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Sterne im Sand

Sterne im Sand

Titel: Sterne im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Harry schüttelte den Kopf, während ihm ganz allmählich die Tragweite dieser Szene aufging. Aus seiner Kehle drang nur ein Krächzen. »Was geht hier vor?«
    »Harry!« kreischte die Frau. Seine Frau. Connie.
    Der Mann stolperte aus dem Bett. Nackt. Er war tatsächlich splitternackt! In seinem Haus! Tastete nach seinen Kleidern. Harry war wie gelähmt. Er wollte eine Erklärung, einen Hinweis, wie er sich verhalten sollte, denn sein Körper war kraftlos und zitterte.
    Dann sagte der Mann etwas und stöberte in einer dunklen Ecke des geräumigen Zimmers herum. Harry verstand ihn nicht, erkannte aber im dämmrigen Licht Sam Ritter, der ihm seinen weißen Hintern entgegenstreckte.
    Harry explodierte. »Ihr Schweine!« brüllte er los und stürmte davon. Für einen couragierten Mann gab es in einer derartigen Lage nur eines: Er riß den Dielenschrank, auf, in dem er seine Waffen aufbewahrte, ließ die eleganten Gewehre links liegen, griff gleich nach einer doppelläufigen Schrotflinte mitsamt den Patronen und schlitterte über den blank gebohnerten Boden zurück ins Schlafzimmer. Unterwegs lud er die Waffe.
    Inzwischen waren beide halb angekleidet. Sam trug Hosen und Schuhe und knöpfte gerade sein Hemd zu. Sie war schon in ihr geblümtes Kleid geschlüpft, doch ihr Haar wirkte völlig zerzaust. Sieht aus wie ein Rattennest, dachte er. Die Assoziation paßte.
    »Raus aus meinem Haus, ihr verfluchten Ratten!«
    Sie duckte sich hinter die Frisierkommode aus Mahagoni mit dem großen Spiegel, die ihn ein Vermögen gekostet hatte. Sam blieb, taktisch geschickt, hinter dem Bett stehen. »Hör zu, alter Junge, ich kann dir alles erklären. Leg das Gewehr weg.«
    Ihre schrille, unnatürlich klingende Stimme wirkte wie ein Echo. »Bitte, Harry, leg das Gewehr weg. Sei nicht dumm.«
    »Wie kannst du es wagen, mich dumm zu nennen?« schrie er und richtete die Waffe nun auf sie. »Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe? Raus aus meinem Haus.«
    Sams Stimme klang betont ruhig. »Gut, ich gehe. Ich gehe ja schon. Du gibst mir den Weg frei, und ich gehe.«
    Über den nächsten Schritt hatte Harry noch gar nicht nachgedacht. Er war völlig verwirrt. Empört. Als er Regentropfen gegen das eiserne Dach klatschen hörte, freute er sich. Brisbane brauchte den Regen dringend. Er lauschte dem heftiger werdenden Prasseln, dem Wind, der an der losen Dachrinne rüttelte, die er schon vor Monaten hatte reparieren lassen sollen.
    »Wenn du mit dem Gewehr in den Salon gehst, verschwinde ich«, sagte Sam. »Wir können morgen über alles sprechen.«
    »Was?« Harry fühlte sich mit Gewalt in seinen Alptraum zurückgerissen. Seine Frau und sein bester Freund! Jetzt war er den Tränen nahe, entschied sich aber für Vergeltung. Das verlieh ihm neue Stärke, und das Gewehr trug seinen Teil dazu bei. Verwundert stellte er fest, daß er sich noch nie im Leben so stark gefühlt hatte. Immer hatte er die Befehle anderer befolgt; nun war er selbst am Zug.
    »Du gehst nirgendwohin«, sagte er zu Sam. »Sie übrigens auch nicht. Ich werde euch beide erschießen. Und niemand wird mich dafür bestrafen.«
    Zum Beweis zielte er auf das Bett, in dem er nie wieder schlafen würde. Das Kopfende zersplitterte. Bettfedern stoben in alle Richtungen. Als der ohrenbetäubende Lärm losging, hatten sich die beiden zu Boden geworfen. Harry lud durch.
    Connie kreischte. Als sich der Federwirbel ein wenig gelegt hatte, stand Sam auf.
    »Sei doch vernünftig, Harry. Du kannst uns nicht erschießen. Mach dir doch nichts vor. Sie werden dich dafür hängen.« Er kam langsam um das zerschmetterte Bett herum. »Gib mir die Waffe.«
    »Verschwindet aus meinem Haus!«
    »Ich gehe ja schon. Aber nicht mit einer Kugel im Leib. Also zurück mit dir! Geh mir aus dem Weg!«
    Harry war erschüttert angesichts dieser Wendung. Der höfliche, gewandte Partylöwe Sam Ritter klang auf einmal wie Austin. Wie war das möglich? Harry fühlte sich betrogen. Nicht genug damit, daß sein Freund seine Ehre verletzt hatte, nun legte er auch noch Autorität an den Tag, jene verhaßte Autorität, der er sich zu Hause, in der Schule und im Parlament sein Leben lang hatte beugen müssen. Die Leute des Premierministers, die Freunde seines Vaters, alle schrieben sie ihm vor, was er zu tun hatte, wo er sitzen und wie er abstimmen sollte. Aber nicht mehr lange. Er würde ausbrechen. Wenn er konnte.
    Sam starrte ungerührt in die beiden Läufe, die auf ihn gerichtet waren. Schade. Zwischen ihnen würde

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