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Sterne im Sand

Sterne im Sand

Titel: Sterne im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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ausgesprochen, und Nioka war stolz. Sie fühlte sich akzeptiert.
    »Ja, Missus.«
    »Ist es ein kleiner Ort? Vielleicht zu klein, zu unbedeutend, um auf dieser Karte zu stehen? Wir müssen es noch einmal versuchen. Kennst du noch eine andere Stadt da draußen?«
    Der Kinder seufzten, als Nioka den Kopf schüttelte. Die Frau aber sah sich einer Herausforderung gegenüber, die ihr ganzes Wissen verlangte, und würde nicht aufgeben, schon gar nicht vor Zeugen, die es ihrem Mann weitererzählen könnten, der doch so fest an sie glaubte.
    »Ich sage dir was. Ich lese dir jetzt ein paar Städtenamen vor, und du sagst mir, ob bei dir etwas klingelt.«
    Nioka wußte nicht genau, woher das Klingeln wohl kommen sollte, verstand aber, was von ihr verlangt wurde. Die Missus beugte sich über die Karte und las Namen vor.
    Bei ihren Reisen hatte Nioka bemerkt, daß sie viel mehr Englisch verstand, als sie vermutet hatte. Auf Springfield hatte sie die Ohren vor der Sprache der Weißen verschlossen und vor allem in Minnies Gegenwart vorgegeben, sie nicht zu verstehen.
    Doch nun war sie völlig hilflos, als ihr die Missus willkürlich einzelne Namen an den Kopf warf.
    »Maryborough. Sandgate. Redcliffe …«
    Sie sagten ihr gar nichts, doch als Gympie erwähnt wurde, meinte sie, einen Kommentar abgeben zu müssen.
    »Stechender Baum«, übersetzte sie beflissen.
    »Was? Ist das der Ort?« fragte die Missus erwartungsvoll.
    »Nein.«
    »Ist das die Bedeutung des Namens?«
    »Ja.«
    »Na so was! Wie steht es denn mit dem hier – Gyandah?«
    »Donner«, erwiderte Nioka grinsend. Damit begann ein neues Spiel.
    Yarraman hieß Pferd. Kingaroy rote Ameisen. Nambour war die Keulenlilie, Bundaberg die Heimat des Bunda-Volkes. Mrs. Omeara klatschte vor Freude in die Hände. Das konnte sie nicht aus Büchern lernen. Sie würde die Namen später aufschreiben. Dann suchte sie aus Spaß weitere einheimisch klingende Begriffe heraus, wobei sie den eigentlichen Zweck der Suche vorübergehend vergaß.
    »Maroochy?«
    »Schwarzer Schwan.«
    »Indooroopilly?«
    »Viele Blutegel im Bach.«
    »Mareeba?«
    »Weiß nicht, andere Sprache.«
    »Toowoomba?«
    »Großer Sumpf. Wasser unter Erde.« Sie hätte es beinahe übergangen, so vertieft war sie in das Spiel. »Das ist die Stadt, Toowoomba! Große Stadt. Boß Broderick reitet oft dorthin. Viele Leute da.«
    »Gott sei Dank, wir kommen der Sache näher! Sieh mal, genau hier ist es. Wie weit ist die Farm von Toowoomba entfernt?«
    Nioka maß Entfernungen nur in Tagesmärschen und war zudem noch nie in Toowoomba gewesen, hatte nur davon gehört. Sie zerbrach sich den Kopf und gab eine Schätzung ab, um nicht unwissend zu erscheinen.
    »Drei Tage«, verkündete sie unbekümmert.
    »Drei Tage, das ist ein langer Marsch. Und von hier aus ist es noch weiter. Bin selbst nie dagewesen, es ist ein paar hundert Meilen entfernt.« Mrs. Omeara grinste, stolz auf ihren Erfolg. »Da draußen gibt es Schaffarmen, da hast du schon recht, aber du hast dich gehörig verlaufen. Wir müssen meinen Mann fragen, was da zu tun ist.«
    Nioka hatte sich eher im Geiste als räumlich verlaufen, weil sie auf der Suche nach den Jungen verzweifelt durch die Labyrinthe der Straßen und Gassen geirrt war. Die Angst hatte sie davon abgehalten, Weiße nach dem Weg zu fragen. Angst, man würde ihre Suche verdächtig finden und die Jungen nur noch besser im Gewirr der Städte verbergen.
    Nun aber wurde sie angesteckt von der Aufregung, die in dieser Familie herrschte, als sie am nächsten Morgen auf den heimkommenden Mann zustürzten und verkündeten, daß sie Niokas Heimat gefunden hatten.
    Er strahlte die Kinder an. »Hab’ ich nicht immer gesagt, eure Mutter ist eine bemerkenswerte Frau?«
    Sie sprachen mit Nioka über Springfield, stellten Fragen, da noch keiner von ihnen je eine Schaffarm gesehen hatte, und wollten eifrig hinzulernen. Sie beantwortete ihre Fragen so gut sie konnte. Ja, großes Haus, viel Land. Viele, viele Schafe. Auch Känguruhs?
    Nioka grinste. »Viele Känguruhs. Und auch Wallabies, die kleinen.« Mit der Tierwelt kannte sie sich weit besser aus und hielt damit ihre Zuhörer in Bann.
    »Dieses Leben muß herrlich sein«, seufzte die Missus. »Wir müssen irgendwie dafür sorgen, daß du nach Hause kommst.«
    Nach Hause? fragte sich Nioka. Ein Zuhause war es wohl kaum, doch die Begeisterung wirkte ansteckend, und sie konnte es nicht erwarten, nach Springfield zurückzukommen. Vielleicht war es ja ein Zeichen.

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