Sternenfaust - 105 - Notlandung auf Rudra VII
raus. Der Autopilot bringt uns runter. Und dann sehen wir, ob wir den Kahn nicht alleine wieder flott bekommen. Bald sind wir zurück auf der STERNENFAUST. Und wenn alle Stricke reißen, dann schickt uns Santos halt den Abschleppdienst.« Die ausbleibende Reaktion ließ ihn schweigen. Mehr und mehr machte die kurzfristige Erleichterung den Sorgen um den Gesundheitszustand seiner Kameradin Platz. Was war nur mit Emma los?
Die Ungewissheit, was da auf dem Sitz vor ihm passiert war – und wie es hatte zum Absturz kommen können –, nagte an ihm. Doch es blieb kein Raum dafür, wütend darüber zu sein, dass sie erst durch eine ihrer Schaltungen den Autopiloten blockiert hatte – jedenfalls wurde das als Grund der Beinahekatastrophe auf der internen Diagnoseeinheit auf dem Hauptschirm vor ihm angezeigt. Aber wenn ich schon nichts aktiv unternehmen kann, werde ich einfach noch einmal den Wing Commander rufen , setzte er seine Überlegungen fort.
Gebannt sah er weiter auf die Anzeigen. Er erkannte erleichtert, dass sein Flug auch weiterhin vom Autopiloten abgebremst wurde. Immerhin – ein Problem weniger. Doch Morten erlaubte sich noch keine endgültige Erleichterung und unterdrückte seine aufkeimende Euphorie. Er atmete noch ein paar Mal kräftig durch, um seine Nerven in den Griff zu bekommen. Also, Morten, nimm dich zusammen. Was zuerst? , dachte er sich. Was liegt laut Checkliste als nächstes an? Zuerst einen Landeplatz suchen, oder die STERNENFAUST kontaktieren? Der Höhenmesser zeigte ihm an, dass es noch mehr als 22000 Fuß bis zur Oberfläche waren. Jetzt, wo zumindest der Autopilot funktionierte, war Zeit genug für einen Funkspruch, lautete seine erste Entscheidung. Vielleicht wussten die anderen von der Flugleitung, ob und wenn ja, wie sich der Autopilot umgehen ließ, damit er Emma und den Jäger wieder zurück zum Schiff bringen konnte.
»STERNENFAUST, hier ist Morten Jackville, bitte kommen. Over.« Mehrmals schickte er den Ruf durch den Äther. Gebannt lauschte Jackville auf die Antwort.
Aber alles, was er zu hören bekam, war lautes Rauschen. »Jungs, meldet euch,« versuchte er es ungeduldig noch einmal. »Ihr wisst, wo wir sind, also lasst mich jetzt nicht hängen. Sieht außerdem ganz so aus, als würde Emma Hilfe brauchen!«
Nichts.
Das Rauschen im Funk und das gleichzeitige Schweigen des Mutterschiffes irritierte Jackville. Er war verunsichert.
Soweit können die doch gar nicht weg sein? Und was, wenn Emma viel schwerer verletzt ist, als ich zu befürchten wage? Wovon auch immer? Kommt Jungs, das könnt ihr mit mir nicht machen! Emmas Stöhnen war schlimmer als jeder Schrei. Es ging ihm durch Mark und Bein. Um sich abzulenken, widmete er sich so gut wie möglich den Anzeigen der Displays vor sich. Der Autopilot hatte endlich eine günstige Landestelle ausgemacht und steuerte den kleinen Jäger der STERNENFAUST III auf eine große Sandebene zu. Dort war die vorgeschlagene Zielmarke gesetzt. Warum, das lag auf der Hand: Keine Hindernisse, denn augenscheinlich war es die einzige eisfreie Zone von Rudra VII, die während des Anfluges von den Ortungssystemen gefunden worden war. Viele Gebiete auf diesem Himmelskörper boten sich da nicht an, stimmte Morten der Auswahl des Bordrechners zu. MIKE, wie er scherzhaft den siebten Mond von TASO-21475-G, der in den Sternenkarten von STERNENFAUST-Chefastronom Solomon Winterstein als Rudra eingetragen worden war, in Anlehnung an Emmas Partner getauft hatte, zeigte sich in der Tat nicht sehr einladend. Auf dem Display des Orterschirms war der Himmelkörper als eisig, schroff, felsig und abweisend dargestellt und mehrere Überflüge hatten auch kein anderes Ergebnis gebracht. Zwar waren keine größeren Krater vorhanden. Auch hatten Emma und er beim Anflug keine ausgeprägten Höhenzüge ausmachen können.
Aber trotzdem traute Morten dem Braten nicht. Die helle Oberfläche der Ebene unter ihm war von zahlreichen Furchen durchzogen. Nicht ideal für eine Notlandung, solche Unebenheiten konnten beim Anflug zu einer Gefahr werden. Außerdem weiß ich ja noch nicht, was unter dem ewigen Eis ist. Jackville verglich in Gedanken diesen Eisbrocken mit dem Jupitermond Europa. Die beiden Monde ähnelten sich in vielen Details. Nur war MIKE mit nur knapp 20° unter Normalnull erheblich wärmer. Morten runzelte die Stirn. Zwar war diese Temperatur für einen Himmelskörper dieser Art ungewöhnlich hoch, aber dennoch war es Eis, auf dem der Autopilot landen wollte.
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