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Stern auf Nullkurs (1979)

Stern auf Nullkurs (1979)

Titel: Stern auf Nullkurs (1979) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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Randolphs Stimme. „Versuch den Kokon zu erreichen, Kalo! Ich komme euch zu Hilfe."
    Kalo wendet sich um, nur einen Meter von ihm entfernt ist die Öffnung der Röhre, er krümmt sich zusammen, streckt sich wieder, aber der rettende Mund des Ganges nähert sich nicht, bleibt unerreichbar. Weit über ihm flammen die Feuer zweier Schubstrahler auf. 
    „Pela!" zuckt es töricht durch seine Gedanken, aber sofort sagt er sich, daß nicht sie es sein kann, daß sie noch immer gefesselt im Feuer von Spiegel vierzehn schwebt. Das dort draußen ist Randolph. 
    „Das Seil!" schreit die Stimme.
    Natürlich das Seil. Weshalb kommt er nicht selber auf das Einfachste? Er tastet nach der Leine, und als er sie zwischen den Fingern spürt, atmet er auf. Langsam hangelt er sich an die Sektion heran und verkriecht sich im Kokon. Noch immer zuckt das von Sektion vierzehn reflektierte Licht durch die Maschen.
    Dann sieht er den Kyborg heranfliegen, meterlange Treibgasstrahlen schießen aus dessen Schubstrahlern. Randolph visiert genau die Kante von Sektion vierzehn an, die Kante, die langsam hinaus in das All treibt. Es ist Wahnsinn, was er vorhat, aber Kalo ist außerstande, ihn zu warnen.
    Unter dem Aufprall verformt sich die hyperbolische Spiegelfläche, dann aber schnellt das hochfeste Material in seine Ausgangslage zurück und schleudert den Körper des Kyborgs hinaus in die Leere. Aber noch strömen die Flammenbündel aus den Strahlern. Nur er konnte einen solchen Schlag überstehen, nur William Randolph, der Kyborg.
    Und da ist auch wieder seine Stimme, gepreßt zwar, aber immer noch hell und mit metallischem Klang. „Ich versuche es noch mal! Gib acht, Kalo! Ich werde dir das Seil zuwerfen. Hake es ein! Aber fest. Hörst du?"
    Kalo nickt, doch noch rechtzeitig fällt ihm ein, daß der andere ihn nicht sehen kann. „In Ordnung!" sagt er.
    Noch bevor er Randolph selbst erkennen kann, sieht er den Haken des Seiles auf sich zukommen. Diesmal behält er klaren Kopf. Er schiebt sich von der Sektion ab, fängt den Karabinerhaken im Flug auf und hangelt zum Kokon zurück. Unmittelbar neben seinem Seil befestigt er das Randolphs.
    Jetzt ist auch der Kyborg heran. Aber der Abstand zu Sektion vierzehn ist bereits zu groß, um sie mit der Leine ankoppeln zu können. Da greift Randolph zu einem letzten, verzweifelten Mittel. Wie Pranken schlagen seine Hände zu, wie Klauen pressen sich seine Finger in die plastbeschichtete Metallplatte des Spiegels. Sein Körper treibt langsam heran, folgt der Sektion ein winziges Stück auf ihrem unabänderlichen Weg in das kosmische Dunkel. Und während sich das Sicherungsseil strafft, übertragen Kalos Kopfhörer das knirschende Geräusch aufeinandergebissener Zähne.
    Deutlich spürt Kalo jetzt das Vibrieren von Sektion fünfzehn. Etwas Ungeheuerliches geschieht hier: Die übermenschlichen Kräfte des Kyborgs bremsen über die Leine, seinen Körper und seine Hände die Bewegung der Spiegelsektion ab. Aber nur für Bruchteile einer Sekunde, dann siegt die kinetische Energie der treibenden Massen. 
    Mit einem Schrei läßt Randolph den Spiegel los. Es ist ein Schrei, in dem sich Schmerz und Wut die Waage halten. 

    Kalo zieht den leblosen Körper am Seil zu sich herüber, richtet ihn auf und legt eine Sicherheitsschlinge um den Brustkorb. Randolphs Augen sind geschlossen, sein Atem geht pfeifend und unregelmäßig. 
    „Ist er verletzt?" Das ist Aikikos Stimme, laut und deutlich. 
    Eben will er sich umwenden, da fühlt er, wie Aikiko ihn an der Schulter berührt. Sie schwebt hinter ihm. Aus den Augenwinkeln nimmt er wahr, wie sie Randolph fixiert, wie ihre Blicke an dessen Skaphander abwärts wandern. Und er bemerkt, wie ihre Augen starr werden vor Entsetzen. Ihr Mund öffnet sich, aber sie bringt keinen Ton heraus, der Schreck schnürt ihr die Kehle zu. Und dann sieht auch er es: Randolphs Hände. Es ist furchtbar. Übelkeit steigt in ihm auf. 
    Der Kyborg hat die Handschuhe des Skaphanders verloren. Als Folge seines schraubstockartigen Griffes werden sie an der Spiegelsektion hängengeblieben sein. Und das, was dort aus den Ärmelmanschetten herausragt, sind keine Hände mehr.
    Waren es denn jemals menschliche Hände? Diese metallenen Krallen, an denen bis zur Unkenntlichkeit deformierte Fetzen hängen, blutlose Fetzen einer schwammig-porösen Masse von blaßrosa Farbe.
     
    In der Kabine ist kein anderes Geräusch als das Atmen von vier Menschen. Vier Menschen! Pela ist nicht mehr. Weit

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