Stern der Leidenschaft
streckte das Tier seinen riesigen, geschmeidigen Körper und rollte sich dann um Dalden herum zusammen. Er begann, Shank hinter den Ohren und am Kinn zu kraulen, worauf das Katzentier beinahe sofort ein ohrenbetäubendes Schnurren hören ließ. »Komm her«, forderte Dalden Brittany auf. Doch sie schüttelte nur entgeistert den Kopf. »Komm her«, wiederholte Dalden in einem Ton, bei dem jede Sha-Ka’-ani sich sofort vor Eifer, ihrem Herrn und Meister zu gehorchen, überschlagen hätte. Nicht so seine Lebensgefährtin. »Du sollst nur deine Angst vor diesem Hausgenossen loswerden«, fügte er etwas ruhiger hinzu. »Können wir nicht lieber stattdessen den Hausgenossen loswerden?«, schlug Brittany vor. Martha hielt es nicht länger aus. »Du hältst Shank doch sicher für eine optische Täuschung. Seit wann sind optische Täuschungen gefährlich?« Brittany legte nachdenklich die Stirn in Falten. Sie zögerte. »Hörst du nicht, wie er seiner Zufriedenheit Ausdruck gibt?«, fragte Dalden, der fasziniert beobachtete, wie Brittany mit den widersprüchlichsten Gefühlen kämpfte.
Das gewaltige Schnurren der Fembair war nicht zu überhören. Es hallte von den Wänden des Zimmers wider. Brittany fasste sich ein Herz, straffte sich und stemmte sich von Daldens Bett hoch. Dann marschierte sie mit festen Schritten in seine Richtung, hielt aber kurz vor Shanelles Liebling doch noch einmal an. Dalden fasste sie am Bein, brachte sie aus dem Gleichgewicht und zog sie in seinen Schoß. Brittany hielt die Luft an und ließ die riesige Katze keine Sekunde lang aus den Augen. Sie war starr vor Angst. Daran änderte auch ihre Entschlossenheit nichts. Dalden bewunderte insgeheim ihren Mut. Sie hatte den Sprung nach vorn gewagt, obwohl sie sich so sehr fürchtete. Er nahm Brittanys Hand und legte sie auf Shanks Kopf. Sie ließ sie dort liegen. Nun, da sie das unheimliche Tier schon einmal berührte, wollte sie es auch genauer untersuchen. Sie hob den schweren Raubkatzenkopf an, schaute Shank in die blauen Augen und betrachtete die großen Reißzähne. Brittany schätzte ihre Länge auf gut zehn bis zwölf Zentimeter. »Säbelzahntiger sind ausgestorben«, presste sie schließlich hervor. Dalden verstand nicht, wovon sie sprach. Aber Martha wusste es und antwortete: »Auf deinem Planeten schon.«
»Aber sie waren nie so groß«, gab Brittany zu bedenken.
»Wenn du nicht aufpasst, Püppchen, glaubst du am Ende tatsächlich noch, dass du hier in einer ganz anderen Welt gelandet bist.«
Brittany schnaubte verärgert und sprang auf die Füße. »Ich weiß, was hier gespielt wird. Ihr habt diesen sonderbaren Ort gefunden und seine Existenz vor der restlichen Welt geheim gehalten. Was ist es? Mischt ihr irgendwas ins Trinkwasser, um das Wachstum von Menschen und Tieren ins Riesenhafte zu steigern? Oder sind diese Lebewesen ein Produkt genetischer Versuche? Habt ihr die Natur auf diese Weise verändert?«
Dalden wusste, dass diese Fragen nicht ihm galten. Er hätte sie auch nicht beantworten können. Immer wenn Brittany mit etwas Neuem und für sie Unglaublichem konfrontiert wurde, richtete sich ihre Skepsis und ihre Empörung auf Martha. Nie auf ihn. Würde sie ihn der Täuschung beschuldigen, so müsste sie dieses Problem auch mit ihm ausdiskutieren.
Das hatten sie beide bisher tunlichst vermieden. Sie wollten »keine schlafenden Hunde wecken«, wie Martha sich ausdrücken würde. Aber vielleicht war es an der Zeit, diese Hunde endlich von der Kette zu lassen, denn langsam wurde der Schmerz zu groß. Brittany behauptete zwar, sie sei gern mit ihm zusammen, jedoch verschloss sie die Augen vor der Wirklichkeit. Sie wollte selbst bestimmen, wer der Mann war, den sie liebte. Das tat weh. Und mit diesem Schmerz konnte Dalden nicht leben.
Er brauchte dringend einen Rat von jemandem, der sich mit Anderweltlern auskannte. Dalden machte sich auf die Suche nach seinem Vater.
Kapitel Vierundvierzig
Wohin geht er?«, fragte Brittany Martha, als Dalden ohne ein weiteres Wort das Zimmer verließ. »Wahrscheinlich macht er was kaputt oder dreht jemandem den Hals um. Das tun Krieger im Allgemeinen, wenn sie frustriert sind.« »Jemandem den Hals umdrehen?« »Beruhige dich. Das sollte ein Scherz sein. Aber du, mein liebes Kind, wirst dir nun langsam eine andere Sichtweise zulegen müssen. Jedes Mal, wenn wir dir etwas Neues zeigen und du es als billige Täuschung abtust, kommt das für Dalden beinahe einer persönlichen Beleidigung gleich.
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