Sternenfaust - 006 - Gefangene der Chaarck
Röcheln.
Die Worte von Frost und Tong waren plötzlich nur noch Hintergrundräuschen, er nahm ihren Sinn gar nicht mehr wahr.
Die Explosion, Mara-Lena … Die Bilder malträtierten seine Psyche schließlich so stark, dass sich seine Verzweiflung nach außen Bahn brach.
»Ihr verdammten Ameisen«, brüllte er unvermittelt los und warf sich in seinen Fesseln hin und her. »Macht mich sofort los oder ich trete euch einzeln in euren Ameisenarsch! Ich will hier weg, versteht ihr mich! Weg!«
David Stein rollte wild mit den Augen. Mehr konnte er nicht tun. Es brauchte seine Zeit, bis sich dieses panikartige Gefühl totaler Hilflosigkeit wieder legte, das sein klares Denken vollkommen im Griff gehabt hatte. Nur ganz langsam drangen die Worte von außen zu ihm durch und verscheuchten Mara-Lenas Gesicht.
»… ist ein Befehl, Lieutenant Stein!«, hörte er die schneidend scharfe Stimme des Captains.
»Was?«, fragte er verwirrt. Er hatte sich nun wieder einigermaßen im Griff.
»Ich sagte, dass Sie sich beruhigen sollen, Lieutenant Stein. Das ist ein Befehl!«
»Ja, Ma’am, natürlich Ma’am«, murmelte er. »Es geht schon wieder. Ich … Bitte entschuldigen Sie meinen Ausraster, Ma’am. Es wird nicht wieder vorkommen.«
»In Ordnung, Lieutenant«, sagte Dana.
Sie ahnte, dass das nicht nur ein kurzer spontaner »Ausraster« gewesen war. David Stein war schon eine ganze Weile vorher geistig abwesend gewesen, er hatte nicht mehr richtig an ihren Gesprächen teilgenommen.
Ihr Ortungs- und Kommunikationsoffizier schien dieser ganzen nervenaufreibenden Situation nicht gewachsen zu sein. Das erstaunte Dana sehr. Seine Akte und auch ihre eigene Einschätzung bescheinigten ihm eine hohe psychische Stabilität.
Also konnte er jederzeit erneut die Nerven verlieren. Und ein hysterischer Offizier war jetzt das Letzte, was Dana gebrauchen konnte. Vielleicht half es ja, wenn er sich seinen Kummer von der Seele redete. Aber kam sie auch an ihn heran?
»Ich kann Ihren Ausraster ziemlich gut nachvollziehen, Ortung«, begann sie ihre erste vertrauensbildende Maßnahme und ließ ein leichtes Lachen hören.
Was nun kam, lag durchaus im Rahmen der Vorschriften. Es war nämlich nicht vollkommen unmöglich, dass ein Captain des Star Corps Untergebenen auch mal persönliche Dinge anvertraute. Auf der SURVIVOR hatte sie es als Erster Offizier sogar selbst erlebt, dass Captain Theo LeGrant mit ihr ziemlich intime Details seiner Scheidung besprochen hatte, um von ihr eine weibliche Sichtweise der Vorgänge zu bekommen.
Frost spürte, das Lieutenant Stein ihr ihre Aussage nicht abnahm.
»Es war vor 19 Jahren«, begann sie. »Ich war ein 13-jähriges Mädchen und hatte einen fürchterlichen Streit mit meiner kleinen Schwester Tebia. Sie hat sich ungefragt mein Lieblingskleid für eine Party geliehen. Und dann hat sie es auch noch ruiniert. Ich machte sie richtig rund, obwohl wir eigentlich sonst gut miteinander auskamen.«
Dana legte eine kleine Pause ein. Nichts rührte sich, ihre beiden Offiziere hörten ihr gespannt zu. Wahrscheinlich waren sie verblüfft, dass der Captain so unverhofft privat wurde.
»Aus Rache schloss mich Tebia zwei Tage später in unserem großen Keller ein. Meine Eltern haben einen gemauerten Keller in unserem Landhaus, der aussieht wie ein Verlies. Er ist immer feucht und muffelig und die altmodische Birne ist meistens kaputt. Wenn wir etwas sehen wollen, müssen wir oben die Tür auflassen oder eine Taschenlampe mitnehmen. Ich fand unseren Keller damals ziemlich gruselig und war jedes Mal froh, wenn ich wieder draußen war. Diesmal aber gelangte ich nicht hinaus. Die liebe Tebia ließ mich stundenlang schmoren.«
»Was haben Sie gemacht, Ma’am?«, wollte Lieutenant Commander Michael Tong wissen.
»Ich habe geschrien und ihr gedroht. Es nützte nichts, Tebia blieb hart. Also setzte ich mich im Finstern auf eine Treppenstufe. Ich war fest entschlossen, mich nicht klein kriegen zu lassen. Aber als sich nach einiger Zeit immer noch nichts rührte, bekam ich es doch mit der Angst zu tun. Zuvor hatte ich all die kleinen Geräusche um mich herum gar nicht wahrgenommen, aber jetzt empfand ich sie plötzlich als laut und unheimlich. Meine Fantasie kam in Schwung. Und plötzlich sah ich überall Monstren lauern. Es wurde so schlimm, dass ich vollkommen die Nerven verlor und hysterisch loszubrüllen begann. Ich lief sogar im Finstern los – voll gegen die Wand.«
»Und wie hat Ihre Schwester reagiert,
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