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Sternenfaust - 074 - Kern der Macht (2 of 2)

Sternenfaust - 074 - Kern der Macht (2 of 2)

Titel: Sternenfaust - 074 - Kern der Macht (2 of 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M’Raven
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Software die kridanischen Schriftzeichen in Solar übersetzen lassen. Er reichte Sun-Tarin das Gerät zurück. »Die Neue Heilige Schrift. Ich habe sie ebenfalls gelesen. Und ich fand sie sehr aufschlussreich.«
    »In welcher Beziehung?« Sun-Tarin kamen Zweifel darüber, mit einem Menschen über die Bedeutung und Tragweite dieser religiösen Texte in angemessener Weise reden zu können. Allerdings hatten ihm die zahlreichen Gespräche mit dem Christophorer klargemacht, dass der Mönch weit mehr von der Philosophie und dem Glauben der Kridan verstand als andere Angehörige der Menschen.
    »Die Schrift enthält sehr viele Parallelen zu meinem eigenen Glauben. Ich bin dadurch zu dem Schluss gekommen, dass Ihr Glaube und meiner gar nicht einmal so verschieden sind, wie wir bisher immer dachten.«
    »Das haben wir doch schon oft festgestellt«, sagte der Kridan und rieb seine Schnabelhälften aneinander. »Uns verbindet der Glaube an den einzig wahren Gott. Unsere heiligen Schriften unterscheiden sich zwar in wesentlichen Punkten, und deswegen ist auch unser persönlicher Glaube verschiedener Ausprägung. Aber trotzdem haben Sie, wie die Sharaan, verstanden, dass es nur einen geben kann, dem wir letztendlich Rechenschaft schuldig bleiben. Die ketzerische Vielgötterei der Shisheni lehnt selbst Mirrin-Tal ab – und ich bin überzeugt, auch Sie beäugen diesen Fehlglauben mit Argwohn!«
    »Es stimmt, dass ich den Glauben der Shisheni nicht teile, das ist wahr. Aber ich kann nachvollziehen, wie andere Wesen und Völker auf die Idee kommen, für unterschiedliche Bedürfnisse zu verschiedenen Göttern zu beten«, antwortete William ruhig.
    Sun-Tarins Verwirrung nahm zu. Wie konnte ein gottesgläubiger Mensch die Toleranz entwickeln, trotz der eindeutigen Beweise für einen einzig wahren Gott in ihren beiden heiligen Schriften, Polytheismus nachvollziehen zu können?
    Sun-Tarin ahnte, dass die Antwort auf diese Frage sich in seinen Händen befand. Die Neue Heilige Schrift, die von Frieden sprach, gab zwar immer noch die Prämisse vor, den einzig wahren Glauben zu verbreiten. Allerdings mit friedlichen missionarischen Mitteln. Und dazu gehörte in erster Linie auch erst einmal die Toleranz, andere Glaubensrichtung als gegeben hinzunehmen und sie nach und nach, Individuum für Individuum, zum wahren Glauben zu führen. Diese Toleranz schloss seinen eigenen Glauben mit ein und tolerierte auch ihn. Ihm ging auf, dass auch seine, Sun-Tarins, religiöse Ansichten nur eine andere Variante desselben grundsätzlichen Gedankens waren – und deswegen musste er sich auch keine Sorgen um sein Seelenheil machen, wenn er weiterhin seinem persönlichen Glauben anhing. Selbst wenn die kriegerische Missionierung nicht Teil der Neuen Lehren war.
    Sun-Tarins plötzliche Erkenntnis darüber, wie die Neue Lehre funktionieren könnte, beseitigte ein paar der wirren Gedanken, die ihm seit der Lektüre der Texte im Kopf herumgeschwirrt waren. Mit großen Augen blickte der Kridan den Christophorer an. Ein Gefühl von Kameradschaft durchströmte ihn, und er spürte, wie die Anwesenheit eines grundsätzlich Gleichgläubigen ihm einen Rückhalt gab, den er bis jetzt in Bruder Williams Gegenwart – oder überhaupt in der Gegenwart eines Menschen – nicht gekannt hatte. Seine Verbundenheit mit der Massai Wanda Ndogo basierte auf der Bewunderung und dem Respekt ihrer kriegerischen Abstammung.
    Dies hier war etwas anderes. Etwas, aus dem der Kridan die beruhigende Erkenntnis ziehen konnte, trotz der offensichtlich von der Neuen Schrift abweichenden Ausprägung seines Glaubens, in der von Bruder William erwähnten Unerschütterlichkeit glauben zu können !
    »Bruder William, Sie haben mir sehr geholfen. Es würde zu weit führen, Ihnen zu erklären, was mir gerade klar geworden ist. Aber Sie sollen wissen, dass Sie sich meiner Toleranz gegenüber Ihrem Glauben sicher sein können.«
    Bruder William schmunzelte den Vogelartigen an. »Wenn Sie es so ausdrücken wollen, dann empfinde ich Sie ebenfalls als meinen Freund, Sun-Tarin.«
    Ein Moment der Stille entstand, in der beide ihren eigenen Gedanken nachgingen und in die Nacht starrten.
    »Ich hatte vorhin einen Albtraum« eröffnete William Sun-Tarin, als dieser sich nach ein paar Augenblicken wieder zu ihm wandte. »Deshalb kam ich hierher, um mich mit frischer Luft und ein paar anderen Eindrücken abzulenken.« Er berichtete Sun-Tarin den Traum in allen Einzelheiten.
    »Normalerweise«, schloss er,

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