Sterne einer Sommernacht
Porzellanpüppchen. Aber sie war mittlerweile schon fast sieben, und bald schon würde sie zu schwer sein, um auf den Arm genommen zu werden. Devin seufzte und drückte sie kurz an sich.
„Warum bist du denn traurig?”, fragte sie und sah ihn mit großen Augen an.
„Ich bin nicht traurig”, gab er zurück. „Ich hab nur daran gedacht, dass du mir bald über den Kopf wachsen wirst. Was hältst du von einem Eis?”
„Au ja. Eine rosa Kugel, bitte.”
„Okay, eine rosa Kugel also”, stimmte er lachend zu, setzte sie ab und marschierte Hand in Hand mit ihr zum Eisstand, wo er zwei Kugeln kaufte.
Dann setzte er sich mit ihr ins Gras und schaute den Baseballspielern zu.
„Los, raff dich schon auf, Dev!”, schrie Rafe, der seinen Bruder entdeckt hatte. „Spiel mit!”
„Ich rühre mich nicht von der Stelle. Schließlich hab ich nicht jeden Tag so ein hübsches Mädchen an meiner Seite.”
„Mama sagt auch, dass ich hübsch bin.”
Er lächelte Emma zu und fuhr ihr liebevoll durchs Haar. „Das bist du wirklich.”
„Mama aber auch.”
„Und wie.”
Emma kuschelte sich an ihn, sie wusste, dass er dann den Arm um sie legen würde, genau so, wie sie es gern hatte. „Sie weint fast gar nicht mehr.” Hingebungsvoll leckte sie an ihrem Eis, ohne zu bemerken, wie Devins Körper sich anspannte. „Früher hat sie ständig geweint, die ganze Nacht. Aber jetzt nicht mehr.”
„Das ist schön”, gab er einsilbig zurück.
„Und bald bekommen wir von Ed ein kleines Kätzchen, und wir wohnen in einem ganz neuen Haus, wo niemand rumschreit und Geschirr zerdeppert oder Mama haut. Connor spielt jetzt Baseball und schreibt Geschichten, und ich darf Lucy mit nach Hause bringen und in meinem Zimmer mit ihr spielen. Ich hab ganz tolle Vorhänge gekriegt, mit kleinen Hündchen drauf, und neue Schuhe, da, schau mal.” Stolz streckte Emma die Beine aus und zeigte Devin ihre pinkfarbenen Sneakers.
„Sie sind wirklich schön.”
„Und das ist alles nur deswegen, weil du den bösen Mann weggejagt hast. Connor hat gesagt, dass du ihn eingesperrt hast, damit er Mama nicht mehr hauen kann.” Sie schaute ihn treuherzig an, das Mündchen verklebt mit Erdbeereis, die Augen groß und klar. „Ich hab dich lieb.”
„Oh, Emma, Süße …” Statt seinen Satz zu vollenden, wühlte er sein Gesicht kurz in ihre seidenweichen Locken. „Ich hab dich auch lieb. Du bist mein liebes kleines Mädchen.”
„Ich weiß.” Sie spitzte ihre roten Lippen und schmatzte ihm einen klebrigen Kuss auf die Wange. „Ich muss jetzt wieder zu Lucy. Sie ist nämlich meine beste Freundin, musst du wissen.” Damit sprang sie auf.
„Und danke für das Eis.” Sie lächelte das Lächeln ihrer Mutter, winkte ihm noch einmal kurz zu und stürmte dann davon.
Devin sah ihr hinterher und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht.
Rafe forderte ihn ein zweites Mal zum Mitspielen auf, und diesmal ließ sich Devin, froh über die Ablenkung, nicht umsonst bitten.
Savannah beobachtete von ihrem Platz aus den wie aus dem Ei gepellten Rechtsanwalt Jared MacKade, der in ein eingehendes Gespräch mit dem Bürgermeister vertieft war, während seine Brüder übermütig wie junge Fohlen herumtobten und jeden anschrien, der ihnen bei ihrem Spiel in die Quere kam.
„Ich liebe Picknicks”, bemerkte Savannah.
„Hmm … Ich auch.” Regan streckte sich. „Sie sind so entspannend.” Sie lächelte Cassie an, die sich mittlerweile ebenfalls zu ihnen gesellt hatte.
„Bleib ganz ruhig”, sagte sie, weil Cassie aufgrund der Schreierei, die sich die drei Brüder lieferten, zusammengezuckt war und nun wie schützend die Arme um sich legte. „Sie meinen es nicht so.”
„Ich weiß.” Cassie nahm sich vor, in Zukunft nicht so überempfindlich zu sein. Die MacKades waren eben ein rauer Haufen. Dennoch legte sie ihre Arme noch fester um sich, als sie jetzt sah, dass Bryan und Connor angesaust kamen und sich mit Feuereifer ebenfalls in die Schlacht warfen.
„Bleib ganz ruhig”, wiederholte Regan.
„Ja. Natürlich.”
Es war doch nur gut, dass Connor ganz im Gegensatz zu früher jetzt so aus sich herausging, schrie und herumtobte wie alle anderen Jungen in seinem Alter auch, oder etwa nicht? Er war viel zu lange viel zu still gewesen. Zu verängstigt, dachte sie schuldbewusst. Doch nun wurde er von Tag zu Tag lebhafter, und sie durfte ihn durch ihre Ängstlichkeit keinesfalls bremsen. Jetzt sagte Devin irgendetwas zu ihm, was ihn ganz besonders zu freuen
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