Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sterne im Sand

Sterne im Sand

Titel: Sterne im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
Vom Netzwerk:
neben denen er noch für kurze Zeit als Sterblicher weilen durfte
    Moobuluk wäre gern zurückgekehrt, um an den Lagerfeuern zu sitzen und den Menschen Hoffnung zu schenken, ihnen zu sagen, daß er sie und ihre Kinder im Traum hatte lächeln sehen. Das Leben auf der Erde bedeutete Mühsal, wie Sturm und Unwetter, Hochwasser und Hungersnöte. Es ging vorüber. Er spürte neue Energie in sich. Sein Körper fühlte sich geschmeidig und leicht an; unter der glatten, schwarzen Haut zeichneten sich die Muskeln ab, während er mit dem Dingo die Farm erforschte. Er wollte Spinner nach den Kindern fragen, fand ihn aber nicht. Auch keine Spur von den Kindern. Er besuchte das alte Grab des Mannes, der Kelly geheißen hatte. Es war von einem Metallzaun umgeben. Daneben entdeckte er ein zweites Grab, das von Boß Broderick.
    Verwirrt wanderte Moobuluk weiter. Nur Victor und seine Missus lebten noch im Haus, zusammen mit den Dienstboten. Die Boß-Missus, die Charlotte hieß, war nicht mehr da, das gleiche galt für Teddy.
    »Vermutlich haben sie ihn zur Schule geschickt«, sagte er zu seinem Hund. »Wie unsere Jungen.«
    Als er lautlos über das Anwesen glitt, konnte er das Unglück förmlich riechen. Als wäre der Ort von Teufeln besessen. Die Männer arbeiteten nicht, hingen nur untätig herum. Sogar die Pferde, die weiße Männer verstehen wie Dingos die Aborigines, wirkten freudlos und reizbar. Sie wichen ängstlich zurück, als er sich ihnen näherte.
    Er ging zum Fluß, wo er schweigende Zwiesprache mit den Vögeln hielt, die er so gut kannte. Er lauschte dem Geplapper der Kakadus, von denen Hunderte wie prächtige, weiße Blüten auf den hohen Ästen thronten.
    Dann sah er die Brolgas kommen. Ein riesiger Schwarm, mehr als er je zuvor auf einmal gesehen hatte, und sein Herz war von Freude erfüllt, als sie über ihm kreisten und laut ihre Ankunft verkündeten, als wollten sie alle anderen Vögel warnen: »Platz da! Platz da!«
    Hier endete ihre Rückreise aus den fernen Ländern. Sie hatten es nicht eilig, schwebten auf den warmen Luftströmungen herab, machten kehrt, stiegen wieder hoch in den Himmel und glitten auf der unsichtbaren Luftrutsche erneut herunter.
    Moobuluk lachte, als er sah, wie die königlichen Vögel mit Eleganz endgültig zur Landung ansetzten. Kleinere Artgenossen flatterten davon; kühnere Kakadus blieben noch da, beäugten sie unsicher, krächzten gereizt und zogen sich dann paarweise ebenfalls zurück.
    Ganze Schwärme von Brolgas stelzten auf ihren langen Beinen durchs Wasser und brachen in heisere Schreie aus, die bei weitem nicht so lieblich klangen wie ihr eindringlicher Gesang. Doch nun ging es um die Fortpflanzung, die jeden betraf. Die Geister hatten Moobuluk daran erinnert.
     
    Harry und Spinner waren die ganze Nacht hindurch geritten und hatten unterwegs mehrfach die Pferde gewechselt. Harry war erschüttert, als er von Teddys Tod im Fluß erfuhr. Jack Ballard, der ihn in den Ställen empfing, warnte ihn, daß weiteres Unheil bevorstand.
    »Victor droht, Rupe zu töten.«
    »Wieso?«
    »Weil er und seine Freundin Teddy mit zum Fluß genommen haben. Ohne es Louisa zu sagen.«
    »Wo ist Rupe jetzt?«
    »Drüben bei Jock.«
    Nachdem Harry die ganze Geschichte gehört hatte, war er den Tränen nahe. »Was hatten sie so weit vom Haus entfernt zu suchen?«
    »Sie wollten sich die Vogel ansehen.«
    »Ach so«, seufzte Harry. Auch er hatte sich früher stets auf die Rückkehr der Vögel gefreut. »Sind dieses Jahr viele Brolgas gekommen?«
    »Ein paar kamen vor einigen Monaten. Vermutlich war es ihnen dort, wo sie herkamen, zu trocken. Aber gestern ist ein großer Schwarm eingetroffen, Hunderte von Tieren.«
    »Schön zu hören. Nun, ich gehe besser ins Haus und sehe, was ich tun kann.«
    Wie erwartet, fand er Victor und Louisa niedergeschmettert vor. Sie wirkten nicht einmal erstaunt über sein Erscheinen.
    »Haben sie ihn inzwischen gefunden?« fragte Victor. »Ich wäre unten geblieben, mußte aber nach Louisa sehen, sie dazu bringen, wenigstens eine Tasse Tee zu trinken. Haben sie auch das andere Ufer abgesucht?«
    »Ja, Victor. Es tut mir leid. Es gibt noch keine Neuigkeiten.«
    Sein Bruder sah mitgenommen und verhärmt aus, die Augen waren rotverweint. »Wenn es nur ein Unfall gewesen wäre, könnte ich damit leben, aber sie waren dabei. Sie haben meinen Jungen mitgenommen …«
    »Dennoch war es ein Unfall«, warf Harry sanft ein.
    »Sie sind weg, oder? Rupe und Cleo, meine

Weitere Kostenlose Bücher