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Stern ohne Himmel

Stern ohne Himmel

Titel: Stern ohne Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Ossowski
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tue?«
    »Das hab ich nicht gesagt. Ich will nur nicht, dass du sein Versteck weißt. Weil du dann wieder Blödsinn machst!«
    »Du bist eifersüchtig!«
    »Eifersüchtig auf dich?« Er war wütend, weil sie ihn so schnell durchschaute. »Auf dich, wegen einem …« Das letzte Wort konnte Antek gerade noch verschlucken. »So wichtig bist du mir wirklich nicht.«
    »Dann sag mir, was ich für ihn tun kann!«
    Antek überlegte eine Weile. »Versuche herauszubekommen, wo ein Mann namens Arthur Dressler wohnt. Aber sei vorsichtig, und kein Wort zu Willi, verstehst du?«
    Ruth nickte und lief an den Treckwagen vorbei zum Markt, drehte sich noch einmal um und Antek konnte gerade noch ihr Lächeln erkennen.
    Paule war es gelungen, sich für kurze Zeit dem von Jähde befohlenen Einsatz zu entziehen. Während er sich an Menschen und Wagen vorbeidrückte und eine Weile Anteks Verkehrsregelungskünsten zusah, überlegte er, wie er am geschicktesten die Suche nach Arthur Dressler durchführen könne. Zufällig war er am Stadtrand in eine Käuferschlange geraten. Er ließ sich langsam nach vorn schieben. Es gab Kartoffeln, das einzige Nahrungsmittel, was überhaupt noch erhältlich war.
    »Du hast ja gar kein Netz«, sagte plötzlich ein Junge in fremdem Dialekt hinter ihm, »warum stehst du dann hier?«
    Paule drehte sich um. Ein Vierzehnjähriger beobachtete ihn. »Was geht dich das an?« Paule spürte die Aufmerksamkeit der Umstehenden. Da kam ihm die Kartoffelfrau zu Hilfe.
    »Fass mal mit an«, rief sie ihm zu. Ihre Kiste war leer und Paule sollte von dem hinter ihr stehenden Wagen mehrere Säcke herunterholen.
    »Das ist ein Kavalier«, sagte die Kartoffelfrau freundlich.
    Paule lächelte. »Och, das mach ich doch gern«, und dann fügte er leise hinzu: »Wissen Sie, ob hier in der Nähe ein Arthur Dressler wohnt?«
    Das eben noch freundliche Gesicht der Kartoffelfrau wurde starr. Ihre Hand zog Paule dicht zu sich heran.
    »Ich bin kein Auskunftsbüro, mein Junge, verschwinde, so schnell, wie dich deine Beine tragen. Und komm mir nicht noch einmal unter die Augen!«
    Sie schleppte ihren Sack allein zum Tisch.
    »Zeiten sind das«, murmelte sie, während sie ein hingehaltenes Netz füllte.
    Paule verschwand. Er verstand zwar das Verhalten der Frau nicht, aber der Name löste allem Anschein nach dicke Luft aus.
    Er war noch nicht weit, als er Schritte hinter sich hörte. Der Vierzehnjährige stand hinter ihm.
    »Wen suchst du?«, fragte er.
    »Wieso?«, fragte Paule.
    »Ich hab Beziehungen. Ich weiß eine ganze Menge. Für ein paar Zigaretten …« Der Junge öffnete seine schmutzige Hand.
    »In die Fresse kannst du haben!« Paule ließ ihn stehen. Es begann zu regnen. Paule zog seine Jacke über den Kopf. Jetzt auf den Landstraßen entlangzuziehen musste schrecklich sein.
    Mitleidig sah er ein paar Frauen zu, wie sie einen hoch bepackten Kinderwagen an einem Schulterriemen hinter sich herzogen. Die Federn waren gebrochen und mühselig mit Bindfäden zusammengebunden. Wer weiß, wie viele Wochen die schon unterwegs waren.
    Da sah Paule den Pfarrer. »Der müsste es wissen«, dachte er, ging auf ihn zu und grüßte laut. Der Pfarrer grüßte zurück. Es war für Paule nicht so einfach, im Regen auf der Straße ein Gespräch mit dem Pfarrer zu beginnen.
    »Herr Pfarrer, darf ich Sie etwas fragen?«
    »Natürlich, mein Sohn. Willst du mit mir ins Pfarrhaus kommen?«
    »Vielen Dank, das ist nicht nötig«, wehrte Paule ab. »Es ist nur, ich hätte gern gewusst, ob Sie einen gewissen Arthur Dressler kennen und wo er wohnt.«
    Paule wartete gespannt. Aber wie bei der Kartoffelfrau stieß er auch beim Pfarrer auf eine sonderbare Ablehnung.
    »Warum möchtest du das wissen?«
    Paule war auf diese Frage vorbereitet. »Durchziehende Flüchtlinge haben mich gebeten, Grüße an ihn auszurichten. Sie wussten seine Adresse nicht, wollten aber, dass Dressler eine Nachricht bekommt.«
    »So?«, fragte der Pfarrer. Paule fühlte sich nicht sehr wohl.
    »Mein Sohn«, sagte der Pfarrer und ging neben Paule langsam die Straße entlang. Seine spitzen, schwarzen Schuhe spritzten bei jedem Schritt. »Ich habe die Adresse dieses Mannes vergessen.«
    Paule hatte dem dahinplantschenden Schuhwerk des Pfarrers zugesehen. Jetzt hob er verblüfft den Kopf. Aber der Pfarrer machte keine Anstalten, nähere Erläuterungen zu geben.
    »Vergessen?«, fragte Paule, als hätte er nicht recht verstanden.
    »Ja«, sagte der Pfarrer, »dieser Mensch hat sich von

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