Sterne einer Sommernacht
Schaut nur, zwei Welpen hat sie schon!”
Nachdem alles gut überstanden war, die Geburten – Ethel hatte sechs gesunde Hündchen in die Welt gesetzt –, die Reinigungsarbeiten, das Kochen und das Feiern, fuhr Devin in die Stadt zurück. Er fühlte sich zu rastlos, um noch länger auf der Farm zu bleiben. Obwohl er ein langes Bad genommen hatte, war er noch immer nicht in der Lage, sich richtig zu entspannen.
Als er am Inn vorbeifuhr, drosselte er für einen Moment die Geschwindigkeit. Im ersten und zweiten Stock brannte noch Licht. Devin machte ein finsteres Gesicht, drückte das Gaspedal wieder durch und raste auf das Städtchen zu.
Bestimmt würde sie ihm nicht so leicht vergeben. Sein Verhalten war unentschuldbar. Er war roh und fordernd gewesen, wo sie doch nichts mehr brauchte als Verständnis und Zärtlichkeit.
Kein Wunder, dass sie ihn angeschaut hatte, als habe er den Verstand verloren, die Augen weit aufgerissen vor Schreck, die schön geschwungenen Lippen zitternd.
Irgendwie würde er es wiedergutmachen, irgendwann. Er war es schließlich gewohnt zu warten, oder etwa nicht? Schließlich wartete er schon fast sein halbes Leben.
Joe Dolin wartete ebenfalls. In seiner Zelle war es dunkel, aber er schlief nicht. Er plante. Er wusste, dass die meisten Leute der An sieht waren, er sei nicht besonders schlau, doch er würde ihnen das Gegenteil beweisen. Bald schon. Sehr bald. Er hatte im Gefängnis gelernt, wie man das Spiel spielen musste.
Er war bereit, sein Bestes zu geben, mimte den Demütigen, den Zerknirschten, solange es ihm nur nützte.
Devin MacKade hatte geglaubt, ihn fertigmachen zu können, doch er hatte sich getäuscht. Oh ja, er, Joe, würde es ihm schon noch heimzahlen.
Nicht mehr lange, und er würde ihm die Rechnung dafür präsentieren.
Aber zuerst war Cassie an der Reihe. Sie hatte ja nichts Besseres zu tun gewusst, als zu den MacKades zu rennen und dort ihre schmutzige Wäsche zu waschen. Dabei war es seine, Joes, Privatangelegenheit, in die kein Außenstehender seine Nase hineinzustecken hatte.
Ein Mann hatte schließlich das Recht, seine Frau zur Räson zu bringen, wenn sie nicht parierte, oder etwa nicht? Cassie jedenfalls war auf anderem Wege nicht beizukommen gewesen. Sie brauchte einfach ab und an eine Tracht Prügel.
Daran änderte auch dieser lächerliche Scheidungswisch nichts. Sie war seine Frau, sein Eigentum, und er würde sie in Kürze wieder daran erinnern.
Bis dass der Tod uns scheidet, dachte er und lächelte in die Dunkelheit.
4. KAPITEL
D er Beginn der Parade am Memorial Day war für zwölf Uhr mittags angesetzt – was bedeutete, dass die Feierlichkeiten zwischen zwölf und Viertel nach zwölf mit den üblichen Reden und den Kranzniederlegungen vor dem Kriegerdenkmal auf dem Marktplatz beginnen würden.
Sein Amt als Sheriff erforderte es, dass Devin die ganze Zeit über anwesend war. Er war froh darüber, auf diese Weise konnte er sich wenigstens ablenken. Auch dass er zur Feier des Tages eine Uniform tragen musste, störte ihn nicht besonders, es gab sowieso nur ein paar Tage im Jahr, an denen er sich dazu gezwungen sah, sich in den khakifarbenen Anzug, die Krawatte und die blank polierten schwarzen Schuhe zu werfen.
Bereits um acht Uhr morgens war er geschniegelt und gebügelt auf der Straße. Doch er war nicht der Erste. Allerorten wimmelten schon festlich gestimmte Bürger, Gartenstühle und Kühlboxen unter den Arm geklemmt, herum, um sich die besten Plätze am Straßenrand zu sichern.
Die meisten Geschäfte hatten heute geschlossen, aber auf Ed war Verlass. Devin war sicher, dass er auch heute wie gewohnt sein Frühstück bei Edwina Crump bekommen würde.
Er schlenderte den Bürgersteig hinunter in der Gewissheit, noch eine gute Stunde Zeit zu haben, ehe er sich daranmachen musste, die Standgenehmigungen für die Stände mit Eiskrem, Luftballons und Hot Dogs zu überprüfen.
Der Sommer hatte offensichtlich beschlossen, am Memorial Day seinen Einstand zu geben. Es war jetzt schon brütend heiß, und Devin zerrte unbehaglich an seinem Uniformkragen.
Wenn das so weiterging, würde sich wahrscheinlich zu Mittag der Straßenbelag aufgelöst haben. Devin hoffte, die kleinen Mädchen, die sich gerade daranmachten, auf Decken allen möglichen Krimskrams, den sie verkaufen wollten, auszubreiten, waren seelisch darauf vorbereitet.
Obwohl Feiertag war, herrschte bei Ed’s Hochbetrieb. Als er das Café betrat, stieg ihm der Duft von gebratenem Speck und
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