Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sterne der Karibik: Roman (German Edition)

Sterne der Karibik: Roman (German Edition)

Titel: Sterne der Karibik: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrice Fabregas
Vom Netzwerk:
Du bist der Einzige, der es kann.«
    Geschmeichelt senkte der Brennmeister den Blick und versuchte so, die Röte zu verbergen, die ihm in die Wangen geschossen war. »Ich denke, es liegt an der Melasse. Der Rum ist einfach nur so gut wie sein Rohprodukt. Die Zuckerernte war nicht besonders im letzten Jahr. Der Hurrikan hat viele Felder zerstört. Wir müssen Rohrzucker vom Jahr davor einkaufen. Oder wir warten bis zur nächsten Ernte.«
    Mafalda nickte. Sie wusste, dass Raul recht hatte. Aber sie hatten nicht mehr genügend Mittel, um neue Melasse zu kaufen.
    »Was ist mit einer Mischung? Wenn wir die alte Melasse mit neuer mischen?«
    Der Brennmeister schüttelte den Kopf. »Das würde ich nicht machen. Alter Wein in neue Schläuche. Sie verstehen, was ich meine?«
    Mafalda nickte. »Ich danke dir, Raul. Wenn dir noch etwas einfällt, dann lass es mich wissen.«
    Der Brennmeister erhob sich. »Ich würde Ihnen gern helfen, das wissen Sie. Aber ich fürchte, wir haben wirklich ein Problem. Carpenter wollte noch weitere Fässer aus amerikanischer Eiche liefern, doch bis heute sind keine eingetroffen.«
    Mafalda erstarrte. Natürlich! Die Fässer! Sie hatte nicht mehr daran gedacht.
    »Du meinst also, selbst wenn wir neue Melasse hätten, bräuchten wir noch Fässer?«
    Raul nickte.
    Mafalda schenkte ihm noch ein klägliches Lächeln und bedeutete ihm, dass er gehen könne. Raul griff nach der Klinke, und im selben Augenblick klopfte es heftig an der Tür. Ein Bote kam herein, schwitzend und keuchend. Er trug eine schwere Ledertasche über der Schulter. »Ich habe Post. Eine Eilzustellung«, rief er.
    Mafalda runzelte die Stirn. »Eine Eilzustellung? Von wem?« Sie spürte, wie sich ein Klumpen in ihrem Bauch bildete. Eilzustellungen in dieser Zeit. Das konnte nichts Gutes sein.
    Der Bote kramte in seiner Tasche und förderte schließlich einen versiegelten Umschlag zutage. »Hier ist er. Persönliche Zustellung.«
    Mafalda nahm den Umschlag entgegen. Sie schaute auf die Adresse, die mit Tinte geschrieben war. Hermann Pescador. Dann drehte sie den Umschlag auf die andere Seite und las den Absender. Mister J. C. Carpenter.
    Ihre Hand begann zu zittern. Ihr war, als hätte der Brief einen schwarzen Trauerrand, aber das hatte er natürlich nicht. Sie griff nach dem Brieföffner, doch ihre Hand zitterte so sehr, dass sie ihn fallen ließ. Sie schluckte, presste eine Hand auf ihr wild schlagendes Herz. Dann schaute sie sich um, als suche sie nach Hilfe. Doch ihr konnte keiner helfen. Also riss sie den Umschlag entzwei, faltete den Bogen auseinander und las die wenigen Zeilen, die sie erwartet hatte. »Sehr geehrter Herr Fischer, mit Ablauf der derzeitigen Verträge kündigen wir unsere Zusammenarbeit auf. Wir wünschen Ihnen für die Zukunft alles Gute.«
    Mafalda starrte auf die Schrift, als hoffe sie, die Buchstaben würden vor ihren Augen verschwimmen, sich neu ordnen und eine andere Mitteilung zum Vorschein bringen. Doch so lange sie auch starrte, es blieb, wie es war. Carpenter hatte ihnen den Laufpass gegeben. Ohne auch nur den geringsten Grund zu benennen. Sie seufzte, legte den Brief zur Seite und erhob sich. Als wüsste sie nicht, was nun zu tun wäre, strich sie sich ihr Kleid glatt und schaute sich im Kontor um. Dann reckte sie das Kinn, griff nach ihrer Handtasche und verließ das Kontor.
    Draußen, auf der Straße, wurde sie schier erschlagen vom Lärm, der Hitze und dem Gestank. Vollbeladene Karren rumpelten an ihr vorbei zu den Anlegeplätzen der Schiffe aus Übersee. Ein paar Kinder, staubig und verdreckt wie räudige Katzen, spielten im Straßengraben. Eine dicke Schwarze kehrte mit entschlossenen Strichen den Bürgersteig, gab einem vorbeilaufenden Botenjungen einen Klaps auf den Kopf, weil er ihr Zusammengekehrtes aufwirbelte. Männer in guten Anzügen, hochgeschlossenen Vatermördern und blankgeputzten Schuhen schwangen ihre Spazierstöcke und hatten wichtige Mienen aufgesetzt. Mafalda schnappte im Vorübereilen ein paar Satzfetzen auf. »Das nächste Schiff legt in einer Woche ab. Zielhafen ist Cadiz in Spanien. Wir müssen uns beeilen, sonst sind die Ladeflächen samt und sonders an andere verkauft.«
    Zwei schwarze Hafendirnen in bunten Kleidern mit riesigen Ausschnitten und Blumen im Haar trudelten vorüber. Sie schwangen ihre bestickten Stoffbeutel und lachten derb über einen Fuhrmann, der ihnen nachblickte und dabei sein Pferd außer Acht ließ.
    Mafalda sah ihnen nach, wie sie eine wenig

Weitere Kostenlose Bücher