Sterne im Sand
Austins Verfügungen eingehalten werden. Darüber hinaus drohen sie mir damit, meinen Unterhalt auszusetzen, wenn ich nicht klein beigebe.«
»Guter Gott«, sagte Fern. Kein Wunder, daß sich ihre Schwägerin in einem derartigen Zustand befand. »Charlotte, wenn du Geld brauchst, helfe ich dir gerne aus.«
»Ein Darlehen würde nur das Unvermeidliche hinauszögern«, erwiderte Charlotte. »Aber ich danke dir für das freundliche Angebot.«
»Möchtest du vielleicht zu mir ziehen?«
»Danke, nein. Sollen sie mir doch den Unterhalt sperren, wenn sie es wagen!«
»So ist es richtig. Laß dich nur nicht unterkriegen. Aber jetzt muß ich wirklich gehen. Ruh dich aus, und morgen ißt du bei mir zu Abend. Wir werden ganz unter uns sein, so daß niemand die beiden Broderick-Witwen angaffen kann. Versprich mir, daß du kommst.«
»Na ja, warum nicht.«
Fern mußte sich mit dieser wenig begeisterten Zusage begnügen. Als sie gegangen war, vertiefte sich Charlotte in neue Überlegungen. Anscheinend war Fern Broderick ihre einzige Freundin – nie hätte sie gedacht, daß ausgerechnet ihre Schwägerin, die so gut mit Austin gestanden hatte, ihre Ansichten teilen würde. Und nun hatte sie ihr sogar finanzielle Hilfe angeboten. Obwohl Charlotte die Vorstellung, sich Geld zu leihen, entsetzlich fand, war der Gedanke an diesen Rückhalt durchaus beruhigend.
Am nächsten Abend kam es bei einem köstlichen Essen und hervorragenden Weinen zu einem richtigen Gespräch zwischen den beiden Frauen.
Diesmal stellte Fern die Fragen, um sich ein genaues Bild von der Situation machen zu können, und Charlotte gab scheu die Antworten. Fern war empört, als sie erfuhr, daß der Anwalt ihre Schwägerin darauf hingewiesen hatte, daß sie kein Geld für einen Prozeß habe.
»Natürlich hast du das«, verkündete sie galant. »Ich werde seine Rechnung bezahlen. Das kannst du ihm ruhig von mir ausrichten.«
Charlotte schüttelte den Kopf. »Das wäre reine Geldverschwendung. Allem Anschein nach kann ich nur verlieren.«
»Und was geschieht als nächstes? Kann Harry nicht noch einmal mit seinen Brüdern reden?«
»Sie sprechen nicht mehr miteinander.«
»Du lieber Himmel! Austin würde sich im Grab herumdrehen, wenn er das wüßte.«
»Ach ja?« fragte Charlotte wütend. »Er trägt doch die Schuld an allem.«
Fern nahm einen Schluck Wein. »Keineswegs. Er hat niemals wirklich geglaubt, er könne sterben. In seiner Vorstellung war er auf ewig der Boß und alles ging immer so weiter wie bisher.«
»Dafür kann ich mir nichts kaufen.«
»Ich wünschte, ich hätte eine bessere Antwort für dich. Ich fühle mich so hilflos und kann deine Enttäuschung gut verstehen. Du brauchst nicht nach Springfield zurückzukehren. Du kannst, wie ich schon sagte, bei mir wohnen.«
»Ich will aber zurück, das ist ja das Problem. Ich habe schreckliches Heimweh, Fern. Ich sehne mich nach meinem Zuhause.«
Charlotte konnte sich nicht erinnern, wann sie zuletzt einen Abend so genossen hatte. Als Ferns Kutscher sie am Hotel absetzte, war sie leicht beschwipst. Und wenn schon, sie und ihre Schwägerin hatten sich bestens amüsiert. Sie hatten Champagner, Wein und Portwein getrunken und Charlottes elende Situation betrauert. Beim nächsten Glas Portwein hatten sie sogar Zigarren geraucht und sich albernem Gelächter hingegeben.
»Wenn mich Louisa so sehen könnte, würde sie glatt in Ohnmacht fallen!« hatte Charlotte ausgerufen.
»Wie ist es denn mit Louisa?« fragte Fern mit dem Hintergedanken an eine mögliche Verbündete.
»Louisa? Sie steht immer hinter Victor. Außerdem, wer würde sich schon darum reißen, seine Schwiegermutter im Haus zu haben? Ich wette, sie hofft, daß ich auf Dauer fortbleibe.«
Fern seufzte. »Warum können wir Frauen nicht zusammenstehen und uns gegenseitig unterstützen?«
»Weil es immer nur einen Boß geben kann. Das werden Victor und Rupe noch früh genug erfahren.«
Das war vielleicht ein Abend gewesen!
Charlotte Broderick schaffte es gerade noch, würdevoll in ihr Zimmer zu gelangen. Dort angekommen, ließ sie sich in einen Sessel fallen.
Morgen war ein neuer Tag, und mit etwas Glück und Ferns Geld würde es ihr vielleicht doch noch gelingen, als Siegerin aus diesem Streit hervorzugehen.
Fern ihrerseits konnte es kaum glauben, daß Austins Söhne sich nicht mit ihrer Mutter einigen konnten. Möglicherweise hatte Charlotte, die nicht gerade für ihr Taktgefühl berühmt war, ja selbst zu diesem Bruch
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