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Sternendieb - Roman

Titel: Sternendieb - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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sich auch aus und schlüpfte hinterher.

54
    Nachdem das Schiff einmal Fahrt aufgenommen hatte, wurde es kalt in der Zelle. Die beiden Gefangenen wachten auf, zogen sich rasch wieder an und kuschelten sich unter der dünnen Decke zusammen. Tabea taumelte dösend in einen Traum. Sie befand sich wieder in dem Liftkomplex auf Plenty, und ein Aufgebot von Eladeldi eskortierte sie zum Merkur-Palast. Die Liftstationen trugen Namen von Orten, an die sie sich aus ihrer Kindheit erinnerte: Eudoxos, Manieren, Fratzilein. Tante Jasmin kam immerzu herein und wollte sie mit Brathähnchenschenkeln füttern, und sie hörte jemanden singen, konnte aber nicht sehen, wer es war.
    Sie wachte verstört auf. Die Zelle war voller Infraschall aus den Staustrahltriebwerken der Nackten Wahrheit . Die Gravitation hatte sich verschoben, sodass der Boden zur Tür hin anzusteigen schien. Tabea schmiegte sich an Sarahs warmen Leib.
    »Ich hab eben an Talo denken müssen«, sagte Sarah.
    »Ich glaube, ich auch«, meinte Tabea. Ihr Mund schmeckte schal und klebte. »Mngm, mngm. Ich hab geträumt.«
    Einen Augenblick später sagte Sarah: »Ich wünschte, er wäre jetzt hier.«
    »Talo?«
    »Mogul …«
    »Lass«, sagte Tabea und nahm sie in die Arme. »Denk an was anderes.«
    Doch Sarah war nicht umzustimmen. »Sie haben ihn getötet«, schluchzte sie. Sie lag da und weinte eine Weile, und Tabea drückte sie an sich. »Armer Mogul«, sagte Sarah. »Armer Marco. Tabea? Meinst du, er hält durch?«

    Tabea fragte sich, ob überhaupt jemand durchhielt in diesem neuerdings so feindseligen System, wo Kecks und Bullen und Räuber und Roboter, Schranten und Frasqui und Eladeldi und höchstwahrscheinlich auch die Capellaner nichts anderes im Sinn hatten, als Jagd auf die Rechtschaffenen zu machen und ihnen nach dem Leben zu trachten. Sie verdrängte jeden Gedanken an Marco Metz, der in seinem Paradeanzug und mit kochendem Hirn durch die mörderischen Sümpfe der Venus watete.
    »Natürlich hält er durch«, sagte sie.
    »Marco hält durch«, bestätigte Sarah. »Wenn einer durchkommt, dann Marco.«
    »Sarah?«
    »Hm?«
    »Was sollte das Ganze überhaupt?«
    Das ganze hirnverbrannte Vabanquespiel war zu Ende, und sie, Tabea Jute, war erledigt. Sie ließ ihr Leben Revue passieren bis zu dem Punkt, wo man es ihr auf schmerzliche und grausame Weise aus der Hand genommen hatte, an jenem Tag am Canal Grande in Schiaparelli. Die Alice war inzwischen ein Schrotthaufen, und sie selbst lag eingekerkert in den Eingeweiden der Nackten Wahrheit, alle bis auf Sarah waren tot oder so gut wie tot, und sie konnte nichts mehr daran ändern, wenn sie es denn je hätte verhindern können.
    Sie spürte Sarah, und sie verspürte eine nagende Neugier. Sie wollte wissen, was, zum Teufel, sie überrollt und den Eladeldi zum Fraß vorgeworfen hatte.
    »Wir brauchten das Geld«, sagte Sarah, als bedürfte es keiner weiteren Erklärung. »Wir sind nie zu Geld gekommen. Nie. Und wenn, dann ist Marco immer hingegangen und hat es in irgendeinen verrückten Plan gesteckt, mit dem er alle Welt hinters Licht führen und unser Geld verzehnfachen wollte. Es hat nie funktioniert.
Dann mussten wir jedes Mal zu Hannah zurück und beichten und wieder bei null anfangen.«
    Tabea seufzte. Sie küsste den Rand von Sarahs Ohrmuschel und grub die Wange in Sarahs Wuschelhaar. »Hannah steckt hinter dem Ganzen, oder?«
    »Sie hat es eingefädelt«, sagte Sarah. »Anfangs.«
    »Sie arbeitet für die Frasqui.«
    »Wir haben alle für die Frasqui gearbeitet.«
    Tabea reckte sich, bog den Rücken einwärts. »So was hab ich mir schon gedacht«, sagte sie.
    »Also die Frasqui haben doch Plenty gebaut«, meinte Sarah. »Und einer blieb nach dem Krieg da zurück. Auf Plenty. In einem Tiefkühlsarg. Als Hannah nach Plenty kam, hat sie sich umgesehen, um herauszufinden, wer wer war, und dabei hat sie ihn dann entdeckt. Sie verschwieg ihren Fund und setzte sich mit Leuten auf Titan in Verbindung, die sie kannte und die noch mit den Frasqui Kontakt hatten oder selbst welche sind, ich weiß es nicht - jedenfalls bot Hannah ihnen an, den Frasqui herauszuschmuggeln, und zwar ohne dass Capella etwas merkte.«
    Tabea faltete die Hände hinter dem Kopf. »Ihr habt den Frasqui retten wollen.«
    »Das war unser Plan.«
    »Ihr wusstet, dass er nur Winterschlaf hielt.«
    »Das hatte uns Hannah gesagt.«
    »Ihr wolltet ihn nach Titan schmuggeln.«
    »Ja, sicher.«
    »In meinem Schiff.«
    »O Tabea, es tut mir so leid, es war

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