Sterne ohne Namen
die Erzählung meines Vaters?
»Eine Parkbahn für Sornuff wäre auch über dem Pol möglich«, fuhr Ryzk nachdenklich fort. »Dabei nähern wir uns nicht der Route, die zum eigentlichen Hafen führt. Und das Rettungsboot könnte man so abändern, daß es sich als Fähre benutzen läßt … nur ist das im Raum nicht so leicht.«
»Aber Sie können es?«
»Ich werde einmal nachsehen.« Das kam beinahe widerwillig.
Er sah es sich an und gab ebenso widerwillig wie vorhin zu, daß es sich in hervorragendem Zustand befand.
Plötzlich merkte ich, daß Eet bisher noch kein einziges Mal zu meinen Plänen Stellung genommen hatte. Und das beunruhigte mich ein wenig. Hatte Eet in meinen Gedanken den Wunsch nach Unabhängigkeit gelesen? Und wenn, besaß er die Gabe, in die Zukunft zu sehen? Bis jetzt war es mir noch nicht gelungen, eine Grenze seiner Esperfähigkeiten zu erkennen.
Eet hielt seine Gedanken vor mir verschlossen, und mir blieb nichts anderes übrig, als abzuwarten. Inzwischen befolgte ich seinen Rat und übte. Ich übte neue Gesichter, immer in der Hoffnung, mit dieser Tarnung auch der Gilde entwischen zu können. Auf Sororis hatte sie zwar höchstwahrscheinlich keine Vertreter – dazu war der Planet zu ärmlich. Aber wenn es mir gelang, meine Steine gegen etwas Kostbareres einzutauschen, dann mußte ich mich auf die Märkte der inneren Welten begeben, um einen guten Preis herauszuschlagen. Und dort hatte die Gilde garantiert ihre Spitzel in den großen Auktionen.
Wir tauchten kurz vor dem Sororis-System aus dem Hyperraum auf, was wieder für Ryzks Fähigkeiten sprach. Ich stellte mir nicht zum ersten Male die Frage, welches Schicksal ihn so tief hatte sinken lassen.
Das System bestand aus drei Planeten. Zwei davon waren tote Fels weiten ohne Atmosphäre, so nahe an der Sonne, daß jedes Schiff sofort verglüht wäre.
Sororis hingegen war eine Eiswelt, wenigstens zum größten Teil. Um den Äquator lief ein Streifen Land, in dem man einigermaßen leben konnte. Nördlich und südlich davon erstreckten sich Gletscher, nur hin und wieder von Landfingern unterbrochen. Und in einem dieser schmalen Täler sollte Sornuff sich befinden, ein gutes Stück von der Verbrechersiedlung des Hafens entfernt.
Ryzk stellte den Kurs für die Parkbahn ein, während ich das Nötigste in das Rettungsboot packte. Ich hatte ein Paket mit Spezialrationen bei mir, falls ich das einheimische Essen nicht vertragen konnte, dazu eine Übersetzungsmaschine, ein Funkgerät, mit dem ich Ryzk verständigen konnte, und natürlich die Steine von Lorgal. Ich besaß keine Waffe, nicht einmal einen Betäubungsstrahler. Es wäre mir unmöglich gewesen, auf Theba einen an Bord zu schmuggeln.
Ryzk meldete mit rauher Stimme, daß alles klar sei, und ich nahm das Paket auf. Eet lag ausgestreckt auf der Koje. Er schien die meiste Zeit zu schlafen. War er gekränkt, oder interessierte er sich wirklich nicht für das, was ich tat? Die Unruhe in mir hatte inzwischen handfesten Zweifeln Platz gemacht – und das war schlecht, wenn ich mich auf einen schwierigen Handel konzentrieren sollte.
Nun war ich unschlüssig. Ich konnte nicht einfach gehen und ihn zurücklassen. Unsere zunehmende Entfremdung schmerzte mich irgendwie. Aber ich wollte auch nicht wieder in mein früheres Abhängigkeitsverhältnis zurückfallen. So sagte ich nur schwach: »Ich gehe jetzt.«
Das war offensichtlich, und ich schämte mich ein wenig.
Eet öffnete ruhig die Augen. »Viel Glück.« Er streckte den Kopf, wie er es immer tat, wenn er sich besonders wohlfühlte. »Und vergiß nicht, dein zweites Augenpaar zu benutzen.«
Ich dachte wütend über seine sinnlose Bemerkung nach, als ich das Rettungsboot betrat und alles dichtmachte. Dann gab ich Ryzk das Zeichen zum Abstoß. Ich verlor beinahe das Bewußtsein, als der Druck einsetzte.
Da die Steuerung auf Automatik eingestellt war, konnte ich nur daliegen und auf die Landung warten. Die erste Reise ohne Eet ließ das Boot leer erscheinen. Dagegen konnten auch meine rebellischen Gefühle nicht ankämpfen.
Und doch freute ich mich auch über meinen kühnen Entschluß. Zum ersten Male wagte ich etwas aus eigenem Antrieb – und es konnte ein gefährliches Unternehmen werden. Aber ich hatte nicht lange Zeit, um über diese Dinge nachzudenken, denn die Landung kam, und ich wußte, daß ich mich nun ganz auf die Außenwelt konzentrieren mußte.
Das Rettungsboot war am schmalen Ende eines jener klauenförmigen Täler gelandet,
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