Sternenfaust - 035 - In den Höhlen der Ganador
Stellvertreter Geralgars im Amt des Obersten Krisenfall-Entscheiders.
Der offizielle Titel, den sie beide trugen, lautete Unterstützer und ihre Aufgabe bestand darin, den Krisenfall-Entscheider so gut wie möglich bei seinen Entscheidungen zu beraten.
Maltranar trat etwas vor und deutete auf eine ganz bestimmte Stelle innerhalb der Projektion. Er benutzte dazu einen seiner feineren Tentakel, an deren Enden sich jeweils noch viel feinere Greiforgane befanden. »Die Verehrung durch die Dabsokaar mag uns am Anfang geschmeichelt haben, aber inzwischen werden sie zu einer ernsten Bedrohung. Erst kürzlich gelang es uns nur mit Mühe, eine Gruppe besonders fanatischer Dabsokaar davon abzuhalten, mit ihrem Raumboot anzudocken und in die Bewohnte Provinz zu kommen, um sich das zu nehmen, worauf sie ein Anrecht zu haben glauben …«
»Ich weiß«, murmelte Geralgar in einer Sprache, die von Schnalz- und Brummlauten gekennzeichnet wurde. »Andererseits wüsste ich nicht, wie wir uns gegen sie wehren könnten!«
Früher, in jener Zeit, als das Verheerte Land noch einen anderen, ruhmreicheren Namen getragen hatte und als Transporttor diente, hatte es unzählige kleinere Raumschiffe gegeben, die zwischen den einzelnen Welten des Siebenersystems hin und her geflogen waren. Von einer Dunkelwelt zur anderen zu gelangen, war kein Problem gewesen. Heute muteten diese Überlieferungen wie erfundene Märchen an, die darüber hinwegtäuschen sollten, dass man sich an einem nicht gerade besonders gastlichen Platz im Universum aufhielt.
Ein Ort ohne Sonne, dessen Wärme einzig und allein aus dem Inneren der Bewohnten Provinz kommen konnte.
Und auch diese Wärmequelle war längst nicht mehr so verlässlich und stark, wie es noch vor zwei oder drei Generationen den Anschein gehabt hatte.
Die robotischen Kampfschiffe waren größtenteils bereits bei der Verheerung zerstört worden, aber Transporteinheiten hatte es auch in der Zeit danach noch gegeben – bis schließlich eine nach der anderen nicht mehr funktionierte. Das technische Wissen der Ganador hatte in den Zeitaltern, die seit dem großen Krieg vergangen waren, stark nachgelassen. Gleichzeitig hatten immer mehr Systeme ihre Funktion eingestellt. Die Bewohnte Provinz war immer kleiner geworden. Schließlich beschränkte sie sich auf einige Sektoren eines einzigen Himmelskörpers.
»Unser Problem ist, dass wir nur sehr eingeschränkt dazu in der Lage sind, die Botschaftsimpulse selbst zu erzeugen«, fasste Maltranar zusammen. »Die Dabsokaar glauben, dass wir ihnen ihr Glück vorenthalten wollen, dabei kommen die Botschaften in der Regel aus weiter Ferne und werden von der Anlage in der Bewohnten Provinz nur weitergesandt. Wir können sie nur selten beeinflussen!«
»Aber das alte Wissen, das unsere Vorfahren darüber besaßen, muss doch reaktiviert werden können!«, dröhnte Geralgar in den Raum hinein.
»Das ist bislang leider kaum gelungen«, gab Maltranar ziemlich kleinlaut zu. »Mittelfristig könnte es uns vielleicht gelingen, die Signale zu verstärken, aber meiner Beobachtung nach lässt die Wirkung der Impulse immer schneller nach.«
»So?«, fragte Geralgar. »Du meinst, es tritt ein Gewöhnungseffekt auf, wie wir ihn bei stimulierenden Substanzen kennen, die bei uns so überaus knapp sind, da ihr Vorrat in der Bewohnten Provinz nicht erneuert werden kann …«
Maltranar spreizte zwei unterschiedlich große Tentakel in einem Winkel von fünfundvierzig Grad ab, was bei den Ganador als eine Geste der Zustimmung galt.
»Genauso ist es, o schöner Geralgar!«, bestätigte Maltranar die Worte des Obersten Krisenfall-Entscheiders.
Er dachte, dass es grundsätzlich nicht schaden konnte, seinem obersten Herrn ein wenig zu schmeicheln. Dass es Geralgar ziemlich auf das empfindsame Ganador-Nervengewebe ging, dass ihm so häufig ausgerechnet mit diesem Aspekt seiner Persönlichkeit geschmeichelt wurde, davon ahnte Maltranar nichts. Geralgar fühlte sich häufig auf seine Schönheit reduziert und die Privilegien, die ihm dadurch von seinem Eischlupf an gewährt worden waren, empfand er als peinlich. Ewig hatte ihn die Frage gequält, ob er das, was er in seinem Leben bisher erreicht hatte, auch ohne diese besondere Eigenschaft hätte erreichen können. Schließlich war es nicht sein Verdienst, als Mutant mit Übergröße geboren worden zu sein. Es war ihm in den Brutkasten gelegt worden und auf die Frage, ob er es auch ohne diesen eigentlich unfairen Vorteil bis zum
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