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Sterne im Sand

Sterne im Sand

Titel: Sterne im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Mißverständnissen gekommen. Cleo wußte, wie sehr ihre Tante sie liebte, aber Rupe tat es auch und verdiente eine zweite Chance.
    Deshalb hatte sie das Haus unter einem Vorwand verlassen. Sie mußte ihn suchen, ihm alles erklären und ihm sagen, daß sie ihn liebte.
    Sie sah auf die kleine goldene Uhr, die sie an einer Kette trug. Angeblich wurde er zum Mittagessen zurückerwartet, doch nun war es beinahe zwei Uhr. Sie ging zu den Gepäckträgern in der Halle und bat einen freundlichen Burschen nachzusehen, ob Mr. Broderick im Speisesaal sei.
    Sie erfuhr, daß er immer noch nicht eingetroffen war, und fragte den jungen Mann, ob er ihm die Nachricht aufs Zimmer bringen könne, daß eine Besucherin ihn im Lesezimmer erwarte.
    »Natürlich, Miss. Und wenn ich Mr. Broderick sehe, schicke ich ihn sofort zu Ihnen.«
    »Vielen Dank, das ist sehr freundlich.« Diesmal nahm sie in einem Sessel mit Blick zur Tür Platz. Ein Herr bot ihr eine Zeitung an, die sie ablehnte. Es gab so viel zu bedenken. Sie könnte Rupe in den Norden einladen, da sie ohnehin vorhatte, demnächst ihre Familie zu besuchen. Wie schön wäre es, mit ihm zusammen dorthin zu reisen. Als seine Braut. Sie hatte stets davon geträumt, ihrer Familie ihren Verlobten vorzustellen. Alle würden ihn mögen, da war sie ganz sicher.
    Die Stunden zogen sich endlos dahin, doch das Warten machte ihr wenig aus. Schließlich wußte Rupe ja nicht, daß sie kommen würde. Er hatte so viele Freunde in Brisbane, da konnte es schon mal später werden.
    Irgendwann wurde Cleo dann aber doch ungeduldig. Elegante, fürs Abendessen gekleidete Damen gingen an der Tür vorbei; die Pagen zündeten die Lampen an, im Foyer herrschte fieberhafte Aktivität. Sie würde ihren Wachposten aufgeben müssen, wenn sie sich nicht vollends lächerlich machen wollte. Schüchtern näherte sie sich der Rezeption, um noch einmal darum zu bitten, Rupe eine Nachricht zukommen zu lassen.
    »Würden Sie Mr. …« setzte sie an.
    Doch der Mann starrte sie wütend an und schnaubte: »Mr. Broderick ist nicht länger Gast in diesem Hause, Miss.«
    »Oh, das tut mir leid, Verzeihung«, stammelte sie und eilte hinaus. Wie schade, daß sie ihn verpaßt hatte. Wahrscheinlich war er nach Hause gefahren. Nun, sie konnte ihm schreiben; ohnehin würde es ihr auf diesem Wege leichter fallen, ihre Schüchternheit zu überwinden und ihm alles zu erklären.
    Sie nahm eine Pferdedroschke. In einem Brief würde sie es sogar wagen, ihm ihre Liebe zu gestehen. Noch war nicht alles verloren.
     
    Als das Schiff den Fluß verließ und Kurs auf Moreton Bay und den Norden nahm, hatte Rupe Cleo und Springfield bereits vergessen. Ihn interessierten weder die verschwindende Küste hinter ihm noch die anderen Goldsucher, die auf diesem Schiff fuhren. Er saß mit seinem Partner und einer Flasche Rum in einer Ecke des Salons und träumte von einer Zukunft in Reichtum. Sogar Lindsay verhielt sich still. Zwischen ihnen herrschte Frieden, der letzte Frieden, den Rupe je erleben würde. Daher war es nur gerecht, daß ihm dieses sanfte Zwischenspiel, die ruhige See, die laue Mondnacht vergönnt waren.
    Rupe genoß die Seereise nach Cairns und von dort aus nach Cooktown, die durch Gewässer führte, die im Schutz des Großen Barrier-Riffs lagen. Endlich war er frei von familiären Bindungen. Er wünschte, er könnte auf ewig sorglos durch dieses aquamarinblaue Wasser gleiten. Warum nur hatte er den Staub von Springfield nicht schon früher hinter sich gelassen? Dies hier war das wahre Leben.
    Er war kein Broderick mehr, mußte keinem Befehl mehr gehorchen. Er war nur ein Mann unter übermütigen Männern, bereit für das Abenteuer seines Lebens.
     
    Zunächst spürte er nur einen dumpfen Schlag im Rücken – bis Lindsay versuchte, den Speer herauszuziehen. Rupes Schrei hallte durch die Finsternis dieser furchtbaren Nacht. Er wollte etwas sagen, Lindsay befehlen, bis zum Morgen zu warten, da er sich mit Sicherheit verlaufen würde. Doch der arme, tapfere Lindsay zerrte seinen Körper weg von dem Pfad, tiefer ins Gebüsch, weil er dies für das Richtige hielt. Ihm fehlte jeglicher Orientierungssinn. Die Schwarzen waren weg. Kein Grund mehr zur Panik. Rupe dachte an Kelly, den Partner seines Vaters. Auch er war durch einen Speer umgekommen, aber auf noch schrecklichere Art und Weise. Das hier war gar nicht so schlimm. Er wollte Lindsay von Kelly erzählen, doch seine Stimme ging unter im Rauschen eines öligen Stromes, der über

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