Sternenfaust - 133 - Angriff auf Lor Els Auge
scheint es auf etwas angesprochen zu haben, mit dem die Kridan nicht rechneten.«
Yefimov sagte: »Wir wissen, dass Savanna Dionga bisher durch die Streustrahlung der defekten Plasmaleitung vor Entdeckung geschützt war. Im schlimmsten Fall kann es sein, dass sich diese Strahlung verändert hat und ein automatischer, also selbstlaufender Scan sie aufspürte. Ich vermute, die Mikrowellenstrahlung hat die Röhre beschädigt, und ein genauerer Scan hat dann Savanna Diongas Lebenszeichen aufgespürt.«
»Dann ist sie jetzt tot …«, flüsterte Taglieri und senkte den Kopf.
Niemand sagte etwas.
*
Bevor Savanna rational registrierte, dass auf sie geschossen wurde, war sie unterwegs. Instinktiv entschied sie sich, über den Gitterrost ins Unbekannte zu kriechen, anstatt umzukehren. Ihr Herz raste, während die Kridan unter ihr kreischten. Wieder fegte ein Schuss in die Röhre. Der Kunststoff blähte sich, schlug Blasen und weichte auf. Der nächste Schuss konnte sie treffen. Auch wenn das Röhrenmaterial so stabil war, dass sie nicht gleich zerfetzt wurde, würde sie sich schlimmste Verbrennungen zuziehen. Allerdings wussten die Kridan nicht, in welche Richtung sie flüchtete. Zumindest hoffte sie das.
Wie besessen kroch sie vorwärts und dankte den Göttern der Flüchtenden dafür, dass die Röhre groß genug war, um sie nicht zu bremsen. Ihre Ellenbogen und Unterarme krachten auf den Kunststoff. Mit blutenden Fingerspitzen zog die sich vorwärts. Ihre Kniescheiben, ihre Fußspitzen, ihr ganzer Körper war wie eine Bogensehne, die permanent unter Spannung und Entspannung stand. Auf allen vieren krabbelte sie tiefer in die Dunkelheit hinein.
Und in die Leere!
Das kannte sie. Sie schob die angewinkelten Arme vor und benutzte die Ellenbogen wie die Kufen eines Schneepfluges. Sie rutschte in die Tiefe und betete, in einem tieferen Stockwerk zu landen.
Ihr Fall wurde gebremst. Schweiß spritzte aus ihren Haaren, und sie verharrte für einen Augenblick. Sie richtete sich halb auf, drückte ihren Rücken an die Röhre und hörte ihren pumpenden Atem.
Es gab keinen Zweifel. Man hatte sie gefunden.
Wer sich versteckt, wird getötet!
Diese Drohung motivierte sie, sich nicht allzu lange auszuruhen. Gedanken überschlugen sich in ihrem Kopf.
Taglieri hatte klug und hart verhandelt. Sie wusste, dass er das Wurmloch niemals auf Kosten von mehreren Hundert Menschenleben verteidigen würde.
Warum eigentlich nicht? Sie hatte gelernt, dass es Erfordernisse gab, bei denen Menschenleben zurückstehen mussten. Eines dieser Erfordernisse nannte sich Krieg.
Nein, Taglieri hatte geblufft! Sehr gut geblufft! Er war kurz davor gewesen, einen Erfolg zu erzielen, als etwas geschehen war, dass die Kridan auf ihre Fährte gelockt hatte. Nun war nicht der Augenblick, um darüber nachzudenken. In erster Linie ging es darum, das hier zu überleben.
Wohin führte die Röhre? War sie durch die Rutschpartie in ein unteres Stockwerk gelangt? Vielleicht kauerte sie soeben hinter einem Raum, in dem sich niemand befand? Gab es hier Einstiegs- oder Wartungsklappen?
Nein, alles war dunkel. Stockdunkel!
Auf ihren Armen stellten sich die Haare auf. Über ihren Rücken rieselte kalte Furcht. Ihr Schädel schmerzte, als wolle er bersten. Sogar in ihren Zähnen pochte die Finsternis, die Ungewissheit und der Horror, dann, wenn sie es am wenigsten erwartete, von einem Schuss getroffen zu werden.
Sie hechelte und kroch weiter.
Eines hatte sie in ihrem Leben gelernt: Es gab immer einen Weg. Nur der Verzweifelte, der Verzagte, versagte. Wer an sich glaubte, machte seinen Glauben zur Realität. Mit diesem Glauben hatte sie schwere Zeiten überstanden und tiefes Leid bewältigt. Das hatte sie hart gemacht, manchmal zu hart, wovon Taglieri ein Lied singen konnte. Gab sie sich einer Illusion hin? Machte sie sich besser, als sie war? Und wenn schon – wichtig war, dass es ihr die Kraft gab, diesen Schlamassel zu überstehen.
Sie kroch vorwärts.
Die Helligkeit, die über ihr zusammenschlug, kam so unerwartet, dass sie aufschrie. Hitze breitete sich aus, Elektrizität huschte über ihren Körper, es knackte und schließlich gab es einen gewaltigen Knall. Vor ihr öffnete sich die Röhre und sackte einfach in sich zusammen. Ein Zittern lief über den Kunststoff, die Röhre krachte in ihrer Halterung, und erneut wurde es gleißend hell. Funken spritzten und fingen sich in Savannas Haar. Es roch verbrannt. Sie schrie erneut, hielt sich mit den
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