Sterne einer Sommernacht
Träume hinüber. Irgendwie war er vom Heufeld vor ihre Schlafzimmertür gekommen. Cassie? Nein, das war nicht Cassie.
Abigail. Liebe und Verlangen erwachten in ihm. Warum sah sie nicht, dass sie ihn ebenso brauchte wie er sie und mit ihm gehen musste? Wollte sie ewig so sitzen bleiben, die gefalteten Hände in den Schoß gelegt, und blicklos ins Weite starren?
Es erschien ihm, dass nichts, was er sagen könnte, sie überzeugen würde, mit ihm zu kommen. Nein, sie würde sich weiter vor ihm verschließen und alles von sich weisen, das er ihr anbot.
Zorn vermischte sich mit Liebe und Verlangen. Er war es müde, wie ein Bittsteller vor ihr zu stehen, den Hut in der Hand.
„Noch einmal bitte ich dich nicht”, sagte er ihr. Sie schaute ihn nur schweigend an. „Ich werde nicht mehr zu dir kommen, nur damit du mir wieder mein Herz brechen kannst. Ich habe lange genug gewartet. Wenn es denn sein muss, gehe ich allein weg. Ich werde Antietam verlassen. Ich kann hier nicht leben in dem Bewusstsein, dass du ganz in meiner Nähe bist und doch außerhalb meiner Reichweite. Ich werde das bisschen, was von meinem Leben noch übrig ist, zusammenraffen und so schnell wie möglich von hier verschwinden.”
Wieder sagte sie nichts, und er wusste, das war das Ende. Er drehte sich um und ging. Ihr Weinen begleitete ihn bis hinunter auf die Straße.
Cassie stand vor dem Schreibtisch und schlang den Riemen ihrer Handtasche um ihre Finger. Sie hatte nicht damit gerechnet, ihn schlafend vorzufinden, und wusste jetzt nicht, ob sie ihn wecken oder sich besser leise wieder davonmachen sollte.
Von ihm ging nichts Friedvolles aus. Sein Gesicht wirkte angespannt, selbst jetzt im Schlaf, und seine Lippen bildeten eine dünne, harte Linie. Sie wünschte, sie hätte den Mut, die Falten, die von seinen Nasenflügeln zu den Mundwinkeln hinabliefen, zu glätten und ihn dazu zu bringen zu lächeln.
Es war das alte Problem. An Mut hatte es ihr stets gemangelt.
Als er unerwartet die Augen öffnete, zuckte sie zusammen wie ein erschreckter Hase. „Entschuldige. Ich wollte dich nicht wecken.”
„Ich habe nicht geschlafen.” Zumindest glaubte er das. Sein Kopf war vernebelt von Rosenduft, und einen Moment lang bildete er sich ein, dass sie das lange blaue Kleid mit dem Spitzenkragen trug.
Was natürlich völliger Unsinn war. Sie hatte wie immer eine ordentlich gebügelte Bluse und Slacks an. Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar.
„Ich habe mir nur ein paar Dinge durch den Kopf gehen lassen. Beruflicher Kram.”
„Wenn du zu tun hast, kann ich …”
„Was willst du, Cassie?”
„Ich …” Er war noch immer böse. Sie hatte es nicht anders erwartet, war darauf vorbereitet. „Ich muss dir ein paar Sachen sagen.”
„Okay. Schieß los.”
„Ich weiß, dass ich dich verletzt habe und dass du wütend auf mich bist.
Du willst, dass ich mich nicht entschuldige. Es macht dich krank, wenn ich es tue, also werde ich es nicht tun.”
„Fein. Warum machst du mir nicht einen Kaffee?”
„Oh, ich …” Sie hatte sich bereits umgedreht und die Hand nach der Kaffeekanne ausgestreckt, als ihr aufging, was zu tun sie im Begriff stand.
Sie holte tief Atem, wirbelte herum und sah ihn an. „Nein.”
„Nun, das ist immerhin etwas.”
„Ich bin daran gewöhnt, Menschen zu bedienen.” Jetzt wurde sie wütend, was ihr nicht ungelegen kam, aber es war doch etwas, mit dem sie schlecht umgehen konnte. „Wenn es dich stört, kann ich dir auch nicht helfen. Vielleicht gefällt es mir ja, Leute zu bedienen, was weißt du schon?
Mag sein, dass ich mir dann nützlicher vorkomme.”
„Ich will aber nicht, dass du mich bedienst.” Ihm entging nicht, dass sie wütend war. Ihre Augen sprühten regelrecht vor Zorn, und er war fasziniert, als er es sah. „Ich will nicht, dass du dich mir verpflichtet fühlst.”
„Nun, irgendwie tue ich das aber. Ich kann nichts dagegen machen. Und die Tatsache, dass das so ist und dass ich dir obendrein auch noch dankbar bin … schrei mich nicht wieder an, Devin.”
Beeindruckt von ihrem bestimmten Tonfall machte Devin den Mund zu.
Einen Moment später öffnete er ihn wieder und sagte: „Würde ich aber gern.”
„Dann warte zumindest, bis ich zu Ende geredet habe.” Eigentlich ist es gar nicht so schwer, dachte sie. Fast so wie mit den Kindern. Du musst nur hart, aber fair bleiben und darfst dich nicht ablenken lassen. „Ich habe gute Gründe, mich dir verpflichtet zu fühlen und dir dankbar zu
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