Sternenfaust - 079 - Fesseln der Angst (1 of 2)
reagieren, sie muss agieren ! Das sind Sie als Ratsvorsitzender Pro Humanity schuldig!«
Rudenko beugte sich zu dem eingebauten Tischmikrofon, das ihn mit einer Sekretärin im Vorraum verband. »Wir hätten gerne einen beruhigenden Tee. Grünschokolade, zwei Tassen. Mit Zucker und Milch.«
Sarah Windsor starrte ihn einen Moment lang fassungslos an, dann beruhigte sie sich etwas.
»Wir können uns von den Dronte nicht derart vorführen lassen«, meinte sie bitter.
Rudenko schloss kurz die Augen. »Sie vergessen wohl, was wir mit denen gemacht haben, Sarah. Immerhin hat der Hohe Rat mit einem Gegenschlag gerechnet. Falls es eine Vergeltung ist, kommt sie nicht unerwartet. Wir waren nicht blauäugig. Zwei neue Quarantäne-Stationen sind im All weitab der Bevölkerung entstanden. Die Konzerne arbeiten mit der Regierung zusammen und die Bewältigung der Krise geschieht bisher absolut vorbildlich und nach Plan. Es darf nur niemand die Nerven verlieren.«
Die Sekretärin brachte den Tee. Rudenko nickte ihr dankbar zu. Er wärmte seine Hände an der weißen Porzellantasse.
»Rudenko …« Sarah Windsor ignorierte den Tee und sah ihn eindringlich an. »Ich weiß nicht, wie lange ich meine Organisation noch davon abhalten kann, einzugreifen. Ich sage das nicht gerne, aber …« Sie verstummte.
»Sie haben Ihre Leute nicht richtig im Griff«, endete Rudenko gnadenlos.
»Das ist nicht neu und hat sich bereits an den Terroristen um Sebastian Walker und auch durch die Entführung von Captain Frost vor einigen Wochen gezeigt. Es gibt immer wieder Extremisten in Ihren Reihen, Sarah.«
»Wir brauchen eindeutige Beweise, dass dieses Virus nicht von den Dronte stammt«, wich Sarah Windsor aus. Auch sie griff nun nach dem Tee.
»Wir arbeiten daran.« Rudenko nahm einen großen Schluck. Er fühlte sich tatsächlich sofort ein wenig besser. »Was denken Sie, was denn schlimmstenfalls geschehen könnte?«
Sarah Windsor stellte ihre Teetasse ab. Mit einem Mal sah sie hilflos aus.
»Darüber möchte ich noch nicht einmal nachdenken, Gregor …«
*
Shupra-System, STERNENFAUST
Dr. Ashkono Tregarde, Chefarzt der STERNENFAUST, versuchte erfolglos, seine schlechte Laune mit seiner Arbeit zu bekämpfen.
Es gelang ihm nicht. Schuld an seiner Reizbarkeit war allerdings nicht nur das Virus, über das ihn Commander van Deyk vor fünf Stunden informiert hatte. Es war auch nicht allein die Tatsache, dass er nicht eher eine Ruhepause würde einlegen können, bis nicht auch die letzte Blutprobe eines Crewmitglieds getestet worden war. Nein, Ashkono Tregardes permanente Miesepetrigkeit lag besonders darin begründet, dass er neuerdings der Chefarzt der STERNENFAUST war – eine Tätigkeit eindeutig unter der Würde eines Nobelpreisträgers.
Nachdem das Schiff von der Expedition zurückgekehrt war, hatten etliche Besatzungsmitglieder, die gefallen waren, ersetzt werden müssen, darunter auch Simone Gardikov, die bis dahin die Chefärztin gewesen war. Kendra Scott, die mit ihr zusammengearbeitet hatte, war eine durchaus fähige Paramedic, die zwar auf dem besten Wege war, eine Ärztin zu werden, aber sie war erst kurz vor der Expedition fast noch frisch von der Akademie auf die STERNENFAUST versetzt worden. Dementsprechend fehlte ihr die Erfahrung, um mit ihren 23 Jahren schon der Medizinische Offizier zu sein.
Deshalb hatte Kim Ray Jackson einen Ersatz gesucht und in seinem Jugendfreund Ashkono Tregarde gefunden. Was Tregarde dabei besonders sauer aufstieß, war die Tatsache, dass er sich eigentlich gegen seinen Willen von Kim hatte breitschlagen lassen, den Posten zu übernehmen – auch wenn dies mit der Herausforderung gewürzt worden war, im All gerade dorthin vorzustoßen, wo auch ein Wissenschaftler wie Ashkono Tregarde nicht gerade jeden Tag hinkam.
Und dieser Ärger über sich selbst war die Ursache für seine miserable Laune. Dazu kam noch, dass er hier an Bord seinen Neigungen für Kultur und Musik kaum nachkommen konnte. Ein Tag, ohne dass er seine geliebte Geige spielen konnte, war schon schlimm genug. Jeder weitere Tag erfüllte den Tatbestand der Folter. Und solche »Foltertage« gab es hier für Tregardes Geschmack einfach zu viele.
Er warf Kendra Scott einen missmutigen Blick zu, die wie er die Blutproben untersuchte, die sie der Besatzung abgenommen hatten. 115 Blutproben zu zweit in vier Stunden abzuzapfen, war zwar anstrengend gewesen, aber es gab Schlimmeres. Scott dagegen machte den Eindruck, als wäre
Weitere Kostenlose Bücher