Sternenfaust - 064 - Relikt Hohlwelt
diesem Fall eine gründliche Kehrtwende vollzogen hatte, schien ihm das Entscheidende zu sein. Ausgeschlossen, dass er heute noch auf Seiten des Kazan steht. Nicht nach allem, was vorgefallen ist.
Kanturiol beschäftigte sich auch deshalb so intensiv mit seinem Gegenüber, weil ihm seine eigene Wandlung noch viel zu genau im Bewusstsein war. Die ursprüngliche Motivation seines Handelns war schließlich ebenfalls eine tiefe Ergebenheit und Treue zum Kazan gewesen, die erst dann ins Schwanken geraten war, als er sah, welches Chaos die Führungsschwäche des weit entfernten Herrschers angerichtet hatte.
»Im Grunde hat der Kazan die ganze Entwicklung selbst verursacht«, sagte er trotzig. Hillprar lachte.
»So einfach ist es natürlich nicht«, entgegnete er, »oder willst du etwa behaupten, er habe auch die Boten Rrres herbeigerufen?«
Das Fell um Kanturiols Mundwinkel zuckte verräterisch. Gegenwärtig traute er dem kazanischen Hof gar nichts mehr zu.
»Warum sind die Boten dann hierhergekommen«, erwiderte er diplomatisch, »und nicht im Park des Kazan-Palastes gelandet?«
Er stand auf und verabschiedete sich. Er wusste, dass es unmöglich war, Hillprar bezüglich des Dreierrats umzustimmen und er zweifelte auch daran, ob er das überhaupt noch wollte. Umso dringender verspürte er das Bedürfnis, endlich Odiras Schreiben zu lesen. Doch das wollte er alleine tun.
*
Zur gleichen Zeit, viele Lichtjahre entfernt auf dem Sonder-Einsatz-Kreuzer STERNENFAUST II.
»Befehl bestätigt, Captain«, sagte Commander Stephen van Deyk. Trotz des sachlichen, eher beiläufigen Tonfalls war seinen markanten Gesichtszügen ein Ausdruck der Befriedigung anzusehen. Endlich ging es zurück in jenen Sektor des J’ebeem-Gebiets, aus dem die STERNENFAUST auf der vergeblichen Suche nach Dana Frost vor etlichen Monaten abgezogen worden war. Damals folgte darauf ein zwiespältiges Zwischenspiel, das mit dem Namen Milton Lexington III. verbunden war. Der Interims-Captain der STERNENFAUST war bei vielen Offizieren und Crewmen auf Ablehnung gestoßen, obwohl auch er Qualitäten und Fähigkeiten aufzuweisen hatte, die ihn als Captain qualifizierten. Allerdings fehlt es ihm noch reichlich an Erfahrung.
Aber wer kann schon jemand wie Dana Frost ersetzen , dachte van Deyk und zollte damit in gewisser Weise auch Lexington seinen Respekt, der von Anfang an auf verlorenem Posten stand. Die Mehrheit an Bord trauerte noch um Dana Frost, niemand wusste, ob sie noch lebte oder nicht, als Lexington das Kommando übernahm. Ihr Taktikoffizier Lieutenant-Commander Robert Mutawesi hatte van Deyk in einer privaten Unterredung anvertraut, dass er die Führung des Star Corps mittlerweile für vollkommen unfähig halte.
»Sie sollen wissen, wie ich über diese Bande denke, Sir«, sagte er und van Deyk hörte und roch, dass Mutawesi nicht mehr ganz nüchtern war. »Es ist eine Unverschämtheit, dass die Sesselfurzer vom Hauptquartier uns Lexington vor die Nase gesetzt haben – und zwar vor allem wegen Ihnen, Commander.«
Stephen van Deyk wollte eigentlich gar keine weiteren Einzelheiten mehr hören, aber Mutawesi sprach unbeirrt weiter.
»Es wäre höchste Zeit gewesen, Sie wieder zum Captain zu machen – zumindest kommissarisch. Es ist manchmal unglaublich, was man sich von seinen Vorgesetzten gefallen lassen muss.«
Das trifft gelegentlich auch auf Untergebene zu , dachte van Deyk und nickte unbestimmt. Das Gespräch mit Mutawesi war ihm aus mehreren Gründen höchst unangenehm. Zum einen sprach der Taktikoffizier das aus, was viele dachten. Und als guter Erster Offizier kannte van Deyk die Stimmung an Bord besser als die meisten. Zum anderen empfand er, wenn er ehrlich zu sich war, genauso. Es war schon schwer genug gewesen, degradiert zu werden und das Kommando der DAEDALOS zu verlieren. Aber die Zusammenarbeit mit Dana Frost klappte vorzüglich. Frost schaffte es auf eine Weise, die er nicht recht durchschaute, dass er sich in seiner neuen, in der Hierarchie herunter gestuften Rolle nicht nur rasch und gut zurechtfand, sondern dass ihm die Arbeit sogar Spaß machte. Aber natürlich hätte er es sich gewünscht, die STERNENFAUST nach Frosts Entführung zu kommandieren und sei es nur kommissarisch, wie Mutawesi sagte. Jedoch wäre es ihm am liebsten gewesen, dass es gar nicht erst zu ihrer erzwungenen Abwesenheit gekommen wäre. Was ihn allerdings an dem offenherzigen Bekenntnis des Taktikoffiziers störte, war die Tatsache, dass sie
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