Sterne der Karibik: Roman (German Edition)
Alkohol.« Er schlug mit seiner Krücke nach dem Fass. »Habe ich nicht gesagt, dass ihr die Fässer bei dem Rum, der zwei Mal gebrannt wird, nicht ausräuchern sollt? Öffnet beide Fässer, mischt das Zeug und lagert es in ungebrannten Fässern.«
Der Brennmeister trat von einem Bein auf das andere und wusste nichts zu erwidern. Schließlich wagte er einen Einwurf: »Wir tun genau das, was Sie uns sagen.«
Aber Hermann reagierte nicht darauf. »Ich will, dass ihr die nächsten Fässer dann mit Minze ausräuchert. Habt ihr das verstanden? Nicht sehr viel, nur ein ganz klein wenig. Und dann will ich, dass ihr in die Melasse ein wenig Orangenschalen bringt, bevor ihr sie brennt. Und drittens möchte ich noch ein Fass von innen mit Honig bestreichen. Dünn. Sehr dünn. Hauchdünn.«
»Löst der Rum den Honig nicht auf?«, fragte der Brennmeister vorsichtig.
»Herrgott!« Hermann stampfte mit der Krücke auf. »Ihr sollt natürlich erst den Honig ins Holz ziehen lassen. Zwei Wochen sollten reichen. Und nehmt, um Gottes willen, nicht die großen Fässer dazu. Das ist ein Versuch. Ein kleines Fass reicht vollkommen.«
Der Brennmeister zog eine Augenbraue hoch, doch er wagte nicht, gegen Hermanns Anweisungen zu reden.
Der aber wandte sich um und blickte zu Mafalda. »Jetzt, da ich schon einmal hier bin, will ich auch die Bücher sehen.«
Mafalda fasste ihren Mann vorsichtig beim Arm. »Meinst du wirklich?«, fragte sie. »Denkst du nicht, du hast dich heute schon genug angestrengt? Die Bücher können warten.«
Hermann schüttelte den Kopf, störrisch wie ein Esel. Also seufzte Mafalda und führte ihn aus der dunklen Lagerhalle zurück in das erste Gebäude, in dem sich auch das Kontor befand. Es war ein kleiner Raum ohne Fenster, in dem die Luft so stickig war, dass man sie mit bloßen Händen hätte zerteilen können. Zwei große, hölzerne Schreibtische, übersät mit Papieren, nahmen die Mitte des Raumes ein. Dahinter, an der Wand, zogen sich Aktenregale, gefüllt mit Ordnern, entlang. Dazwischen befanden sich in kleinen Gläsern seltsam riechende Tinkturen und Sude. Der Teppich, mit dem der Raum ausgelegt war, war abgetreten. An manchen Stellen klebten Zuckerkristalle.
Angewidert sah sich Hermann um. »Das ist ein Schweinestall.«
Mafalda zuckte mit den Achseln. »Was willst du? Die Leute laufen hinein und hinaus. Ich kann nicht hinter jedem Einzelnen herputzen.«
Stöhnend und das linke Bein in einem seltsamen Winkel nach vorn gestreckt, ließ Hermann sich auf einen Stuhl sinken. Er wühlte fahrig zwischen den losen Blättern herum. »Wo sind die Abrechnungen vom letzten Monat?«, fragte er. »Eine ganze Schiffsladung ist nach Miami gegangen. Carpenter hat noch nicht geschrieben, wie ihm der Rum geschmeckt hat.« Er wandte sich zu Mafalda um. »Oder hast du etwas gehört, was du mir verheimlichst?«
Mafalda seufzte. Sie trat an das Regal, zog einen Ordner mit der Aufschrift »Korrespondenz« heraus und blätterte darin. Dann, als sie die Stelle gefunden hatte, legte sie den Ordner aufgeschlagen vor Hermann hin.
Der fummelte umständlich sein Monokel aus der Tasche, klemmte es sich in das gesunde Auge und begann zu lesen. Dabei trommelte er mit den Fingern der rechten Hand auf den Tisch. Je weiter er las, umso wütender wurde das Trommeln, bis es schließlich ein wahrer Wirbel wurde. Er fuhr herum, herrschte Mafalda wütend an. »Warum weiß ich nichts davon? Warum hast du mir nichts gesagt?«
Mafalda schluckte. »Ich wollte dich nicht unnötig belasten«, flüsterte sie. »Ich habe nur an deine Gesundheit gedacht.«
»Tatsächlich?« Hermanns Stimme troff vor Hohn. »Wann wolltest du mir denn reinen Wein einschenken?«
Wieder schluckte Mafalda. »Mister Carpenter kommt in der nächsten Woche nach Havanna. Ich wollte erst mit ihm reden.«
»Soso. Reden wolltest du mit ihm. Nur reden? Oder wolltest du ihm deinen Körper anbieten, damit er unsere Drecksbrühe, die den Namen Rum wahrlich nicht verdient, abkauft?« Hermann schlug auf das Papier. »Hier! Hast du das nicht gelesen? Er schreibt, unser Rum ist so schlecht, dass sich selbst das Gefängnis geweigert hat, ihn zu kaufen. Und auch die Sklaven unten im Süden wollten nichts davon trinken.«
»Er übertreibt. Das weißt du doch genau. Am Anfang war er begeistert von genau diesem Rum. Und letztendlich hat er ihn ja auch losgekriegt.«
Hermann funkelte Mafalda bitter an. »Ja. Das hat er. Für die Hälfte des vereinbarten Preises. Aber er setzt sich
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