Sternenfaust - 149 - Apokalypse
Skrupel gegen Ungläubige, gegen Andersgläubige, gegen Terroristen und gegen Bedrohungen. Und es nahm bis heute kein Ende. Die Europäische Separatisten-Bewegung, die Genetics, die Msssarrr, die Kridan, die Morax …«
»Ich weiß noch immer nicht«, wiederholte Vince, wobei er die Worte betont langsam formulierte, »was das alles mit mir zu tun hat. Willst du damit sagen, die Orphanen rotten die Menschheit aus, weil wir böse sind?«
»Im Gegenteil. Die Orphanen denken nicht in solch unsinnigen Kategorien. Es gibt für sie kein Gut oder Böse. Weil es diese Dinge nicht gibt. Sie errichten lediglich eine Art Firewall gegen eine Bedrohung für die Galaxis. Ich weiß, du gehörst wahrscheinlich zu den Leuten, die den Menschen an sich für etwas Besonderes halten. Für die Krone dessen, was dieses Universum hervorgebracht hat. Aber das seid ihr nicht. Nicht nur, dass ihr von Primaten abstammt, ihr seid sie geblieben. Ein aufrechter Gang, der Verlust des Fells und ein paar technische Erfindungen ändern daran nichts. Ihr seid ein unbedeutender Haufen chaotischer Organismen, jeder Einzelne dazu getrieben, auf Kosten des anderen zu leben. Ihr seid Lebewesen, die sich wie Blutegel mit Wissen vollsaugen. Bis ihr schließlich mächtig genug seid, den Untergang der eigenen Lebenswelt herbeiführen zu können. Und wenn euch das aufgrund reiner Zufälle misslingt, strebt ihr nach neuen Techniken, die euch zu anderen Sternen führen. Ihr erlangt neues Wissen! Ihr seid darin unersättlich! Und stets findet ihr neue Feinde, neues Böses, gegen das ihr glaubt, eure Technik einsetzen zu müssen. Bis ihr in der Lage seid, den Untergang von fast zweihundert Milliarden Sonnen herbeizuführen.«
»Was für ein Unsinn! Keine der Techniken, die wir besitzen, ist auch nur im Ansatz dazu in der Lage.«
»Noch ist das so. Aber der Tag wird kommen, und auch ihr beherrscht die Nullraum-Energie.«
»Wir werden also bestraft für ein Verbrechen, dass wir noch gar nicht begangen haben?«, wollte Vince wissen. »Das wir eines Tages vielleicht begehen könnten? Ihr bestraft den Steinzeitmenschen, weil er irgendwann einmal über Antimateriebomben verfügt?«
»Niemand bestraft«, erwiderte Adric. »Dies ist eine Rettungsaktion, nichts weiter. Eine Präventionsmaßnahme. Doch ich gebe dir die Chance, auf andere Weise Ordnung ins Chaos bringen.«
»Indem sämtliche Völker dieser Galaxis ihren freien Willen verlieren!«, rief Taglieri.
»Ihr könnt nichts verlieren, was ihr nicht habt!«, erwiderte Adric kopfschüttelnd. »Eure Gedanken sind festgelegte Reaktionsmuster innerhalb neuronaler Schaltkreise, geprägt von physischen und psychischen Faktoren. So wie alles im Universum ist auch euer Wille fest determiniert durch Kausalitäten. Das, was du heute bist, was du heute denkst, ist das Resultat eines komplexen Netzwerks von Ursachen. Du sollst dieses Chaos nur ordnen, verstehst du das nicht?«
Adric schüttelte kurz den Kopf.
»Wie viele Religionen«, fuhr er fort, »versprechen ihren Gläubigen ein wundervolles Leben nach dem Tode? Ein Leben, nicht nur ohne Krankheit und Elend, sondern auch ein Leben ohne Ungerechtigkeit. Ohne Grausamkeit, ohne Kämpfe und Kriege. Ein Leben, beschützt durch einen allmächtigen Gott. Das ist die fundamentale Sehnsucht der Menschen. Sie wollen keine Freiheit, um sich gegenseitig bekämpfen und vernichten zu können. Sie wollen nicht die Illusion des freien Willens, der sie gegen ›das Böse‹ kämpfen lässt. Sie wollen das Paradies! Und ich biete dir die Möglichkeit, dieser Galaxis dieses Paradies zu bringen.«
»Ein falsches Paradies«, erwiderte Taglieri.
»Was soll daran falsch sein? Weil es die Illusion des freien Willens als Illusion entlarvt? In all ihrer Winzigkeit fühlen sich viele ohnehin nur verloren. Sie sehnen sich nach einer lenkenden Bestimmung. Nach einer absoluten Autorität, einer Gottheit. Ein Gott, der ihrem Leben einen Sinn gibt, der sie von dem Unsinn des Chaos befreit. Du könntest dieser Gott sein. Nicht nur für die Menschen, sondern für alle Völker dieser Galaxis.«
Nun erhob sich Adric langsam und ging einige Schritte vor. Er sprach nun ganz leise. »Ich weiß, was in deinem Kopf vorgeht, Taglieri. Du hast dich bereits entschieden. Deine Gedanken kreisen nur noch um Rechtfertigungen, die deine vorgefasste Meinung bekräftigen sollen. Das, was ich dir anbiete, mag dich ängstigen. Es mag allen dir aufoktroyierten Memen und Memplexen widersprechen. Es ist ein gigantischer
Weitere Kostenlose Bücher