Sterne ohne Namen
hinunter in meine Kabine.
Ich warf mich auf die Koje. Doch die Gedanken ließen sich nicht abschalten und stürmten weiterhin auf mich ein. So lag ich da, starrte die Decke an und versuchte ein Problem nach dem anderen logisch zu klären. Hywel Jern konnte nach Waystar gelangen. Wenn es nur eine Möglichkeit gäbe, meine Energie zu verstärken. Es nützte nichts, wenn ich die Illusion aufrechterhielt und dabei mich sowie Eet völlig erschöpfte. Denn Eet brauchte seine Kraft, um die Gedanken unserer Gegner zu lesen. Die Energie verstärken – der Leitstein!
Meine Finger tasteten nach der kleinen Erhöhung in meiner Gürteltasche. Ich setzte mich auf. Zum ersten Mal seit Wochen öffnete ich die Tasche und holte den farblosen Klumpen heraus, der solches Feuer in sich barg.
Der Leitstein – er konnte die Energie in Maschinen erhöhen. Doch wenn ich versuchte, die Illusion zu schaffen, brauchte ich eine andere Art von Energie. Dennoch – es blieb Energie. Ich schloß beide Hände um den Stein, bis sich seine Kanten scharf in meine Haut bohrten.
Energie …
Der Gedanke war nicht verrückter als viele andere, die ich in der Vergangenheit gehabt und durchgeführt hatte. Ich konnte einen einfachen Versuch machen. Nicht an mir, noch nicht. Ich hatte Angst vor einem Experiment, das mir vielleicht aus der Hand gleiten konnte. So sah ich mich nachdenklich um und entdeckte Eet, der zusammengerollt am Fuße meiner Koje lag. Einen Moment lang zögerte ich. Eet? Ich mußte über den Einfall lachen – aber es war noch etwas anderes dabei. Ich hatte den Wunsch, Eet ein einziges Mal im Leben als Unterlegenen zu sehen.
Ich starrte Eet an. Ich hielt den Leitstein fest, und ich dachte …
Der kalte Stein in meinen Fingern erwärmte sich und wurde heiß. Eets Umrisse verschwammen. Ich ließ mich in meiner Konzentration auch nicht durch das leiseste Triumphgefühl stören. Der Stein war jetzt so heiß, daß ich ihn kaum noch halten konnte. Und Eet – Eet war verschwunden. Am Fußende meiner Koje lag seine Mutter, die Schiffskatze.
Ich mußte den Stein fallenlassen. Der Schmerz war zu stark für meine Finger. Eet kam mit einer jener katzenhaften geschmeidigen Bewegungen auf die Beine, wandte den Kopf nach rechts und nach links, legte die Ohren flach an den Kopf und fauchte.
»Da!« Ich jubelte.
Aber Eet antwortete nicht auf meinen telepathischen Ausruf. Nicht daß ich auf die Barriere traf, die Eet oft aufbaute, wenn er allein sein wollte …
Eher hatte ich das Gefühl, daß Eet seine telepathischen Fähigkeiten verloren hatte.
Ich setzte mich hilflos auf den kleinen Hocker und starrte die Katze an, die sich gereizt duckte. Dann nahm ich den Stein fest zwischen die schmerzenden Finger.
Keine Katze, dachte ich, keine Katze – Eet. Ich zwang meinen inneren Aufruhr in den Hintergrund und konzentrierte mich. Keine Katze – Eet. Eet mit seinen telepathischen Fähigkeiten …
Wieder wurde der Stein warm und brannte, aber ich ließ ihn nicht los. Der Pelz der Katze wurde verschwommen, dunkler. Aber würde Eet wieder zum Vorschein kommen?
»Narr!« Dieses einzige Wort, das er mir wie einen Laserstrahl entgegenschleuderte, brachte mir Gewißheit. Es war Eet.
Er sprang auf den Tisch und ging mit peitschendem Schwanz auf und ab.
»Wie ein Kind, das mit dem Feuer spielt«, zischte er.
Ich begann zu lachen. In den letzten Wochen hatte es nur noch ernste Situationen gegeben. Dazu kam die Erleichterung, daß mir das Unmögliche geglückt war und daß ich obendrein Eet auf seinem eigenen Gebiet geschlagen hatte. Ich lachte hilflos, bis ich Seitenstechen hatte und mich an die Wand lehnen mußte.
Eet gab sein wütendes Hin- und Hergehen auf und setzte sich. Seine Gedanken waren fest verschlossen. Aber das störte mich nicht. Sobald seine Reaktion vorbei war, würde er erkennen, welche neue Möglichkeit ich entdeckt hatte.
Ich verstaute den Stein sorgfältig in meinem Gürtel und behandelte meine Finger mit Brandsalbe. Der Mutant saß da wie eine Statue, und ich gab es auf, eine telepathische Verbindung herzustellen. Er würde sich schon rühren, wenn er den Schock verdaut hatte.
In diesem Moment erschien mir der Griff nach jedem Stern möglich. Der Stein verstärkte auch die Energie des Gehirns! Das bedeutete, daß eine Illusion, mit Hilfe des Leitsteins geschaffen, keine Zeitgrenze mehr kennen würde.
»Richtig.« Eet gab sein Schmollen auf und wandte sich mir zu. »Aber du hast tatsächlich mit einem Feuer gespielt, das uns
Weitere Kostenlose Bücher