Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga
unwillkürlich die Fäuste. »Diese Frau wird irreparable Schäden davontragen, wenn Sie sie in diesem Bett sich selbst überlassen! Um es in Ihrer Sprache auszudrücken: Wenn sie nicht besser gepflegt wird, kann sie Ihnen nie wieder etwas einbringen, weil ihr während der Arbeit die Luft ausgehen wird!«
Ricarda zitterte am ganzen Körper - ob vor Angst oder Empörung, hätte sie selbst nicht zu sagen gewusst. Ihr Mund war trocken, und sie hoffte nur, dass ihr in dieser stickigen Kammer nicht die Sinne schwänden.
Der Bordellbesitzer wirkte zunächst sprachlos. »Verschwinden Sie von hier!«, zischte er schließlich gefährlich leise und hob drohend die Faust. »Und solange Sie nicht vorhaben, für mich zu arbeiten, setzen Sie nie wieder einen Fuß in mein Lokal! Haben Sie mich verstanden?«
Ricarda wollte sich um keinen Preis eingeschüchtert zeigen; deshalb blickte sie dem Wirt unverwandt in die Augen. Dabei fiel ihr auf, dass sein Augenweiß gelblich verfärbt war. Ein Ikterus, diagnostizierte sie unwillkürlich; ja, zweifellos stand es um seine Leber nicht zum Besten. Diese Erkenntnis lenkte sie ab und bewahrte sie davor, erschrocken zurückzuweichen, obwohl ihr sehr mulmig zumute war. Trotzig warf sie den Kopf in den Nacken. Es wäre vermutlich zwecklos, ihm angesichts seiner Gelbsucht vom Alkoholgenuss abzuraten ...
Während Ricarda noch mit sich rang, knurrte er plötzlich: »Raus hier! Machen Sie endlich, dass Sie wegkommen, sonst werfe ich Sie zum Fenster raus! Dann können Sie sich selbst verarzten, Fräulein Doktor!«
Das hämische Gelächter, das seinen Worten folgte, löste Ricarda aus ihrer Erstarrung. Sie zweifelte nicht daran, dass Borden seine Drohung wahrmachen würde. Sie warf ihm einen letzten, zornigen Blick zu, winkte ihrer Patientin zum Abschied und rannte die Treppe hinunter und hinaus auf die Straße.
Jack fiel der Ritt ins Maoridorf diesmal alles andere als leicht. Sein Gefühl sagte ihm, dass die Menschen dort keine Schuld an dem Zwischenfall trugen. Dennoch fürchtete er sich vor dem, was er erfahren würde.
Wenn sich nun doch ein paar Krieger entschieden hatten, gegen die Weißen vorzugehen? Der sorgsam gehegte Friede wäre dahin, und obwohl Jack nicht vorhatte, den Maori zu schaden, könnte er nicht verhindern, dass andere zu den Waffen greifen und den Kampf eröffnen würden.
Vielleicht stimmt meine Vermutung ja, versuchte er sich zu beruhigen, als er das Pferd auf das Dorf zulenkte.
Die Wachposten nickten ihm zu und fragten ihn diesmal nicht nach seinem Ziel. Jack stieg vom Pferd und ging zu Moanas Hütte.
Die Heilerin stand davor und reichte einer Frau gerade ein Bündel Kräuter.
»Kiritopa, gut du sein hier!«, rief sie, als sie ihn bemerkte, und trat zu ihm, um ihn zu begrüßen. »Was deine Grasfresser machen? Bluttrinker fort?«
»Ja, das sind sie, dank deiner Kräuter.« Jack deutete eine anerkennende Verbeugung an. »Ich komme heute wegen etwas anderem.«
»Dann sagen und ich sehen, ob helfen.«
Moana bedeutete ihm, dass er ihr in seine Hütte folgen solle.
Neben der Feuerstelle nahmen sie Platz.
»Waren in letzter Zeit pakehas bei euch und wollten handeln?«
Moana überlegte. »Was meinen mit letzter Zeit.«
»Ob sie vor einer Woche hier waren. Oder vor einigen Monaten.«
Die Heilerin schüttelte den Kopf. »Nein, keine pakehas hier, nur du.«
»Und gibt es in letzter Zeit Krieger, die gegen uns kämpfen wollen?«
Moana zog fragend die Augenbrauen hoch. »Warum du fragen, kiritopa ?«
Jack rang mit sich, ob er ihr alles erzählen sollte. Es muss sein, beschloss er nach einer Weile und begann zu berichten.
Nachdem er geendet hatte, wurde Moana nachdenklich. Fast fürchtete Jack schon, sie verärgert zu haben, da antwortete sie:
»Ariki seine Krieger sagen, dass nicht kämpfen, wenn nicht drohen Gefahr.«
»Aber vielleicht hören einige Krieger nicht auf ihn.«
»Mana von ariki sehr groß. Kein Krieger wagen, anderes zu tun, als er wollen.«
Jack seufzte. Er glaubte Moana, wenn sie sagte, dass die Autorität des Häuptlings unangetastet war. Aber in die Herzen aller Stammesmitglieder konnte sie nicht schauen.
Und wenn Bessett doch dahintersteckte? Vielleicht hatte er den Speer ja von einem seiner Bediensteten erhalten. Diese kamen ab und an in ihr Dorf. Gewiss fand niemand etwas dabei, wenn ein Maori einen Speer mitnahm.
Einen Beweis für Bessetts Schuld würde er also nicht finden.
»Ich sehen, dein Herz wieder voll Sorge.«
»Ja, diese Sache
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