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Stern auf Nullkurs (1979)

Stern auf Nullkurs (1979)

Titel: Stern auf Nullkurs (1979) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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als wir diese Expedition begannen. Ich wußte, daß es zwischen uns Unausgesprochenes gibt, eine Aversion deinerseits nehme ich an..."
    Kalo will korrigieren, der Begriff „Aversion" sagt ihm nicht zu, er scheint ihm zu hart, das Wort Zurückhaltung käme den Tatsachen wohl näher, aber Randolph läßt sich nicht unterbrechen. 
    „Es ist eine alte Sache", sagt er. „Es ist das Bestreben, den anderen an sich selber zu messen, und es ist die unbewußte Abwehrreaktion gegen jemanden, von dem man annimmt, er habe mit unlauteren Mitteln einen Vorteil gewonnen. Aus keinem anderen Grund lehnen die meisten Menschen die Kyborgs ab, viele rümpfen die Nase allein schon bei dem Gedanken an eine mechanische Optimierung des menschlichen Körpers. Oder siehst du das anders?" 
    Bisher hatte Kalo sich keine Rechenschaft über die Ursachen der Distanz abgelegt, die er unbewußt zwischen sich und Randolph gelassen hat, er weiß nur, daß es sie gibt. Und er weiß, daß die Bedenken von ihm ausgehen. So hebt er nur die Schultern und blickt Randolph fragend und erwartungsvoll an.
    „Aber dieser Grund existiert schon längst nicht mehr", erklärt Randolph. Seine Stimme ist ein wenig lauter geworden, ihr metallischer Klang jetzt unüberhörbar. „Man baut heute Maschinen, die den transformierten Menschen bei weitem übertreffen. Kyborgs wären also überflüssig, wenn..., wenn es nicht medizinische Gründe gäbe." 
    Plötzlich glaubt Kalo die Zusammenhänge zu ahnen. Medizinische Gründe, das bedeutet Verletzungen, Unfälle, Prothesen. Hier liegen wirkliche Gründe vor, akzeptable Gründe.
    Vielleicht würde es Randolph helfen, fände er Gelegenheit, seine Probleme zu artikulieren. „Wäre es nicht nützlich, wenn du darüber reden würdest, William?"
    Der Kyborg wirft einen kurzen Blick auf die stumm und bewegungslos liegende Pela, dann einen ziemlich erstaunten auf Kalo, und schließlich nickt er. „Wahrscheinlich wäre es wirklich nicht schlecht", sagt er. „Für dich nicht und für mich auch nicht."
     
    Eigentlich war der Fall des jungen Piloten William Randolph, wenn auch nicht häufig, so doch keineswegs einmalig. Ein Unfall mit tödlichem Ausgang, etwas, was sich im Verlauf der Menschheitsentwicklung nie ganz vermeiden ließ und wohl auch in Zukunft nie ganz zu vermeiden sein wird. Bei der Erprobungeines neuen Großraumschiffes geriet eine der Bugsierraketen in die Gravitationsschleppe und wurde zerstört, der Pilot tödlich verletzt. Bei allerTragik für den Betroffenen war die Angelegenheit für die Öffentlichkeit nicht viel mehr als eine kurze Notiz in. Presse und Funk, für die Beteiligten eine mehrtägige Untersuchung, in der sich herausstellte, daß niemandem schuldhaftes Versagen vorzuwerfen war. Gravitatoren waren völlig neuartige Antriebe, und der Umgang mit ihnen barg gewisse Risiken. 
    Und doch lag diesmal einiges anders als in ähnlich gelagerten Fällen.
     
    William Randolph ahnte die Katastrophe, als der Fächer des Gravimeters zu zucken begann. Zuerst öffnete und schloß sich das bläuliche Dreieck kaum merklich, veränderte seine Fläche nur unwesentlich, dann aber wurden die Bewegungen heftiger, und auch die Geschwindigkeitsänderungen wurden spürbarer. Bald pendelte der Pilot in den Gurten vor und zurück, und zu diesem Zeitpunkt wurde deutlich, daß sich die Bewegungen seiner Bugsierrakete aufschaukelten. 
    Aber noch war er sich nicht über die auslösenden Faktoren im klaren. Er versuchte sich seine Handlungen in den vergangenen Minuten zu vergegenwärtigen. Ein Blick auf die Bildschirme zeigte ihm, daß sich außerhalb seines Schiffes nichts verändert hatte. Direkt vor der stumpfen Nase der Bugsierrakete wölbte sich die Sphäre des Großschiffes, fugenlos glatt, von stumpfmetallischem Glanz. Seitlich von ihm unterbrach eine kreisförmige, aus Tausenden einzelner Rhomben zusammengesetzte Platte die sanfte Wölbung, und ebendiese Platte emittierte den säulenförmigen Gravitationsstrahl. Über und unter der eigenen hingen die anderen Bugsierraketen der Gruppe in geringer Entfernung vor der Kugelfläche, sechs waren es insgesamt, vier davon hatte er gleichzeitig auf den Bildschirmen. Das Ganze wirkte wie eine Gruppe von Pilotfischen, die sich für einen überdimensionalen, dickleibigen Wal interessieren.
    Unsichtbare Energiestöße trieben den Raumriesen langsam in Richtung Dock. Williams Situation wurde ein wenig klarer, als seine Messungen ergaben, daß er sich dem Emitter weiter genähert

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