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Sternendieb - Roman

Titel: Sternendieb - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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den Jahren übermannte sie immer noch ein Gefühl von Stolz, wenn sie das einem völlig Fremden unter die Nase rieb. Nun, ihr würde der Stolz schon vergehen, wenn sie Alice von der Verzugsklausel erzählen musste. Hoffentlich kam es nicht dazu.
    Sie sah Marco an. Sie wünschte sich, ihn jetzt mit nach Hause nehmen zu können. Sie wollte ihn mit in die Kabine nehmen und ihm all die hübschen Sachen vom Leib reißen. »Ich würde Sie gerne zu mir an Bord bitten«, sagte sie stattdessen, »aber ich muss leider weiter.«
    »Das ist jammerschade«, sagte er. »Das wäre faszinierend gewesen. Was für ein Schiff ist es?«
    Tabea starrte ihn an. Sie spürte plötzlich, dass er Interesse an dem Schiff hatte. Sie fühlte sich ein bisschen verletzt.
    »Ach, bloß eine alte Kiste.«
    »Ein alter Aufklärer?«
    »Nein, ein leichter Frachter.«
    Er lebte richtig auf, als hielte er mit einer erfreulichen Nachricht hinter dem Berg.

    »Und er gehört Ihnen? Da gibt es sonst niemanden?«
    »Nein, niemanden«, sagte sie gereizt.
    »Würden Sie mich nach Plenty bringen?«
    »Sie wollen nach Plenty?«
    »Ja.«
    »Heute Abend?«
    »Nein, nein. Aber gleich morgen Früh.«
    Tabea sah ihn groß an. »Gut, ja!«, entfuhr es ihr. Dann fiel ihr der Stabilisierungsquarz ein. »Nein, doch nicht«, sagte sie. »Ich meine, riesig gerne, aber damit komme ich nicht über die Runden. Zu wenig, verstehen Sie? Ich brauche schon ein bisschen mehr.«
    Er gluckste. »Oh, da ist noch mehr drin«, sagte er. »Viel mehr! Wie viel brauchen Sie denn?«
    Sie zog die Luft durch die Zähne. »Zweihundertfünfzig«, sagte sie. »Im Voraus. Und dann, zur Hölle, ich weiß nicht, da ist noch eine Reparatur zu machen.«
    »Kein Problem«, meinte er.
    »Ich kann’s nicht glauben«, sagte Tabea. »Sie meinen es wirklich ernst.«
    »Kommt vor.«
    Er ließ seine Hand leicht an ihrem Arm herabgleiten. Die Berührung war sanft, geradezu melodisch.
    Er sagte: »Wollen wir auf eine Party gehen?«

7
    Sie gingen zusammen in die kalte und staubige Nacht hinaus.
    Obwohl die Parade längst vorbei war, befanden sich noch viele auf dem Wasser. Da waren Kinder, die sich auf Flößen aus Planken und Plastiktonnen balgten, Pärchen in Ruderbooten, dümpelnde
Motorboote, führerlos. Auf der Landungsbrücke unterhalb des Möbiusbands standen, saßen und lagen ein Dutzend Leute, diskutierten und tranken. Vertäut an einem weißroten Pfahl lag ein kleines Schnellboot. Der grüne Papagei flog schnurstracks zu diesem Boot hinunter. Seine Schatten schwirrten und verwirrten sich im Zwielicht der Monde.
    Die Monde beschienen Wüste und Steppe; sie beschienen die polaren Siedlungen und das Cañonland, wo die schläfrigen Kanäle tief und breit dahinflossen. Die Monde tünchten die Wüsten, überschwemmten die Pampas, glitzerten in den Glasfarmen, glänzten in den Algenseen der zusammenwachsenden Städte. Sie beleuchteten die Arena von Barsoom, und sie versilberten die grünen Vororte von Bradbury. Sie erhellten ohne Unterschied die düsteren Monolithe der alten Stadt und das arrogante, hektische Durcheinander der neuen Bezirke, und sie sahen schweigend zu, wie Letztere über die alte Grenze des offenen Kuppelskeletts hinausschwappten.
    Tabea lehnte sich zurück, verwundert und erstaunt über die glückliche Fügung, während das Boot wie unter dem kalten Glanz einer Videowand durch das schmutzige Wasser pflügte. Der Mars, wie ihr gleich selbst zu Bewusstsein kommen würde, war längst ausverkauft, und das große Geld hatte das Weite gesucht. Noch vor wenigen Jahren war Schiaparelli ein fruchtbarer pankultureller Umschlagplatz gewesen, eine kosmopolitische Begegnungsstätte des Sonnensystems, wo all die Vasallenrassen der Capellaner in lärmender Harmonie beisammenlebten oder feilschend und palavernd Halt machten auf ihrem Weg zu den Karawansereien im Süden. Inzwischen haben die Touristenbusse die Kajiks und Lastkarren aus dem Al-Kazara verdrängt; importierter Firlefanz füllte die Regale der Pfandleihen, in die sich einst verkaterte Raumfahrer schleppten und nach ihren Datentaschen und Akkordeons grapschten.

    Tabea fühlte sich eigentlich ganz wohl in der Gegenwart, obwohl sie sich an bessere Zeiten erinnerte. Vor ein paar Jahren, da waren die Jazzkapellen in den Bodegas noch so laut gewesen, dass sie fast das wilde Geklapper übertönt hätten, mit dem die alten Gewürzsucher ihre Mah-Jongg-Steine spielten. Man konnte sich schlafen legen, wo man es warm genug fand zum Schlafen, und

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