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Sterne der Karibik: Roman (German Edition)

Sterne der Karibik: Roman (German Edition)

Titel: Sterne der Karibik: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrice Fabregas
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sie Hermanns Liebe eines Tages verlor, so wäre sie dem Tode nah.
    Wenn Mafalda ganz ehrlich war, so trieb diese Angst sie um. Vor allem, weil sie nicht wusste, was sie anders machen sollte. Sie wagte es auch nicht, mit Hermann darüber zu sprechen, sondern gab sich ganz ihren eigenen Gedanken hin, die dunkler wurden, je länger Hermanns trübsinniger Zustand andauerte. Tief in ihrem Herzen aber hielt sich Mafalda für eine Versagerin. Ihre Eltern hatten sie Don Alvaro mehr oder weniger ins Bett gelegt. Wenn jemand diesem Wüterich Zügel anlegen konnte, dann eine kluge Frau. Sie war aber nicht klug genug gewesen, sonst hätte Don Alvaro sie nicht ständig geschlagen. Am Schluss hatte er sogar sterben müssen. Und Mafalda war sich sicher, dass das zum Teil ihre Schuld war. Schon deshalb versuchte sie, Hermann jeden Wunsch von den Augen abzulesen, doch auch das funktionierte bisher nicht allzu gut. Seine Augen wirkten wie längst versiegte Brunnenlöcher, und tiefes Mitleid mit Hermann und mit sich selbst überkam sie. Warum ist es so schwer, verheiratet zu sein?, dachte sie. Warum kann ich ihm nicht alles geben, was er braucht?
    Ein Mann musste funktionieren. Geld und Besitz horten. Kinder zeugen. Traurigkeit ohne Grund konnte er sich nicht leisten, wenn er nicht als Versager gelten und die Achtung seiner Familie und seiner Angestellten verlieren wollte.
    »Und du denkst wirklich, dass Titine ausgerechnet mit mir, mit einem Mann, über ihren Zustand reden würde?«
    »Warum nicht? Du bist schließlich ihr Bruder. Außerdem willst du ja weniger über ihren Zustand als vielmehr über ihre Zukunft sprechen, nicht wahr?«
    Hermann kniff die Augen zusammen, und Mafalda fühlte sich missbilligend gemustert. Sofort schlug sie die Augen nieder, als könnte sie dadurch seiner Missbilligung entgehen.
    »Und du weißt natürlich auch, wer der Vater ist?«, fragte Hermann weiter.
    »Ich habe es heute erst erfahren. Heute hat sie mir gesagt, wen sie liebt. Es ist Fela, der Viehhirte. Alle auf dem Ingenio wissen es.« Sie sah auf und Hermann direkt in die Augen. »Auch du weißt es. Du willst es nur nicht wahrhaben.«
    »Großer Gott! Meine Schwester bekommt ein Kind von einem Sklaven! Das ist wirklich nichts, das einem zum Ruhme gereicht.«
    Wieder wollte Mafalda schuldbewusst den Blick senken. Starr saß sie da, die Hände brav im Schoß verschränkt. Doch da stand Hermann auf, hockte sich vor sie, umfasste ihr Gesicht mit seinen beiden warmen Händen und zwang sie, ihn anzusehen.
    »Was ist?«, fragte er mit heiserer Stimme. »Warum wagst du es nicht, mir in die Augen zu schauen? Hast du Angst vor mir? Genau wie vor Don Alvaro?«
    Mafalda schluckte, doch sie konnte nicht antworten. Hermann zog ihren Kopf zu sich herunter, küsste ihre Stirn. Mit einem Mal fing sie zu weinen an, und sie hätte nicht sagen können, woher die Tränen kamen. Es war einfach so, dass sich in den letzten Wochen alles irgendwie falsch angefühlt hatte, obwohl alles da war, was sie sich je erwünscht und erträumt hatte.
    »Weine nicht!«, bat Hermann. »Alles wird gut, ich weiß es. Mach dir nur keine Sorgen. Das Wichtigste ist doch, dass die Familie gesund und zusammen ist.«
    Er sagte nur diese wenigen Worte, doch Mafalda kannte ihn gut genug, um in ihrem Herzen wieder Frohsinn zu spüren. Er hatte es gemerkt, hatte bemerkt, dass ihr Zusammensein sich verändert hatte. Und er gab nicht ihr die Schuld daran! O Gott, wie froh sie doch war!
    »Titine wird einsehen, dass sie uns diese Liebe und dieses Kind nicht zumuten kann. In ihrem eigenen Interesse wird sie es einsehen.«
    Mafalda sank zusammen. Nichts hatte er gemerkt, gar nichts. Ist er denn blind mir gegenüber?, fragte sie sich. Spürt er wirklich nicht, dass wir uns voneinander entfernen? Eine typische Ehe unter den europäischen Insulanern sah eben so aus, wie ihre Ehe derzeit aussah. Der Mann kümmerte sich ums Geschäft, trank mit seinen Freunden, ging vielleicht hin und wieder zu einem Hahnenkampf, während die Frau zu Hause saß, sich mit den Dienstboten beschäftigte und hin und wieder eine Leidensgenossin zum Kaffee einlud. Mafalda wusste das, aber so eine Ehe hatte sie nie gewollt. Sie wollte Hermann eine Partnerin sein, eine Gefährtin, seine Vertraute, seine Freundin und seine Geliebte. Im Augenblick war sie nichts von all dem. Und seine letzte Bemerkung zeigte an, dass Hermann sie nicht vermisste. Sie ihn aber schon. Mafalda war mit einem Male so traurig, dass ihr die Tränen in die

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