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Sternendieb - Roman

Titel: Sternendieb - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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das dorthin schaffend, fast ein halbes Jahrhundert lang.
    Die Alice Liddell war als langlebiges Arbeitspferd konzipiert. Ihre Mitte konnte bis zu 250 Kubikmeter loses Frachtgut aufnehmen oder durch einen von siebzehn Containertypen ersetzt werden. Ihre vier Ladearme und ebenso vielen Bugsierdrohnen verstauten sich während des Flugs in der doppelwandigen Hülle. Sie verfügte über sechzehn schwenkbare Plasmatriebwerke, vier für jede Achse, und vier starre, riesige »Rundmäuler«. Sie besaß reihum elektronische Sensoren, mehr als die Grundausstattung durch die Bergen-Werft vorsah. Auch die Versorgung mit Solarenergie war erheblich verbessert worden, gerade so, als ob ihre Eigner mehr von ihr erwartet hätten als ihre Konstrukteure. Und die Probleme, die sie ihrem letzten Piloten bescheren sollte, waren mehr auf die widrigen Umstände und die Jahre auf dem Abstellgleis zurückzuführen als auf irgendwelche Konstruktionsmängel. Hinzu kam, dass Tabea es nie geschafft hat, ihre guten Vorsätze, was die Wartung betraf, auch in die Tat umzusetzen.
    Auf die Gefahr hin, dass Sie mich für wunderlich halten, aber still bei mir habe ich immer gewisse Parallelen zwischen den beiden gezogen, also zwischen Alice Liddell und Tabea Jute, ihrem Käpt’n. Beide waren sie klein, pummelig und kräftig. Beide sind aus dem gewöhnlichsten, alltäglichsten Material; dennoch wohnten in ihren pragmatischen Hüllen verwegene Seelen und erstaunliche Talente.
    Hinterher ist man wahrscheinlich immer klüger als vorher. Man betrachtet die Dinge durch die rosarote Brille der Nostalgie. Sehen wir zu, wie die beiden, Tabea Jute und Marco Metz, an diesem frostigen
späten Schiaparelli-Nachmittag über den Beton des Raumhafens schreiten, um an Bord der nicht ganz wederhergestellten Alice zu klettern und in den Marshimmel zu starten, zu einem Flug entschlossen, der sie nach Plenty tragen wird - und weit, weit darüber hinaus.

TEIL ZWEI
    Im Labyrinth von Plenty

13
    »Du kannst diese Kabine haben«, sagte sie und öffnete die Schiebetür. »Ich räume erst noch den Plunder raus.«
    Man hätte meinen können, er hätte noch nie eine Kobold von innen gesehen. »Das ist ja grässlich! Ein Alptraum ist das! Das soll ein Schiff sein?« Er schloss sie von hinten in die Arme. »Ich möchte vorne bei dir sitzen.«
    »Nein«, sagte Tabea. »Ich nehme nie jemanden mit ins Cockpit.« Sie sah ihm in die großen braunen Augen. »Tut mir leid!«
    »Was soll das?«, nörgelte er. »Sicherheitsbestimmungen, hier und jetzt?«
    »Aber ja«, sagte sie.
    »Ich glaub’s nicht.« Er drückte sie an sich. Dann lehnte er sich zurück und sah sie forschend an. »Du willst mir doch nicht erzählen, dass eine Frau wie du sich um so etwas schert?«
    Tabea drehte sich und drückte gegen die Kabinentür, die sich nicht ganz geschlossen hatte. »Ich mag’s einfach nicht, wenn noch jemand im Cockpit ist, wenn ich fliege«, meinte sie. »Das ist alles.«
    Er schien sich damit abzufinden. »Na gut.« Seine Hände wanderten über ihren Leib. Er schmuste an ihrem Ohr. »Ich werde dich vermissen«, hauchte er. »Auf dem ganzen Weg nach Plenty … Wie lange ist das? Drei, vier Schiffsstunden?«
    »Fünf.« Sie entwand sich ihm. »Kein Sprung. Nicht mit diesem Quarz. Nicht mit einem Passagier.«
    »Fünf Stunden!«, entfuhr es ihm. »Was soll ich denn ohne dich anfangen?«

    Sie war irritiert, amüsiert. »Keine Ahnung!«, lachte sie. »Auf dem Handschuh üben. Mit Talo reden.«
    »Der ist nicht ansprechbar«, knurrte er. Die Reisebox aus weißem Porzellit stand hinter ihm im Durchgang. Am Zoll hatten die Eladeldi beim Anblick des betäubten Papageis die Lippen zurückgezogen, aber alle Formalien stimmten, und Marco hatte sich durch die Kontrolle geschoben. »Er wird die Zeit verschlafen. Er hasst das Fliegen.«
    Marcos Hände fanden zurück auf Tabeas Hüften. Er sah ihr über die Schulter. »Eine Menge Zeug da drin.« Seine Stimme hatte einen zweifelnden Unterton.
    Tabea stemmte sich gegen die Tür. Die Tür rührte sich nicht. »Das ist nur Plunder«, wiederholte sie. »Ich räume gleich auf.« Aber es klang schon weniger entschieden. Es war furchtbar viel Zeug. Abgelegte Overalls, lose Verpackungen, ein aufblasbares Rettungsboot, die meisten Teile eines Secondhand-Küchenroboters, den sie billig gekauft hatte; sie war nie dazu gekommen, ihn zusammenzubauen … Sie ließ die Sachen da drin lose herumfliegen, ohne sie zu sichern. »Hab hier schon lange niemand mehr dringehabt«,

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