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Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Titel: Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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das Haus an der Schönen Aussicht, um Emily mitzuteilen, dass er mit den Ärzten des Krankenhauses gesprochen habe, und ihr schonend die Nachricht überbrachte, dass es keine Hoffnung mehr gab.
    Obwohl Emily es schon den ganzen Tag über geahnt hatte,traf die Endgültigkeit dieser Aussage sie doch mit unerträglicher Wucht. Wie betäubt saß sie stundenlang so da, wie Dr. Gernhardt sie verlassen hatte. Betete im Stillen abwechselnd um Rettung wider jede Wahrscheinlichkeit oder darum, dass Heinrich schnell von seinem Leiden erlöst werde.

    Als sie am Morgen darauf ins Krankenhaus kam, erschrak sie über die Veränderung, die über Nacht mit Heinrich vor sich gegangen war. Seine Züge waren eingefallen, spitz und hager, er selbst geschrumpft, halb wieder Kind, halb vor der Zeit vergreist.
    Es war das Antlitz des Todes, in das Emily blickte. Das sie nicht zum ersten Mal sah, aber das sie mit unsagbarem Grauen erfüllte.
    » U hali gani , wie geht es dir, Bibi?«
    Ihr Kopf, den sie in den Händen vergraben hatte, fuhr hoch.
    »Heinrich.« Ein Aufblitzen der Hoffnung durchzuckte sie, dass er wieder zu sich gekommen war. Vielleicht würde ein Wunder geschehen, eine gütige Macht ihn ins Leben zurückkehren lassen. »Wie geht es dir? Verlangt es dich nach irgendetwas? Hast du Durst?«
    »Kir-schen«, flüsterte er. »Gibt es … frische … Kirschen? Hier?«
    »Ich frage gleich danach.«
    Dankbar für diese Regung, drückte sie seine unverletzte Hand und rannte hinaus, scheuchte gleich zwei Krankenschwestern auf einmal auf, ihr welche zu besorgen. Doch als beide mit betretenem Gesicht zurückkehrten und ihr berichteten, dass es im Krankenhaus bedauerlicherweise keine gebe, Frau Ruete müsse wohl welche in der Stadt besorgen lassen, hatte Heinrich bereits wieder das Bewusstsein verloren.Den ganzen Nachmittag saß Emily bei ihm, betupfte seine glühende Stirn mit Kölnisch Wasser aus ihrer Handtasche. Und als sein Gesicht kühl wurde, fast so kalt wie seine Hand, lauschte sie seinem Atem, der flacher wurde, zeitweise stockte, immer unregelmäßiger ging.
    Bis es still wurde im Krankenzimmer. Still und kalt.
    Eine der Schwestern schlich herein, warf einen Blick auf Heinrich und legte Emily eine Hand auf die Schulter.
    »Es ist vorbei, Frau Ruete. Mein Beileid.«
49
    Emily verstand nicht, weshalb sie nicht bei Heinrichs Leichnam Wache halten durfte, bis der Tag der Beisetzung gekommen war. Und auch nicht, warum am Tag des Begräbnisses der Sarg mit vernageltem Deckel ins Haus gestellt wurde, damit Freunde, Familie und Verwandte Abschied nahmen, ohne dass sie Heinrich noch einmal sehen konnten.
    Ihr war unbegreiflich, warum niemand auch nur einen Zoll breit von dem eingefahrenen Weg dessen, was sich gehörte, abweichen wollte, um Emilys Wunsch nach einer eigenen Form des Abschiednehmens zu erfüllen. Die Bräuche und Zeremonien, die man zu diesem traurigen Anlass hier in Hamburg pflegte, erschienen Emily kalt und herzlos. So kühl und grau wie der Augusttag, als sie Heinrich zu Grabe trug; so abweisend wie das nüchterne Ritual am Rande des Erdlochs, in dem Heinrichs Asche schließlich zur letzten Ruhe gebettet wurde.

    Ohne Heinrich kam ihr das Haus leer vor und verlassen. In den Schränken lagen noch seine Hemden, hingen seine Anzüge; die Garderobe war voll von seinen Mänteln und Hüten. Das ganze Haus atmete Heinrichs Gegenwart, obschon es ihn nicht mehr gab auf dieser Welt. Manchmal rief Emilygeistesabwesend nach ihm oder suchte ihn, häufig in seinem Raucherzimmer, wo er sich immer eine Zigarre genehmigt hatte. Oder sie sprang auf, weil sie gehört zu haben meinte, wie er die Eingangstür hinter sich schloss. Wenn sie sich in den Räumen aufhielt, glaubte Emily zu ersticken; sie lebte fast nur noch auf dem Balkon oder im Garten und ging nur ins Haus, wenn sie weinen musste.
    Es erschien ihr ungerecht, dass die Welt dort draußen sich einfach weiterdrehte, während ihre eigene kleine Welt in Trümmern lag. Wie konnte die Sonne weiterhin jeden Morgen aufgehen und die Sterne sie des Nachts ablösen? Wie konnten die Blätter an den Bäumen weiter im Wind rauschen und die Blumen ständig neue Knospen hervorbringen? Sie fürchtete den gnadenlosen Tag, der sie ihren Verlust mit jedem Atemzug würde spüren lassen, und hatte Angst vor der Nacht, die sie mit Träumen quälte, in denen Heinrich durch die Tür trat, sie anlachte und erklärte, sein Unfall, sein Tod seien ein großer Irrtum gewesen, er sei gesund und munter. Nur um

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