Sternenfaust - 101 - Der Weltraumfriedhof (2 of 2)
vorbeiflog. Eine Sekunde früher, und es hätte ihren Jäger aufgeschlitzt.
»Wohin jetzt?«, rief sie.
»Steuer auf vier Uhr«, antwortete Jackville, und sofort riss sie das Schiff abermals herum. »Jetzt elf Uhr. Sieben. Verdammt, wir sind mitten drin in dieser Scheiße!«
Es war zwecklos. Sie waren dem explodierten Wrack so nah gewesen, dass es schon an ein Wunder grenzte, wenn sie nicht von seinen Trümmern getroffen würden. Emma tat ihr Möglichstes, doch es war nur eine Frage der Zeit, bis sie mit den Bruchstücken kollidierten. Und dem fremden Schiff in die Zerstörung folgten.
»Kalani, Jackville, hören Sie mich?«
John Santos. Laut, deutlich und offenkundig besorgt.
»Aye«, schrie Emma und wich einem weiteren Metallteil aus. Noch immer vibrierte der Jäger unter dem Druck der Explosion.
»Ich sehe Sie, Emma. Steuer hart backbord«, befahl der Commander via Funk. »Gehen Sie auf acht Uhr, dann ziehen Sie sie hoch. Jackville, richten Sie Ihre Sensoren auf meinen Leitstrahl aus. Ich bringe Sie da raus!«
»Verstanden«, hörte sie Morten keuchen. Sie konnte sich nicht um ihn kümmern, konnte sich nicht umdrehen. Alles, was ihr blieb, waren das Steuer und die Navigationskonsolen vor ihr. Mikes Konsolen. Sie riss den Jäger zur Seite.
*
Egal, wie er es drehte und wendete – irgendetwas an dieser Sache schmeckte ihm nicht. David Alyawarry, zweiter Offizier der STERNENFAUST und aktuell Dienst habender Kommandant in der Zentrale des Schiffes, lehnte sich im Sitz des Captains zurück und blickte nach vorne, wo der Frontbildschirm eine dreidimensionale Darstellung des Trümmerfriedhofs zeigte, den sie entdeckt hatten. Alyawarry sah die Wracks, den Schrott, die Metallteile, und er konnte sich eines einfach nicht erklären.
Wir sind hier, weil uns die J’ebeem gerufen haben , dachte er bei sich und versuchte ein weiteres Mal, Sinn in dem Problem zu finden, das ihn beschäftigte. Sie haben uns ein Bild gezeigt, dass sie gemacht haben. Von einem Schiff, das vermutlich zu den Solaren Welten gehört.
So weit, so eindeutig. Aber jetzt kam der Knackpunkt.
Also kommen wir her, um es zu suchen. Und was finden wir? Nicht ein Schiff, sondern Hunderte. Und die J’ebeem interessiert nur dieses eine?
Er konnte es nicht glauben. Sie waren nun seit Stunden hier draußen, John Santos’ Spähtrupps hatten bereits einen Gutteil des Wrackfriedhofs katalogisiert – und noch immer hatten sie keine Spur von dem einen Schiff, über das die J’ebeem sie informiert hatten. Langsam bekam Alyawarry Zweifel, ob sie es überhaupt noch finden würden.
Vielleicht hat es das Schiff nie gegeben , vermutete er. Oder zumindest nicht hier. Wie sonst kann es angehen, dass uns der Temuran auf ein Schiff aufmerksam macht, dass nirgends zu sehen ist – uns aber gleichzeitig all die anderen Wracks verschwiegen hat? Die J’ebeem haben uns hergerufen, weil sie selbst nicht in den Friedhof vorgestoßen sind, richtig? Und doch wollen sie das Schiff von der Fotografie gefunden haben? Und wir, die wir bereits Stunden mit der Suche verbracht haben, finden es nicht?
Alyawarry war kein Experte für den aktuellen Stand der j’ebeemschen Sensorentechnik, doch er fand es mehr als unglaubwürdig, dass die Rothäute ein Schiff der Solaren Welten auf diese Entfernung und inmitten all dieser Wrackteile geortet haben konnten, ohne sich selbst zwischen die schlafenden Riesen begeben zu haben. Doch wenn sie das getan hatten, hatten sie vielleicht noch mehr gefunden – und es dem Hohen Rat vorenthalten.
»Da stinkt doch was zum Himmel«, murmelte der Nachfahre australischer Aborigines leise. »Das ist doch faul, man will uns hier für dumm verkaufen.«
»Sir?«, fragte Jake Austen von seiner Position im hinteren Bereich der Brücke, und erst jetzt fiel Alyawarry auf, dass er die letzten Sätze laut ausgesprochen haben musste. Überrascht über sich selbst, lächelte der Offizier und schüttelte den Kopf.
»Es ist nichts, Austen«, sagte er. »Ich habe nur laut gedacht.«
Austen nickte. »Das bleibt bei einem solchen Anblick wohl nicht aus«, sagte er verständnisvoll und wies auf den Frontbildschirm. »Ein galaktisches Rätsel hält den Verstand beschäftigt, auch wenn man es gar nicht selbst bemerkt. Angesichts solcher Dinge hinterfragt man sich selbst, nicht?«
Austen grübelt über den Sinn des Lebens nach? Alyawarry hob überrascht eine Augenbraue. Er kannte den 37-jährigen, hochgewachsenen Lieutenant Commander als Womanizer und
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