Sternenfaust - 003 - Die Welt der Mantiden
er sein Leben verspielt. Und nicht nur sein Leben, auch seine Ehre. Vor allem aber wäre Qua’la auf immer beschmutzt.
Es war ohne Zweifel schon schlimm genug in den Augen ihrer Familie, insbesondere ihres älteren Bruders, dass sie sich mit ihm abgegeben hatte. Würde er sich nun nicht nur als nicht standesgemäß, sondern auch als feige erweisen …
Diese Schmach würde für immer auf seinem Namen lasten und diese Schmach würde auch ihren Ruf empfindlich beschädigen.
Außerdem wäre die Gefahr sehr groß gewesen, dass Kroll’kar schneller von der Anzeige erfahren hätte, als sie zu Protokoll genommen worden wäre. Die höheren Ränge in der Polizei waren fast ausschließlich von Adeligen besetzt. Adelige, die sich leicht taten, andere Adelige von Ermittlungen gegen sie in Kenntnis zu setzen und ungleich schwerer etwas gegen sie zu unternehmen.
D’koh wusste genau, wohin er gehörte. Hierhin in die armen Viertel der Stadt. Hierhin zu seinesgleichen, zu den einfachen Leuten, zu den Arbeitern, die bis auf wenige Ausnahmen niemals den Ort verlassen würden, an dem sie geschlüpft waren. Was hatte ihn nur dazu getrieben, vor fast einem Jahr die Nähe Qua’las zu suchen und um sie zu werben?
Sie stammte aus einer der ältesten und besten Familien von Qrrk’kk, der ursprünglichen Heimatwelt der Mantiden. Eine Familie mit viel Einfluss, eine Familie, die auf fast jeder Welt des mantidischen Imperiums Schlüsselstellungen innehatte, eine Familie, die mit der Herrschersippe weitläufig verwandt war. Eine Familie, die das Privileg genoss, die Königin als Großtante bezeichnen zu können, auch wenn nur die wenigsten Mitglieder dieser Familie ihr jemals persönlich begegnet waren.
Wahrscheinlich war es genau diese Nähe zu einer sonst völlig unerreichbaren Macht gewesen, die D’koh an Qua’la fasziniert hatte. Wenigstens einmal in seinem Leben wollte er etwas von dem Flair und der Weitläufigkeit spüren, die für die Mitglieder adeliger Häuser selbstverständlich waren. Die Möglichkeit … nein, eigentlich nur die Illusion der Möglichkeit, die engen Grenzen dieser Welt zu verlassen, das war es wohl, was Qua’la für ihn bedeutet hatte.
Es war schauerlich, was für Gedanken durch seinen Kopf gingen. Erbärmlich. Als ob das alles gewesen wäre, was ihn an Qua’la fasziniert hatte und immer noch faszinierte.
D’koh tat sich sehr schwer darin, sich selber gegenüber die Gefühle, die Zuneigung, die Liebe einzugestehen, die er seit dem Augenblick empfand, als er ihr das erste Mal begegnet war.
Sie hatte gerade begonnen, in der Botschaft der Solaren Welten zu arbeiten. Und er hatte einen Bildballon, den er wieder instand gesetzt hatte, einem Wachmann zurückgebracht, der dauerhaft auf dem weiträumigen Botschaftsgelände lebte. Qua’la war gerade im Begriff gewesen, nach Hause zu fahren. Er sah sie und rannte ohne nachzudenken quer über den Vorplatz, um sie zu erreichen, bevor sie ihren Gleiter betrat. Sie drehte sich eher erstaunt als erschrocken um, als sie ihn heranstürmen sah. Dann sagte er etwas, das er sich vorher nicht überlegt hatte und von dem er auch heute noch nicht erklären konnte, wieso es gerade in diesem Augenblick aus ihm hervorbrach.
»Entschuldigen Sie«, bat er und blieb stehen. »Ich will Sie nicht belästigen. Ich will Sie nur …« Dann stockte er.
»Was wollen Sie?«, fragte sie, deren Namen er zu diesem Zeitpunkt noch nicht kannte.
»Ich will Sie nur aus der Nähe sehen«, antwortete er.
Sie bewegte bedächtig Fühler, Kopf und Feinarme, sagte aber nichts. Nach einer Weile drehte sie sich um, stieg in den Gleiter und fuhr ohne irgendetwas zu sagen davon.
D’koh sah ihr hinterher.
Hatte er sie gerade tödlich beleidigt?
Als der Gleiter schon ein ganzes Stück entfernt war, konnte er auf einmal erkennen, dass sie einen Arm aus dem Seitenfenster hielt und winkte.
Am nächsten Abend stand er wieder vor der Botschaft …
Erst nach etlichen Treffen erfuhr er ihren Namen, den sie ihm anfangs standhaft verschwiegen hatte. Da sie keine Farben trug – weder damals noch heute –, hatte er bis zu diesem Zeitpunkt nicht wissen können, aus welcher Familie sie stammte und dass seine Beziehung zu ihr ein Ding der Unmöglichkeit war. In den Augen vieler ein Skandal, eine Schmach, die es zu beseitigen galt. Doch all dies wollten sie beide für lange Zeit nicht wahrhaben.
Für D’koh war Kkiku’hs Vorschlag, nachdem der Herausforderer gegangen war, völlig inakzeptabel gewesen,
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