Sterbliche Hüllen: Thriller (German Edition)
nicht einmal mitbekommen, was sie da aufgeweckt hat. Als aber der Eindringling die Treppe hoch in ihr Schlafzimmer kam, wurde George aktiv.«
Sie holte die Bilder, die der Computer auf Grundlage ihrer Schnürenrekonstruktion der Blutspritzer am Tatort erstellt hatte, und legte sie vor Frank.
»Wo sich die Schnüre kreuzen, befindet sich der Ausgangspunkt der Blutspritzer.«
»Faszinierend«, sagte Frank.
»Nur angewandte Mathematik«, entgegnete Diane. »Das Computerprogramm hat diese dreidimensionale Darstellung gezeichnet. Ich habe meine Messungen der einzelnen Blutspritzer eingegeben, und das Programm hat wie die Messschnüre den Ausgangspunkt der Blutspritzer errechnet. Die Bilder sind noch nicht so ganz ausgefeilt, weil ich in großer Eile war, aber die Berechnungen stimmen. Ich habe den Kopf der Opfer …« Sie musterte Frank ganz kurz von der Seite. Sie scheute sich, deren Namen zu benutzen, da es das Ganze zu persönlich machte, aber sie hasste es auch, sie die Opfer zu nennen.
»Ist schon in Ordnung«, sagte er, griff nach ihrem Arm und drückte ihn.
»Die verschiedenen Positionen ihrer Köpfe sind natürlich der Ursprung der einzelnen Blutspritzer.«
Jetzt war sie sogar froh, dass die Personen auf den Abbildungen eher puppenhaft wirkten. Das half, einen gewissen Abstand zu diesen grausigen Geschehnissen zu wahren.
»Mir fehlt noch die Blutanalyse. Mit deren Hilfe kann ich feststellen, welches Blut zu Louise und welches zu George gehört. Außerdem war die Überlagerung der einzelnen Spritzer ziemlich schwierig zu entwirren. Es könnte also durchaus sein, dass neue Informationen zu einer leichten Änderung dieses Bilds führen werden. Trotzdem glaube ich, dass das Folgende dem wirklichen Ablauf weitgehend entspricht:
George wurde von dem gedämpften Pistolenschuss auf Jay aufgeweckt. Als jemand die Treppe heraufkam, wachte er vollends auf, setzte wahrscheinlich einen Fuß auf den Boden, nahm den neben dem Bett stehenden Baseballschläger und griff damit den Eindringling an. Zur gleichen Zeit feuerte dieser den ersten Schuss ab, der George in die Brust traf. George traf gleichzeitig den Eindringling und schlug ihm möglicherweise die Pistole aus der Hand. Der Eindringling nahm dem schwer verwundeten George den Schläger ab und schlug ihm damit auf die linke Seite des Kopfes. Dies war der erste Schlag.«
Diane zeigte auf die sich überkreuzende Ansammlung von Schnüren, die der Seite des Bettes am nächsten war, auf der George gefunden wurde. Dann zeigte sie auf die Abbildung einer Gestalt, die im Bett halb aufgerichtet war.
»Siehst du diesen Spritzer hier auf der Kommode? Der Eindringling schwang den Schläger ein zweites Mal und traf damit Louise, bevor diese das Bett verlassen konnte.«
Diane deutete auf das hinterste Schnürenkreuz auf ihrem Foto vom Tatort und das dazu passende Computerbild. Dieses zeigte, dass die Gestalt, die Louise darstellte, sich bewegt hatte. Sie wollte offensichtlich aus dem Bett flüchten.
»Louise fiel dann wahrscheinlich bewusstlos zurück aufs Bett, und der Täter schwang den Schläger ein drittes Mal. Hier ist die Spur des vom Schläger abspritzenden Bluts an der Wand und quer über die Decke zu sehen. Dieses Mal traf er wieder George und brach ihm dabei Stirn und Nase. Ein weiterer Schlag zerschmetterte seinen Backenknochen. Du siehst ja, dass diese beiden Ausgangspunkte ganz nahe beieinander und näher am Kopfkissen liegen.
Als Letztes schoss der Eindringling Louise in den Teil des Kopfes, den er zuvor bereits mit dem Schläger getroffen hatte. Wahrscheinlich hatte sie gestöhnt oder versucht sich aufzurichten. Danach verließ er den Tatort.«
»Warrick glaubt, dass es zwei Angreifer gegeben haben müsse – Star und ihr Freund –, weil es zwei verschiedene Angriffsarten gegeben habe«, sagte Frank.
»Es ist schon möglich, dass zwei Personen daran beteiligt waren, aber ich glaube, meine Version des Tathergangs deckt sich exakt mit den vorgefundenen Spuren.«
Frank lehnte sich zurück und schaute sich noch einmal den Ablaufplan an. »Warum war Jay draußen?«
»Das ist der Schlüssel zu allem. Er hatte keinen Alkohol im Blut. Es gibt keinerlei Hinweise, dass er irgendwo anders gewesen ist. Er könnte vielleicht gerade das Haus verlassen haben, um jemanden zu treffen. Wenn er Freunde treffen wollte, könntest du diese vielleicht finden.«
»Ich habe mit den Jungs gesprochen, die als seine Freunde bekannt sind. Joy war ein beschäftigter junger
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