Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sterne der Karibik: Roman (German Edition)

Sterne der Karibik: Roman (German Edition)

Titel: Sterne der Karibik: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrice Fabregas
Vom Netzwerk:
klopfte. Sie wusste, sie sollte froh sein, dass er wieder ein kleines bisschen Interesse an seiner Umwelt zeigte, dass er nicht mehr nur dasaß und ins Leere starrte, aber, gütiger Himmel, seine Aktivität kam zu spät. Sie war vergeblich. Mafalda stiegen die Tränen in die Augen, und sie versuchte, sie wegzuzwinkern. Sie wusste, wenn es ihr nicht gelang, wenn sie anfing zu weinen, würde sie nie wieder damit aufhören können.
    Da holte sie ganz tief Luft, füllte ihre Lungen bis zur letzten Faser und schrie: »Niemand wird mehr kommen, Hermann. Carpenter hat uns die Zusammenarbeit aufgekündigt. Der Brennmeister wird von selbst gehen, weil wir ihn nicht bezahlen können, und das Kontor werden wir ebenfalls verlieren. Du kannst froh sein, ein Haus wie dieses zu haben. Und wenn du dein Arbeitszimmer neu gestrichen haben möchtest, nur zu, dann musst du selbst den Pinsel schwingen.«
    Hatte sie gehofft, Hermann würde herumfahren und sie überrascht ansehen? Hatte sie gehofft, er würde sich zurückverwandeln in den, der er früher war, der jetzt wusste, was zu tun war, der jedes Unglück von der Familie abzuwenden verstand?
    Sie wusste es nicht. Aber jetzt, da Hermann sich nicht bewegte, keinen Millimeter, da überkam sie eine abgrundtiefe Verzweiflung. Sie schlug die Hände vor das Gesicht und weinte, wie sie seit ihren Kindertagen nicht mehr geweint hatte.

Fünftes Kapitel
    T itine sah ihrem Sohn Aurelio beim Spielen zu. Sie saß an ihrer Nähmaschine, hatte ein Auge auf die Fäden und die Nadel gerichtet, und mit dem anderen Auge wachte sie über ihren Sohn.
    Sie konnte ihn nicht anschauen, ohne an Fela erinnert zu werden. Er war so schlank wie er, Aurelios Augen funkelten wie die seines Vaters, wenn auch in einer anderen Farbe, und die sanft-derben Lippen wölbten sich wie bei Fela.
    Wo er jetzt wohl ist?, fragte sich Titine. Ein Brief war von Mafalda gekommen, ganz am Anfang, als sie mit Grazia gerade dieses Haus bezogen hatte. Ein Brief, auf dessen Umschlag mit roter Tinte geschrieben stand: »Lies bitte. Es geht um Fela!« Und Titine hatte gelesen. Sie hatte nicht nur gelesen, sondern die Worte leise vor sich hin gesprochen, als gewännen sie dadurch an Glaubwürdigkeit. »Fela ist tot«, stand da. »Wir alle trauern mit dir.« Und Titine hatte gewusst, dass das eine Lüge war, dazu erdacht, sie zurück in die Arme der Familie zu treiben. Fela war nicht tot. Genauso wenig, wie sie tot war, auch, wenn sie sich so fühlte. Eines Tages würde er sie finden. Eines Tages würde alles gut werden. Und bis dahin blieb sie hier, wartete und nähte in jedes Stoffstück ihre Sehnsucht mit hinein.
    Es klopfte an der Werkstatttür. Titine erhob sich und öffnete. Vor ihr stand Cesare, ein Kreole, der in der Nachbarschaft einen Baumwollhandel betrieb.
    »Guten Tag, Doña Titine«, grüßte er mit einem Lächeln.
    Und Titine lächelte zurück. »Sie sollen mich doch nicht immer Doña nennen«, schalt sie ihn mit einem Lachen. »Es ist lange her, dass ich so genannt wurde.«
    Cesare verbeugte sich leicht. »Wenn Sie keine Doña sind, Titine, dann weiß ich nicht, wer eine ist. Hier!«
    Er schwang einen Korb in der Hand, randvoll gefüllt mit duftenden Orangen. »Die sind für Sie.«
    »Aber Cesare, wir haben schon so oft darüber gesprochen. Das sollten Sie nicht tun.«
    »Mich ein wenig um Sie kümmern? Gott im Himmel, sobald ich hier jemanden sehe, der das an meiner statt tut, werde ich leise weinend verschwinden. Aber Sie sind zu blass und zu dünn. Fragen Sie Grazia, Orangen können da Wunder bewirken.« Er zwinkerte ihr übermütig zu.
    Titine nahm den Korb und dankte Cesare. Sie ließ es zu, dass er sie bewundernd betrachtete. Ja, dachte sie. Ich bin noch jung, ich bin noch einigermaßen schön. Es gibt durchaus noch Männer, die mich wollen. Dann seufzte sie.
    »Was ist?«, fragte Cesare besorgt. »Habe ich Sie erschreckt?«
    Titine schüttelte den Kopf. »Nein, das haben Sie nicht. Ich musste nur an etwas denken.«
    Cesare setzte sich auf die Bank, die neben der Werkstatttür stand und auf der Titine sich manchmal, das Gesicht der Sonne entgegengestreckt, ausruhte.
    »Setzen Sie sich zu mir und erzählen Sie mir, woran Sie gedacht haben.«
    Titine schüttelte den Kopf. »Ich habe Arbeit. Heute Nachmittag soll ein Kleid fertig werden. Wenn ich den Tag verplappere, dann schaffe ich es nicht.«
    Cesare erwiderte nichts, sondern schlug mit der Hand weiter auf die Bank. »Na, kommen Sie schon. Setzen Sie sich

Weitere Kostenlose Bücher