: »Hübsches Kleid, Mrs. Grayson.«
Diane fragte sich, warum Mark sich nicht angeboten hatte, seine Frau zu begleiten – und wieso er nicht wusste, dass sie gestern Abend nicht heimgekommen war. Laura stellte sich anscheinend die gleiche Frage. Sie schaute Diane an und hob die Augenbrauen, sodass diese ihre Gedanken erriet: Mark spielte immer noch dieselben Spielchen wie zu der Zeit, als sie mit ihm verheiratet war.
Signy hatte anscheinend auf der Ledercouch am Ende des Raumes geschlafen, die Teil einer Sitzecke war, zu der noch zwei Ledersessel gehörten. Auf dem daneben stehenden kleinen Beistelltisch bemerkte Diane ein umgefallenes Weinglas. Das Sofa war bequem. Signy müsste eigentlich gut darauf geschlafen haben.
Die Vorstandsmitglieder versammelten sich um den großen Mahagonitisch. Diane setzte sich an sein Kopfende und beobachtete, wie jeder sich seinen Platz suchte. Mark Grayson wählte denjenigen unmittelbar zu ihrer Rechten. Seine Augen wanderten von seiner Uhr zur Tür. Einige Vorstandsmitglieder schauten ihn ganz kurz von der Seite an. Sie stellten sich wahrscheinlich die gleiche Frage wie Diane: Wieso wusste er nicht, dass seine Frau letzte Nacht nicht heimgekommen war?
Mark rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl hin und her, während sich Craig Amberson links neben Diane setzte. Sie wusste, dass Mark Craig von der Notwendigkeit des Museumsverkaufs überzeugt hatte. Beide rückten ihre Stühle direkt an den Tisch heran, als wollten sie eine geeignete Schlachtaufstellung einnehmen, um den Feind in ihrer Mitte besser bekämpfen zu können.
Diane ließ ihre Unterlagen sinken und schaute in die Runde. Sie hatte sich dagegen entschieden, die Sache mit der doppelten Bestellung anzusprechen, bevor sie alle Mitarbeiter dazu befragt hatte.
Die Tür zum Konferenzzimmer öffnete sich, und Gordon Atwell stürzte herein. »Verzeihung, dass ich zu spät komme. Ich habe die Nachricht von der geänderten Anfangszeit gerade erst erhalten.« Er setzte sich an den Tisch.
»Sie streiten ab, diese E-Mail geschickt zu haben?«, fragte Craig Amberson Diane.
»Craig, ich habe diese E-Mail wirklich nicht abgeschickt.«
»Aber ich habe sie erhalten«, sagte Donald. Er presste seine Kiefer aufeinander und sah sie wie eine Bulldogge an.
»Das bezweifle ich ja gar nicht. Zeigen Sie mir die E-Mail nach der Sitzung. Ich schaue auf meinem Computer nach, ob sie von dort abgeschickt wurde.«
»Nun gut«, sagte Mark. »Ich möchte den Vorschlag machen, das Museum zu verlegen und das Anwesen hier zu verkaufen. Das Museum könnte dadurch einen
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