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Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga

Titel: Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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und machte sich auf den Weg zur Auswanderungsbehörde.
    Ihre Mutter, der sie auf dem Weg nach unten begegnet war, hatte sich erfreut darüber gezeigt, dass ihre Tochter sich wieder »gefangen« hatte.
    Ricarda hatte die Komödie mitgespielt, obwohl das ihrer aufrechten Natur widerstrebte. Auch bei der Behörde sah sie sich gezwungen zu täuschen. Da der Name ihres Vaters auch dort bekannt war, nannte sie sich kurzerhand Carla Jensen und gab vor, eine Lehrerin zu sein, die sich mit dem Gedanken trug, nach Neuseeland auszuwandern.
    Man blickte sie zwar ein wenig verwundert an, denn ihre Garderobe entsprach nicht gerade einer Lehrerin, erteilte ihr jedoch bereitwillig Auskunft und händigte ihr sogar einen Schiffsfahrplan der Hamburger und Bremer Häfen aus. Da das nächste Schiff nach Neuseeland erst in zwei Wochen abreisen würde, entschied sie sich für die Passage nach England, wo sie an Bord eines Auswandererschiffes gehen wollte.
    Da die DS Anneliese schon in zwei Tagen in Hamburg ablegen würde, entschied sie sich, von dort loszureisen, und kaufte unverzüglich die Bahnfahrkarten. Schon am nächsten Morgen würde sie in aller Frühe den ersten Zug in die Hansestadt nehmen.
    Doch vorher musste sie einen Teil des Geldes abheben, das sich noch auf ihrem Bankkonto befand. Damit sie während des Studiums leben konnte, hatte ihr Vater immer für einen ansehnlichen Kontostand gesorgt. Da sie sparsam gewesen war, würde ihr Erspartes für die ersten Wochen in der Fremde reichen. Vermutlich würde ihr Vater beim Bemerken ihres Verschwindens versuchen, das Konto sperren zu lassen, aber das sollte sie nicht treffen. Sie hatte keine Ahnung vom Bankwesen auf Neuseeland, war aber sicher, dass es dort ebenfalls Banken gab. Und in einem fortschrittlichen Land wie diesem musste es für eine Frau doch möglich sein, ein eigenes Konto zu eröffnen.
    Eine Droschke brachte sie zum Bankgebäude. Unter dem Vorwand, eine größere Anschaffung zu planen, hob Ricarda die Hälfte ihres Guthabens ab. Dreitausend Reichsmark würden gewiss genügen, um sich in Neuseeland einzurichten. Die gesamte Summe abzuheben hätte Verdacht erregt und die Bankangestellten sicher bewogen, ihren Vater davon in Kenntnis zu setzen, der die Hoheit über das Konto hatte.
    Mit der Droschke ließ Ricarda sich anschließend in die Nähe ihres Wohnhauses fahren, von wo sie den Rest des Weges zu Fuß zurücklegte. Die Tasche mit den Ersparnissen hielt sie so fest im Arm, dass man glauben konnte, darin befände sich tatsächlich ein Geschenk. Dass sie sich selbst ein Geschenk machte, ahnte niemand.
    Dennoch schlug Ricarda das Herz bis zum Hals, als sie in ihr Zimmer hinaufging. Nur Rosa kam ihr entgegen. Sie knickste, hatte aber diesmal keine Botschaft von ihrer Mutter. Im Salon war alles ruhig.
    Ihr Vater würde ohnehin erst wieder gegen Abend hier sein. Ricarda hoffte nur, dass er nicht durch Zufall erfahren würde, was sie getan hatte. Der Bankangestellte hatte keine Schwierigkeiten gemacht, aber es wäre möglich, dass sich ihr Vater ebenfalls bei ihm blicken ließ. Von dieser Befürchtung durfte sie sich allerdings nicht lähmen lassen.
    Sie warf den Mantel und die Handschuhe auf die Bettdecke und ging ohne Umschweife zum Kleiderschrank. Unterwegs hatte sie beschlossen, das Geld in ihre Kleidung einzunähen. Im Indischen Ozean würde es bestimmt noch Piraten geben. Wenn diese wider Erwarten ihr Schiff angriffen, sollten sie ihr Geld nicht in die Finger bekommen. Wenn sie gleich mit der Arbeit begann, konnte sie bis zum Abendessen damit fertig sein. Natürlich musste sie dafür sorgen, dass niemand ihr Zimmer betrat, aber die Weihnachtszeit war eine gute Ausrede für Heimlichkeiten.
    Sie beschloss, drei Kleider mitzunehmen: ein blaues, ein grünes und das cremefarbene, das sie auf dem Weihnachtsball getragen hatte. Letzteres sollte sie immer an das erniedrigende Gespräch erinnern, das sie belauscht hatte. Außerdem nahm sie ihr silbergraues und das schwarz-weiß karierte Reisekostüm hervor. Da sie das silbergraue auf der Überfahrt tragen wollte, nähte sie den größten Teil ihres Geldes in dessen Säume ein, eine Summe schob sie hinter das Innenfutter ihres Koffers, und eine weitere verschwand im Saum des blauen Kleides. Eine kleinere Summe verwahrte sie in ihrer Geldbörse, um damit die Schiffspassage und Kleinigkeiten bezahlen zu können.
 
    Beim Abendessen herrschte das übliche Schweigen. Ihr Vater blickte angestrengt auf seinen Teller, während ihre

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