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Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga

Titel: Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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herausnehmen«, fuhr sie fort. »Damen, die sich ohne Begleitung in der Öffentlichkeit aufhalten, müssen sich darauf gefasst machen, dass die Männer ungeniert hinter ihnen herpfeifen oder ihnen Anzüglichkeiten zurufen. Bürgerinnen, die ein eigenes Geschäft aufbauen wollen, werden ausgelacht; und wenn sie sich davon nicht abschrecken lassen, wirft man ihnen einen Knüppel nach dem anderen zwischen die Beine. Ich fürchte, Sie haben einen harten Kampf vor sich.«
    Ricarda zuckte die Achseln. »Das kenne ich noch von der Universität. Da mussten wir Studentinnen sowohl von den Professoren als auch den Kommilitonen einiges einstecken.«
    »Nehmen Sie sich nur in Acht, Miss!« Mary Cantrells Stimme klang beinahe beschwörend. »Die junge Frau, die Sie verarztet haben, ist eines der Freudenmädchen von Mr Borden. Sein Etablissement liegt in der Harington Street. Es gefällt ihm gewiss nicht, dass sie für einige Zeit ausfallen wird.«
    »Da soll er sich bei dem Mann bedanken, der die Arme über den Haufen geritten hat.«
    »Sie scheinen kein Problem damit zu haben, dass sie eine Hure ist.«
    Ricarda sah ihrem Gegenüber direkt in die Augen. »Ich habe mit niemandem ein Problem, der meine Hilfe braucht. Als Ärztin habe ich einen Eid abgelegt, und ich gedenke, danach zu handeln, ungeachtet des Standes, der Ansichten, der Profession oder der Hautfarbe meiner Patienten.«
    »Ein edler Vorsatz! Aber lassen Sie sich gesagt sein, dass diese Einstellung äußerst selten ist und dass sie Ihnen eine Menge Ärger bringen kann.«
    »Einen Vorgeschmack habe ich schon durch Doktor Doherty bekommen, aber da er derjenige war, der sie vorzeitig entlassen hat, kann er mir keinen Pfusch unterstellen.«
    »Er wird sich jedenfalls Ihre Lorbeeren an seinen Kranz heften, fürchte ich«, murmelte Mary Cantrell.
    »Vielleicht, aber letztlich geht es nicht darum, wer den Ruhm erntet«, sagte Ricarda energisch. »Ich kann vor meinem Gewissen für das, was ich getan habe, einstehen. Da ich jetzt weiß, wo ich meine Patientin finden kann, werde ich gleich mal nach ihr sehen.«
    »Sie wollen sich in das Bordell wagen?« Mary zog halb belustigt, halb verwundert die Augenbrauen hoch.
    »Warum denn nicht?«, erwiderte Ricarda, obwohl ihr bewusst war, dass ihre Mutter einen hysterischen Anfall bekommen hätte, wenn sie das erführe. Natürlich war ihr selbst auch nicht wohl dabei, dieses Haus zu betreten, aber das würde sie sich nicht anmerken lassen, schon um sich Respekt bei den Einheimischen zu verschaffen.
    »Sie wissen, dass dies auch in diesen Breiten ein Ort ist, den eine Dame unter keinen Umständen betreten sollte?«, gab Mary zu bedenken, klang dabei aber nicht so, als wollte sie sie wirklich abhalten.
    »Selbstverständlich. Aber ich muss meine Patientin noch einmal sehen, um mir ein Bild von ihrem Gesundheitszustand zu machen. Etwas, wofür sich Doktor Doherty offensichtlich zu fein ist.« Ricarda erforschte die Miene ihres Gegenübers nach einer verräterischen Regung, doch diese Lady schien eine sehr gute Schauspielerin zu sein.
    »Dann viel Glück dabei!« Die Dame öffnete ihr Handtäschchen und zog ein Kärtchen hervor. »Sollten Sie einmal Hilfe benötigen, zögern Sie nicht, sich an mich zu wenden«, fügte sie noch hinzu. »Ich setze mich immer gern für die Belange von Frauen ein, und sofern es mir möglich ist, helfe ich.«
    Ricarda hatte davon gehört, dass es früher bei Besuchen üblich war, solche Karten den Dienstboten zu überreichen oder in der Eingangshalle in Silberschalen zu hinterlassen, eine Gepflogenheit, die selbst ihre streng erzogene, konservative Mutter längst abgelegt hatte. Ricarda betrachtete die Karte mit dem eleganten Schriftzug Mary Cantrell, Willow Street Eastside Nr. 12, Tauranga, umrankt von einem Rosendekor. Insgeheim schalt sie sich für ihr Misstrauen.
    Als sie den Kopf hob und sich bedanken wollte, hatte Mary sich bereits abgewandt und verschwand gerade in der Menge.
 
    Die Schafe blökten auffällig, als Jack auf die Weide ritt. Das war untypisch für sie. Eigentlich grasten sie unbekümmert, ohne sich von ihm oder seinen Leuten gestört zu fühlen. Aber an diesem Morgen schienen sie eine Gefahr zu wittern.
    Ein ungutes Gefühl übermannte Jack. Etwas ist geschehen, dachte er und lenkte sein Pferd direkt zu seinen Männern, die nicht weit vom Scherschuppen entfernt standen.
    »Gut, dass Sie kommen, Sir, es hat einen Vorfall gegeben«, sagte Kerrigan.
    Nachdem Jack vom Pferd herunter war und

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