Sterne einer Sommernacht
noch immer. Joe Dolin hatte sie völlig vergessen.
Devin arbeitete den Rest des Tages wie ein Besessener, und am nächsten Tag war es nicht besser. Er trieb seine Deputys fast zum Wahnsinn und machte sich dann auf den Weg zur Farm in der Absicht, seinem jüngeren Bruder dieselbe Güte zu erweisen.
Natürlich fuhr er nur hinaus, um zu arbeiten, wie er sich ein ums andere Mal versicherte. Einige Kühe sollten in den nächsten Stunden kalben. Als er ankam, war es bei der ersten Kuh bereits so weit, und seine Hilfe war höchst willkommen.
Nachdem es schließlich vorbei war und das Kälbchen auf seinen dünnen, wackligen Beinen stand, war Devin fix und fertig.
Er beobachtete seinen Bruder staunend. Das Kälbchen zur Welt zu bringen war eine anstrengende Sache gewesen, und immer noch war kein Ende der vielen Arbeit abzusehen. Jetzt musste der Stall geschrubbt werden, frisches Heu war vonnöten, und vor allem durfte man das neugeborene Kalb während der nächsten Stunden nicht aus den Augen lassen.
Und dennoch pfiff Shane, knietief im Mist watend, vergnügt vor sich hin.
Seine grünen Augen, die um einen Ton dunkler waren als die von Devin, wirkten verträumt. Er sah unverschämt gut aus, sogar für einen MacKade.
Und er war der Jüngste, was bedeutete, dass er von seinen älteren Brüdern eine Menge hatte einstecken müssen.
Das Pfeifen machte Devin rasend. Er erwog ernsthaft, seinem kleinen Bruder einen Denkzettel zu verpassen. „Warum zum Teufel hast du eigentlich so gute Laune?”
„Weil ich eben ein wunderschönes, gesundes Kalb zur Welt gebracht habe.” Obwohl sich das Tier heftig zur Wehr setzte, schaffte es Shane, seinen Kopf ruhig zu halten, um Augen und Ohren zu inspizieren. „Da hat die Mama echt gute Arbeit geleistet. Sollte ich darüber vielleicht nicht glücklich sein?”
„Sie hat mir verdammt noch mal fast den Arm gebrochen.”
„Dafür kann sie nichts”, verteidigte Shane die Kuh sachlich.
„Schon gut, schon gut. Hier sieht’s aber aus wie im Saustall.”
„Eine Geburt ist eben keine sterile Angelegenheit.” Shane rieb sich seine verdreckten Hände an der nicht minder verdreckten Hose ab. Dann lehnte er sich gegen die Stalltür. „Allerdings hatte ich die schwache Hoffnung, dass sich dabei deine Laune etwas heben würde.” Seine Lippen verzogen sich zu einem großspurigen, selbstzufriedenen Grinsen – ein Grund mehr für Devin, in Erwägung zu ziehen, ihm einen Kinnhaken zu verpassen.
„Ärger mit einer Frau?”
„Ich hab nie Ärger mit Frauen.”
„Genau. Ich kann dir auch sagen, warum. Weil du nämlich so gut wie nie eine Frau hast – eine Schande für die gesamte MacKade-Sippschaft, mein Lieber. Warum versuchst du’s nicht mal mit einer von meinen? Ich hab eh viel zu viel, ehrlich. Weißt du, wen ich dir wärmstens ans Herz legen könnte? Frannie Spader. Tolles Mädchen, wirklich. Lange rote Locken und einen Körper, der jeden Mann um den Verstand bringen kann. Schätze, das ist bei dir schon ziemlich lang her, stimmt’s?”
„Ich such mir meine Frauen selber. Glaubst du vielleicht, ich bin auf deine ausrangierten angewiesen?”
„Da will man schon mal brüderlich teilen …” Er schlug Devin, der am Waschbecken stand und sich die Hände wusch, kräftig auf den Rücken und schnappte sich die Seife. „Aber wenn du selbst nicht so verdammt brüderlich wärst, könntest du’s ja vielleicht mal mit der kleinen Cassie …”
Es waren sowohl Devins Reaktionsschnelligkeit als auch Shanes Verblüffung daran schuld, dass der Kinnhaken Shane mit voller Wucht traf und ihn sogleich zu Boden schickte. Er landete hart und schüttelte benommen den Kopf.
Sie waren beide gleich stark und wussten genau, welche Tricks der jeweils andere am liebsten anwandte. Knurren vermischte sich mit Stöhnen und Zähneknirschen, als sie ineinander verklammert über den dreckigen Zementboden rollten.
„Um Himmels willen. Müssen sie sich schon wieder prügeln?”
Die beiden Kämpfer registrierten die weibliche Stimme, in der tiefe Missbilligung lag, kaum. Shane schaute gerade lange genug auf, um für diese Unachtsamkeit von Devin mit einer aufgeplatzten Unterlippe bestraft zu werden, und beantwortete diese Unfreundlichkeit mit einem heftigen Faustschlag auf Devins Nase, die gleich darauf anfing, heftig zu bluten.
„Aber Schatz, sie haben doch anscheinend eben erst angefangen.”
„Also wirklich, Rafe. Ich bitte dich.” Mit einem schweren Seufzer verlagerte Regan das Gewicht des
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