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Sterne der Karibik: Roman (German Edition)

Sterne der Karibik: Roman (German Edition)

Titel: Sterne der Karibik: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrice Fabregas
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nicht mehr für uns ein. Du weißt, was das bedeuten kann?«
    Mafalda bemühte sich um einen heiteren Gesichtsausdruck. »Im schlimmsten Fall wird er sich einen anderen Lieferanten suchen. Nun, das wäre nicht gut, aber ein Weltuntergang wäre es auch nicht. Es gibt noch mehr Rumexporteure in Amerika.«
    Hermann sah sie mit solchem Entsetzen an, dass Mafalda den Blick abwenden musste.
    »Glaubst du, was du da sagst? Du redest vor dich hin wie ein Waschweib, das es nicht besser versteht. Unsere restlichen Ersparnisse stecken in diesen Hallen. Wenn Carpenter uns fallen lässt, dann sind wir am Ende!« Den letzten Satz brüllte Hermann so laut, dass das Tintenfass auf dem Tisch leise klirrte.
    Mafalda sackte zusammen. »Aber was sollen wir denn sonst tun? Ich arbeite Tag und Nacht, überwache das Brennen und Abfüllen, das Lagern und schließlich auch das Verladen auf die Schiffe. Ich erledige die Korrespondenz und die Buchhaltung, zahle den Leuten ihren Lohn.« Sie breitete verzweifelt die Arme aus. »Herrgott, Hermann, was soll ich denn noch alles tun? Du bist der Apotheker. Du musst uns sagen, was an unserem Rum nicht stimmt. Aber du hockst immer nur in deinem Zimmer und brütest vor dich hin. Sag mir, was ich tun soll, und ich tue es. Aber kümmere dich endlich wieder so um die Deinen, wie du es früher getan hast. Der Brennmeister erwartet Anweisungen von mir. Was soll ich ihm sagen? Dass du es nicht wagst, auf die Straße zu gehen? Dass du nicht mehr in deinem Laboratorium arbeitest, weil du mit einem Mal Angst vor dem Feuer hast?«
    Es war, als hätte Mafaldas wütender Ausbruch etwas in Hermann berührt. Er sah schuldbewusst zu Boden. Dann sagte er so leise, dass sie es kaum verstehen konnte: »Ich kann nicht, Mafalda. Du weißt es. Ich bin vor zwei Jahren in Trinidad gestorben. Verloren für die Welt.«
    Mafaldas Wut verrauchte. Sie sah ihren Mann an und fühlte das größte Mitleid mit dieser armen, geplagten Kreatur, die einst ihre große Liebe gewesen war. Sie eilte zu ihm, hockte sich vor ihn hin, streichelte seine Hände. »Verzeih mir«, flüsterte sie. »Ich weiß, dass das Leben für dich nicht leicht ist. Verzeih mir, Liebster.«
    Und Hermann nickte, doch dieses Nicken war von einer so großen Traurigkeit, dass Mafalda in diesem Augenblick klarwurde, dass ihr Mann niemals wieder der Alte werden würde. Er hatte recht. Er war vor zwei Jahren gestorben. Und sie war keine Ehefrau mehr, sondern nur noch eine Witwe.

Viertes Kapitel
    M afalda hatte für Hermann eine Droschke gerufen, die ihn nach Hause fuhr. Sie selbst war im Kontor geblieben und brütete über den Papieren. Aber in Wirklichkeit las sie die Zahlen nicht, sondern sie grübelte. Hermann hat recht, dachte sie. Er ist wie tot. Und es sind nicht seine Verletzungen, die ihn getötet haben.
    Mafalda kannte Hermann besser, als er dachte. Sie wusste, dass ihm am meisten der Verlust von Titine zu schaffen machte. Aber sie wusste nicht, ob er das, was er getan hatte, bereute. Mafalda seufzte. Wie oft hatte sie an Titine geschrieben? Natürlich nicht direkt an Titine, denn auch Mafalda hatte keine Ahnung, wo sie eigentlich steckte. Sie gab ihre Briefe im Handelskontor Groth, Jessen und Krischak ab, wo die Post von Grazia einmal in der Woche abgeholt wurde.
    Wie oft hatte sie Titine nur um ein Wort gebeten. Ein einziges Wort. Nein, Mafalda wusste, dass Titine ihrem Bruder niemals verzeihen konnte. Und auch ihr, Mafalda, konnte sie nicht vergeben. Dabei wusste sie längst nicht alles.
    Tränen stiegen ihr in die Augen. Tränen der Verzweiflung und der Mutlosigkeit. »Niemals kann ich gutmachen, was wir angerichtet haben«, murmelte sie vor sich hin.
    Ein heftiges Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Gedanken.
    Sie rief: »Herein«, und der Brennmeister betrat mit ratlosem Gesicht das Kontor.
    »Was geschieht mit dem Rum in den anderen Probefässern?«, wollte er wissen. »Der Don hat eine weitere Versuchsreihe angeordnet, aber wir haben keine kleinen Fässer mehr.«
    Mafalda nickte und machte dem Mann ein Zeichen, dass er sich setzen sollte.
    »Was machen wir falsch?«, fragte sie ihn. »Warum schmeckt den Amerikanern unser Rum plötzlich nicht mehr?«
    Der Brennmeister wich ihrem Blick aus, sah auf den Boden, kratzte mit der Schuhspitze unsichtbare Muster in den Teppich. »Ich weiß es nicht«, erwiderte er. »Ich habe keine Ahnung.«
    Mafalda legte den Kopf schief und schenkte ihm ihr schönstes Lächeln. »Raul«, sagte sie. »Du musst mir helfen.

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